Agrarpolitische Forderungen zur Bundestagswahl 2025
Die Zukunft der Agrar- und Ernährungspolitik für Gesellschaft, Natur und Tierwohl gestalten
In der kommenden Legislaturperiode muss der gerechte Übergang zu einem krisenfesten und ökologischeren Agrar- und Ernährungssystem endlich umgesetzt werden. Für die gesunde Ernährung der Menschen, eine nachhaltige Zukunft der Landwirtschaft und lebenswerte ländliche Räume sind intakte Ökosysteme und ambitionierter Klima- und Biodiversitätsschutz eine zwingende Voraussetzung. Die Agrarpolitik muss sich daher konsequent am Schutz von Umwelt, Klima, Biodiversität und Tierwohl ausrichten.
Die Farm-to-Fork-Strategie, die EU-Biodiversitätsstrategie sowie der breite Konsens der Zukunftskommission Landwirtschaft und des Strategischen Dialogs zur Zukunft der EU-Landwirtschaft bieten hierfür die Grundlage, auf der die nächste Bundesregierung ambitioniert aufbauen muss.
Wir fordern daher:
- Ausstieg aus den pauschalen Direktzahlungen: Alle Fördermittel der GAP müssen für die einkommenswirksame Honorierung klar definierter Gemeinwohlleistungen der Landwirt*innen im Bereich des Umwelt-, Natur-, Klima- und Tierschutzes eingesetzt werden. Hierzu ist ein geeignetes Honorierungskonzept zu entwickeln.
- Nationale Spielräume in der laufenden GAP-Periode nutzen: Die Budgets der Öko-Regelungen sowie der AUKM der 2. Säule müssen zulasten der flächenbezogenen Direktzahlungen weiter und umfangreicher angehoben werden. Außerdem müssen neue, ökologisch wirksame Öko-Regelungen eingeführt werden. Diese müssen auch mit der Förderung des Ökolandbaus kombinierbar sein.
- Zukünftig sind sämtliche Fördermittel auf Umwelt- und Klimaschutzziele sowie die Umsetzung der EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur (WVO) auszurichten. Bei der Umstellung von Direktzahlungen auf gemeinwohlorientierte Zahlungen ist ein neues Honorierungskonzept zu etablieren, welches die konkreten Vorschläge der Verbände-Plattform Zukunft Gestalten berücksichtigt.
- Rückzugsräume sichern: Die GAP muss verstärkt dazu genutzt werden, dass auf mindestens zehn Prozent der Agrarfläche Landschaftselemente und ökologisch hochwertige Biotope (z.B. Brachen, Feldraine, Hecken) erhalten werden oder entstehen.
- Die Prämienhöhen für die Entlohnung von Umwelt-, Natur-, Klima- und Tierschutzleistungen müssen für die landwirtschaftlichen Betriebe einkommenswirksam sein. Prämien für Umweltleistungen sind mit einer neuen Methodik zu berechnen, die bei der Honorierung der Leistungen deren Wirksamkeit bewertet und nicht nur den Einkommensverlust kompensiert. So wird die Anreizfunktion gestärkt.
- Die GAP muss für alle Beteiligten deutlich vereinfacht werden und mehr Planungssicherheit bieten. Zudem muss in der laufenden GAP-Periode die Kohärenz zwischen Öko-Regelungen und AUKM verbessert werden.
- Kontroll- und Sanktionsregularien müssen zielgenauer ausgestaltet werden, um das Engagement von Landwirt*innen nicht zu hemmen und gleichzeitig Missbrauch zu verhindern. Jede natur- und umweltförderliche Maßnahme sollte als förderfähige Fläche anerkannt werden. Zudem ist die erweiterte Definition landwirtschaftlicher Tätigkeit um die Bereitstellung öffentlicher Güter (Art. 4 GAP-SP-VO) hinsichtlich der Anerkennung der Beihilfefähigkeit dieser gemeinwohlförderlichen Maßnahmen konsequent umzusetzen.
- Um die art- und umweltgerechte Tierhaltung und die mit ihr verbundenen Umweltgüter gezielt adressieren zu können, muss neben der Bezugsgröße „Hektar“ auch die Bezugsgröße „Großvieheinheit“ für die Vergabe von bundesweiten Fördermitteln genutzt werden.
- Mehrjährigkeit fördern: Alle bisherigen und zukünftigen Förderangebote müssen, soweit umwelt- und naturschutzfachlich sinnvoll, mehrjährige Förderangebote enthalten, um einerseits die ökologische Effizienz der Maßnahmen und andererseits die betriebliche Planbarkeit zu erhöhen.
- Mehr Gerechtigkeit durchsetzen: Die Fördersätze von Gemeinwohlleistungen sind auch nach agrarstrukturellen und sozioökonomischen Gesichtspunkten anzupassen. Hierfür könnten die Prämien im Bereich des Umwelt-, Natur-, Klima- und Tierschutzes mit Instrumenten wie z. B. Progressions- oder Degressionsfaktoren oder einer Staffelung verknüpft werden. Die hierbei zu berücksichtigenden Faktoren können z. B. die wirtschaftliche Betriebsform oder die Betriebsgröße sein.
- Die Förderung von Junglandwirt*innen sowie landwirtschaftlichen Existenzgründungen sollte bundesweit auf Basis einer konzeptbasierten, nicht flächenbezogenen Existenzgründungsprämie erfolgen.
- Systemische Ansätze ausbauen: Die Förderung sollte sich nicht auf die Bereitstellung von Einzelmaßnahmen beschränken, sondern darüber hinaus die Möglichkeit der Wahl von verschiedenen Maßnahmenbündeln anbieten, welche systemisch wirken und sinnvoll aufeinander aufbauen (u.a. Bonus für Maßnahmenvielfalt, große Flächenwirksamkeit und Vernetzung). Zudem sind die besonderen Leistungen und der systemische Ansatz des ökologischen Landbaus (Gesamtbetriebsumstellung) als eigenständige Maßnahme zu berücksichtigen.
- Moore in der GAP besser berücksichtigen: An den Moorklimaschutz angepasste Nutzungen müssen stärker im nationalen GAP-Strategieplan adressiert werden. Es braucht zudem ein umfassendes Verschlechterungsverbot, mit einem Mindestschutz organischer Böden, hin zu effektivem Schutz mit Anforderungen zur Verbesserung. Für den Abbau klimaschädlicher Subventionen ist der schrittweise Ausstieg aus der Bereitstellung von Direktzahlungen für entwässerungsbasierte Moornutzung zu vollziehen. Statt dieser braucht es bessere Förderung und die volle Anerkennung der nassen Nutzung (Anbau- und Nasswiesen-Paludikultur) als landwirtschaftliche Tätigkeit, den Abbau von Hemmnissen für nasse Nutzungungsoptionen sowie ausreichend Finanzmittel und Beratungsoptionen zur Stärkung von Paludikultur und der Unterstützung von Landwirt*innen entlang der Biomassewertschöpfungskette. Die Zulässigkeit von Bodenwendungen bis zu 30 cm in der Moorbodenkulisse (GLÖZ 2) ist zu streichen.
- Für die umweltverträgliche Bewirtschaftung und ökologische Aufwertung von Dauergrünland ist die Einführung spezifischer Förderrichtlinien und -maßnahmen für extensive, naturnahe Ganzjahresbeweidung nötig. Der hohe Arbeitsaufwand sowie die häufig hohen Investitionskosten für Landwirt*innen müssen honoriert werden.
- Grundanforderungen zum Schutz der Biodiversität müssen gesetzlich festgelegt werden.
- Darüber hinaus sollte eine attraktive Agrarumwelt-Förderung auf mindestens 20 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Flächen Maßnahmen zum Erhalt der Biodiversität unterstützen und extensive Nutzung fördern (Getreideanbau in weiter Reihe, Extensiv-Grünland, Altgrasstreifen etc.). Zudem sind verstärkt Maßnahmen zur Etablierung kleiner Ackerschläge, zur Vernetzung hochwertiger Biotope und für vielfältige Fruchtfolgen umzusetzen.
- Mehr Gehölze in die Landschaft: Zu diesem Zweck sollte die Anlage, Pflege und Nutzung von Streuobst, Hecken und Agroforst für Landwirt*innen attraktiver sein. Dies beinhaltet attraktive Förderungen, verbesserte politische Rahmenbedingungen und Nutzungsmöglichkeiten.
- Investive Förderungen zum zusammenhängenden Ausbau von Strukturvielfalt sollten ergänzend eingeführt werden, u.a. über ein verstetigtes Aktionsprogramm natürlicher Klimaschutz (ANK) und eine Weiterentwicklung der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK).
- Die Förderung von Investitionen in den Wasserrückhalt in der Landschaft muss ausgebaut werden. Auen als artenreiche Lebensräume müssen als funktionsfähige Ökosysteme und zum Schutz vor Hochwasser wiederhergestellt werden.
- Ein zukunftsfähiges Landwirtschaftsgesetz: Das bestehende Landwirtschaftsgesetz ist veraltet. Über eine Neuausrichtung sollte es einen Rechtsrahmen für die aktuellen Herausforderungen der sozial-ökologischen Transformation des Agrarsektors bieten. Dafür bedarf es einer Bündelung, Konkretisierung und stärkeren Verbindlichkeit bislang unverbindlicher Grundsätze sowie einer Anpassung des Leitbilds, agrarpolitischer Ziele, Grundanforderungen an die Landwirtschaft und des Verhältnisses ordnungsrechtlicher Vorgaben und finanzwirksamer Rahmenbedingungen in einem novellierten Landwirtschaftsgesetz.
- Bei der Weiterentwicklung der GAK muss das Zusammenspiel mit weiteren Programmen auf Bundes-, Landes-, und kommunaler Ebene verbessert werden. Die GAK muss verstärkt Klimaschutzziele und Klimaanpassung adressieren, Prioritäten im Agrarumwelt-Bereich stärker berücksichtigen, das Förderverfahren und Berichts- und Monitoringwesen stärker digitalisieren sowie Förderziele klar formulieren und operationalisieren.
- Umsetzungsrahmen der GAK anpassen: Der Mittelverteilungsschlüssel der GAK muss überarbeitet, die Übertragbarkeit von nicht verausgabten Mitteln in das nächste Haushaltsjahr ermöglicht und Berichterstattung sowie Erfolgskontrolle verbessert werden. Die räumliche Schwerpunktbildung in der GAK sollte umgesetzt werden und der Verteilerschlüssel der Mittel an die Länder muss im Zusammenspiel mit dem ELER-Verteilerschlüssel an veränderte Handlungsbedarfe und -prioritäten angepasst werden.
- Beibehaltung und konsequente Umsetzung des Reduktionsziels der Farm-to-Fork-Strategie, den Einsatz und das Risiko von Pflanzenschutzmitteln bis 2030 zu halbieren.
- Vorbeugende Maßnahmen verbindlich machen: Der Integrierte Pflanzenschutz (IPS) ist inhaltlich zu konkretisieren und in einer Verordnung rechtsverbindlich zu verankern. Begleitend ist die gute fachliche Praxis im Pflanzenschutz anzupassen. Nicht-chemische Pflanzenschutzmittel sollten als Norm und nicht wie bislang als Alternative im Sinne des IPS als letztes Mittel der Wahl neu definiert werden. Einer Neudefinition bedürfen auch das „notwendige Maß“ sowie die „Praktikabilität“, die bislang dem Primat der Wirtschaftlichkeit unterliegen.
- Transparenz schaffen: Veröffentlichung der Pestizid-Anwendungsdaten in einem bundesweiten zentralen elektronischen, parzellengenauen Register mit einem öffentlich zugänglichen Teil.
- Pestizidabgabe auf den Weg bringen: Durch die Einführung einer Abgabe auf chemisch-synthetische Pestizide sollten die externen Kosten des Pestizideinsatzes internalisiert werden. Somit können Wettbewerbsnachteile für pestizidfrei erzeugte Produkte abgebaut und Anreize für Anbaumethoden mit weniger Pestizideinsatz erhöht werden.
- Pestizidfreie Gebiete schaffen: Der Einsatz von chemisch-synthetischen Pestiziden in der Fläche muss besser reguliert werden. Dazu zählt ein Verbot von chemisch-synthetischen Pestiziden in allen Naturschutzgebieten, Managementzonen von Nationalparks, Pflegezonen von Biosphärenreservaten, gesetzlich geschützten Biotopen im Sinne des § 30 BNatSchG sowie ein schrittweiser Verzicht in FFH-Gebieten und in relevanten Lebensräumen und Nahrungshabitaten von durch EU-Recht geschützten Vogelschutzgebieten. Auch in Trinkwasserschutzgebieten und auf öffentlichen Flächen muss auf den Einsatz von chemisch-synthetischen Pestiziden verzichtet werden.
- Bundeseinheitliche Regelungen zum Pestizidverzicht auf Gewässerrandstreifen. An allen Gewässern (1., 2. und 3. Ordnung) sind mindestens 15 Meter breite Gewässerrandstreifen festzulegen, auf denen die Ausbringung von Pestiziden verboten ist.
- Ein Verbot von besonders gefährlichen Pestiziden für Mensch und Umwelt wie zum Beispiel Glyphosat, Sulfurylfluorid, Pendimenthalin und Flufenacet.
- Die Bundesregierung muss sich für die Klärung der rechtlichen Frage von nationalen Verboten bei europäischer Zulassung einsetzen.
- Einführung eines konsequenten Dauermonitorings für Abdrift und Ferntransport von Pestiziden sowie verbesserte Vorgaben zur verpflichtende Kontrolldichte auf Bundes- und Landesebene.
- Die Bundesregierung muss sich für ein Exportverbot von in der EU verbotenen Pestiziden in Drittländer und eine Reform der Pestizidzulassung auf EU-Ebene einsetzen.
- Erarbeitung von wissenschaftsbasierten Regelungen zum Einsatz von Pestizid-Tankmischungen.
- Die Förderung geschlossener Stoffkreisläufe und die effiziente Reduzierung des Düngemitteleinsatzes entsprechend der Ziele der EU-Farm-to-Fork-Strategie. Nährstoffüberschüsse müssen durch ein verlässliches Düngerecht gesenkt sowie ein konkretes Reduktionsziel in der Düngegesetzgebung verankert werden.
- Es muss eine verursachergerechte, gesetzliche Grundlage zur Reduktion der in der Landwirtschaft entstehenden Stickstoff- und Phosphorüberschüsse geschaffen werden. Als Basis für eine verursachergerechte Düngepolitik muss eine verpflichtende Bilanzierung umgesetzt werden, die der Methodik der Hoftorbilanz entspricht. Dabei muss auf Besonderheiten der unterschiedlichen Betriebstypen eingegangen (v.a. im Obst- und Gemüsebau) und extensive „low-input“-Betriebe mit geringen Nährstoffbilanzen von der Stoffstrombilanzierung befreit werden.
- Mineraldüngerabgabe einführen: Zur Reduzierung der Stickstoffüberschüsse in der Landwirtschaft ist eine Besteuerung mineralischer Stickstoffdünger auf den Weg zu bringen.
- Konsequente einzelbetriebliche Flächenbindung der Tierhaltung (max. zwei GVE/ha) und Programme zum Abbau von Tierbeständen in den viehdichtesten Regionen sowie umfassende Finanzierung zum Umbau zu tier- und klimagerechteren Haltungsformen.
- Verpflichtender Einsatz von emissionsmindernden Ausbringungstechniken für flüssige Wirtschaftsdünger und mineralische Stickstoffdünger.
- Den Anteil von 30 Prozent Ökolandbau-Fläche bis 2030 konsequent verfolgen. Für die kontinuierliche Weiterentwicklung ist ein Zehn-Jahres-Bio-Aktionsplan zu etablieren.
- Finanzierung absichern: Entsprechend des Ausbauziels muss die Finanzierung und Priorisierung des Ökolandbaus in der Finanzplanung und Fördersystematik erfolgen. Das 30-Prozent-Ziel muss auch durch den GAP-Strategieplan unterfüttert und die Fördermaßnahmen darauf ausgerichtet werden.
- Für die Ökozüchtung muss ein staatlicher Fonds eingeführt werden. Außerdem sind die Mittel für die Ökolandbau-Forschung deutlich zu erhöhen. Auch das Budget des Bundesprogramms Ökolandbau muss aufgestockt werden. Zudem sind die Ressortforschungsinstitute des BMEL für die Ökolandbau-Forschung auszubauen und die Kapazitäten entsprechend zuzuordnen. Auch im Bundesministerium für Bildung und Forschung müssen genügend Forschungsmittel für den Ökolandbau bereitstehen.
- Nachfrage stärken: Die öffentliche Beschaffung und die Außer-Haus-Verpflegung muss stärker als Hebel zur Steigerung des Ökolandbau-Anteils genutzt werden. Für öffentliche Kantinen muss eine verbindliche Bio-Quote von mindestens 50 Prozent eingeführt werden.
- Der Umbau der landwirtschaftlichen Tierhaltung muss konsequent angegangen und finanziell abgesichert werden. Die Haltungsbedingungen müssen deutlich verbessert, die Tierzahlen reduziert und die Rahmenbedingungen an den sinkenden Konsum von tierischen Produkten angepasst werden. Es braucht gezielte Förderung und verlässliche Unterstützung von tiergerechteren Haltungsformen mit langfristigen Programmen und Investitionen sowohl für Stall-Neu- oder Umbauten als auch Tierprämien für tiergerechtere Haltungsformen.
- Rechtslücken schließen: Erarbeitung von verbindlichen und dem Tierschutzgesetz entsprechenden Haltungsvorschriften für alle Tierarten, für die bislang keine Vorgaben existieren.
- Die staatlich verpflichtende Haltungskennzeichnung muss nachgebessert werden, verbesserte Tierschutzkriterien über den gesamten Lebenszyklus des Tieres angelegt sowie wirkliche Transparenz zu den Haltungsbedingungen geschaffen werden. Die Kennzeichnung ist zudem auf alle Nutztierarten und tierische Produkte auszuweiten. Sie muss im Lebensmitteleinzelhandel sowie in der Gastronomie und der Außer-Haus-Verpflegung angewendet werden.
- Tiere auf die Weide: Die Weidehaltung muss besser und umfassender gefördert werden. Insbesondere die extensive Weidehaltung benötigt zusätzliche Förderung. Hierfür sind die Agrarförderung der GAP, das Bundesprogramm zum Umbau der Tierhaltung sowie weitere Förderinstrumente zu nutzen.
- Tiertransporte innerhalb Deutschlands und der EU müssen stark verkürzt (max. acht Stunden) und in Drittstaaten verboten werden.
- Die Tierschutzkontrolldichte in Betrieben mit Tierhaltung muss erhöht und mit ausreichend Personal abgesichert werden. Zur Förderung regionaler Wertschöpfung braucht es Investitionen in tierschutzgerechte Schlachtung und Förderprogramme für regionale, handwerklich-mittelständische Schlachtstätten. In Schlachthöfen muss flächendeckend Videoüberwachung eingeführt werden.
- Brandschutzmängel beseitigen: Der Brandschutz in Ställen muss deutlich verbessert werden. Bund und Länder müssen die entsprechenden Anforderungen erweitern und konkretisieren.
- Das Bundesprogramm zum Umbau der Tierhaltung muss auf weitere Nutztierarten ausgedehnt werden. Bei der Förderung von landwirtschaftlichen Betrieben im Bundesprogramm dürfen ausschließlich deutlich tiergerechtere Haltungsformen gefördert werden und es muss weiterhin eine Flächenbindung der Tierhaltung gelten.
- Bundesweit einheitliche, praxisgerechte Regelungen zur Vereinfachung des Weideschusses und entsprechende Integration ins Tierschutz-Schlachtgesetz.
- Die konsequente Eindämmung des Antibiotikaeinsatzes: Der Einsatz von für die Menschen wichtigen Reserveantibiotika darf nur in Ausnahmefällen erfolgen, wenn keine anderen Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen und dies mit einem Antibiogramm bestätigt wird. Im Fall von Krankheit sind Tiere bestmöglich zu behandeln.
- Tierschutzwidrige Haltungssysteme müssen vollständig beendet werden: Hierzu zählen insbesondere die Haltung von Mastschweinen und Mastrindern auf Vollspaltenböden, der Kastenstand und Käfighaltungen. Die Anbindehaltung von Rindern muss zügig auslaufen.
- Tierschutzgerechtere Zuchtziele und Konkretisierung des bestehenden Qualzuchtverbotes.
- Regionale Obergrenzen und Begrenzungen der Tierzahlen im Stall, bei insgesamt deutlicher Reduktion der Tierhaltung sowie der Besatzdichte.
- Verbot der CO2-Betäubung bei Schweinen.
- Verbot des Imports und des Handels mit PMSG (Pregnant Mare Serum Gonadotropin) sowie Förderung von und Beratung zu Alternativen.
- Im Umgang mit Gentechnik muss das Vorsorgeprinzip weiterhin das oberste Gebot bleiben.
- Die Koexistenz von gentechnikfreien Anbausystemen muss sichergestellt werden.
- Kennzeichnung, Transparenz und Rückverfolgbarkeit sind für alle NGT/GVO genauso unabdingbar wie umfassende Risikoprüfung und Zulassungsverfahren.
- Auch auf EU-Ebene muss sich die nächste Bundesregierung für die Wahlfreiheit von Verbraucher*innen und Produzent*innen entlang der gesamten Wertschöpfungskette einsetzen.
- Die Kennzeichnung von NGT/GVO vom Saatgut bis zum Endprodukt muss sichergestellt werden.
- Einführung eines Moratoriums für Gene Drives Anwendungen an Wildpflanzen und -tieren sowie Mikroorganismen, die in die freie Wildbahn ausgesetzt werden sollen.
- In der Haushaltsplanung muss ein deutlich höheres Budget für Risikoforschung und Technikfolgenabschätzung bereitgestellt werden.
- Eine bessere Klimapolitik in den Landnutzungssektoren erfordert ambitioniertere Klimaziele und die klimagerechte und resiliente Ausgestaltung des gesamten Ernährungssystems. Dafür muss eine kohärentere Landwirtschafts- und Ernährungspolitik gestaltet, das Ernährungssystem besser in den nationalen Klimaschutzplänen und -programmen adressiert (und entsprechend in den europäischen NDC berücksichtigt) sowie Produktion und Konsum pflanzlicher Proteine und nachhaltigerer Ernährungsweisen deutlich messbar befördert werden.
- Tierzahlen deutlich reduzieren: Für eine klimaschonende Landwirtschaft sind verstärkt Maßnahmen zur gezielten Reduktion des Konsums tierischer Produkte aus besonders klima-, umwelt- und tierschutzschädigenden Haltungssystemen umzusetzen. Die Anpassung des insgesamt verringerten Verbrauchs auf klimafreundliche Erzeugung muss mit direkten Instrumenten auf der Produktionsseite sowie verbindlichen politischen Rahmensetzungen und Anreizen zur deutlichen Reduktion der Tierbestände einhergehen.
- Möglichkeiten einer Bepreisung von Treibhausgasemissionen aus den Sektoren Landwirtschaft und Landnutzung sind in Betracht zu ziehen. Die Ausgestaltung der Emissionsbepreisung sollte nicht zu Lasten bäuerlicher oder ökologisch wirtschaftender Betriebe erfolgen.
- Landsektor auf Klimakurs bringen: Zur Erreichung der Klimaziele des LULUCF-Sektors ist das Klimaschutzprogramm deutlich nachzuschärfen. Im Landnutzungssektor nehmen Moore eine entscheidende Rolle ein. Daher sind die Minderungsziele für Emissionen aus Moorböden ambitionierter und auch über 2030 hinaus festzulegen. Dafür muss auch die deutsche Moorschutzstrategie weiterentwickelt und konkretisiert werden. Die zwischen Bund und Ländern vereinbarten Einsparziele sind zudem ambitionierter auszugestalten und fortzuschreiben.
- Beschleunigung des Moorklimaschutzes: Der Rechtsrahmen zur Moor-Wiederherstellung muss gestärkt, die Flächenverfügbarkeit erhöht und Hemmnisse zügig abgebaut werden. In der Raumordnung müssen Vorranggebiete für den Moorklimaschutz festgelegt werden. Zudem muss ein überragendes öffentliches Interesse für die Wiedervernässung gesetzlich verankert werden.
- Für die Umstellung der Moornutzung auf nasse Nutzungsoptionen und Entschädigungen für die Landwirtschaft sind ausreichend finanzielle Mittel bereitzustellen. Für Biomasse aus Paludikultur sind entsprechende Wertschöpfungsketten zu entwickeln. Dies erfordert die verstärkte Zusammenarbeit verschiedener Ressorts der Bundesregierung.
- Auf Moorböden darf ab 2030 kein Ackerbau mehr erfolgen.
- Aktuelle Anreizinstrumente und Förderprogramme, wie das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz (ANK), sind weiter zu verstetigen, auszubauen und zu entbürokratisieren. Zur Steigerung der Flächenwirksamkeit des Programms ist ein enger Austausch mit Akteuren der Praxis und aus den Moorregionen für eine praxistaugliche Ausgestaltung notwendig.
- Resilienz und Klimaanpassung in der Landwirtschaft müssen zudem durch die Förderung vielfältiger Fruchtfolgen mit hohen Leguminosenanteilen, des Humusaufbaus und von Agroforstsystemen gestärkt werden.
- Landwirt*innen brauchen eine faire Bezahlung für ihre Arbeit. Für faire und kostendeckende Erzeugerpreise müssen bessere und wirksame Regeln umgesetzt werden.
- Verhandlungsposition der Landwirt*innen stärken: Über die Anwendung des Art. 210a der gemeinsamen europäischen Marktordung (GMO) sollte ein verbindlicher Abschluss von Lieferverträgen und die Weitergabe der gesteigerten Wertschöpfung nachhaltiger Produkte entlang der Wertschöpfungskette abgesichert werden.
- Die Bundesregierung muss sich auf EU-Ebene für eine zielführendere Ausgestaltung der UTP-Richtlinie zur Verhinderung unlauterer Handelspraktiken einsetzen.
- Transparenz bei Lebensmittelpreisen erhöhen: Transparenzregeln einführen, welche die Gewinnspanne des Handels und den Anteil des Verkaufspreises für die Landwirt*innen nachvollziehbar machen. Außerdem sind die „wahren Preise“ von Lebensmitteln verstärkt sichtbar zu machen. Darüber hinaus sind die externen Kosten der Produktion im Preis abzubilden, etwa durch die Einführung von Lenkungsabgaben auf Pestizide und Mineraldünger.
- Landwirtschaft und ländliche Räume gehören eng zusammen: Für eine gelingende sozial-ökologisch orientierte Zukunft bedarf es sowohl der Entwicklung und Förderung auch alternativer betrieblicher Geschäftsmodelle inklusive praktikabler und möglichst unbürokratischer Handlungsräume als auch gelingende regionale Kooperations- und Wertschöpfungsmodelle. Klare Strategien und Fördermodelle sind dafür vonnöten.
- Die Bundesregierung muss sich auf EU-Ebene für gleichwertige Standards für Importe aller landwirtschaftlicher Produkte aus Drittländern einsetzen, u.a. bei der Verhandlung von Freihandelsabkommen.
- Nicht die preisliche Wettbewerbsfähigkeit auf internationalen Märkten darf weiter zentrales Ziel der deutschen und europäischen Agrarpolitik sein. Stattdessen müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die ökologisch erzeugte Lebensmittel preislich besser wettbewerbsfähig machen sowie umwelt-, tier- und klimagerecht wirtschaftende Erzeuger*innen aus Deutschland und der EU vor unfairem Wettbewerb schützen.
- Keine Ratifizierung des Mercosur-Abkommens.
- Die Bundesregierung muss sich für einen EU-Rechtsrahmen zur Förderung nachhaltiger Ernährungssysteme stark machen.
- Mehrwertsteuersatz anpassen: Die ermäßigte Mehrwertsteuer auf tierische Lebensmittel muss auf den Regelsteuersatz von 19 Prozent angehoben werden. Fleisch- und Milcherzeugnisse der ökologischen Landwirtschaft sollten weiterhin einem ermäßigten Mehrwertsteuersatz unterliegen. Pflanzliche Grundnahrungsmittel, Obst und Gemüse sind mit einem Steuersatz von null Prozent zu belegen.
- Förderung einer pflanzlichen Ernährungsweise: Es braucht die verstärkte Förderung der Produktion, Verarbeitung und Nutzung von alternativen Proteinen. Die Eiweißpflanzenstrategie muss weiterentwickelt und zügig umgesetzt werden. Die Ernährungswende ist finanziell wesentlich besser auszustatten. Für den Wandel hin zu einer pflanzenbetonten Ernährungsweise braucht es eine Bildungsoffensive sowie ein eigenes Bundesprogramm für pflanzenbetonte Ernährung.
- Abhängigkeit von ökologisch kritischen Futtermittelimporten reduzieren: Der Anbau von heimischen Eiweißpflanzen muss stärker gefördert und Futtermittelimporte aus Nicht-EU-Staaten drastisch reduziert werden. Bei der Fütterung von Nutztieren sollte vorrangig für Menschen nicht essbare Biomasse verwendet werden.
- Öffentliche Beschaffung nutzen: Die Außer-Haus-Verpflegung in öffentlichen Einrichtungen wie Schulen, Kitas und Krankenhäusern muss sich an der Planetary Health Diet und den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung orientieren. Es sind konkrete Zielwerte für den Bio-Anteil (mindestens 50 Prozent) und pflanzliche Proteine festzulegen. Eventuelle Mehrkosten dürfen nicht an die Konsument*innen weitergegeben, sondern müssen sozial gerecht abgefedert werden.
- Die Lebensmittelverschwendung muss bis 2030 entlang der gesamten Wertschöpfungskette halbiert werden. Die Ziele zur Reduktion von Verschwendung und Verlusten von Lebensmitteln sind gesetzlich abzusichern und branchenspezifische Reduktionsziele festzulegen.
- Eine öffentliche Berichtspflicht über Lebensmittelverschwendung und die Menge vermeidbarer Lebensmittelabfälle entlang der Wertschöpfungskette für alle Unternehmen ab einer Mindestgröße nach einheitlicher Methodik.
- Abschaffung ästhetischer Standards: Anpassung von EU-Standards sowie spezifischer Vermarktungsnormen im Lebensmitteleinzelhandel, die nur auf ästhetische Aspekte von Lebensmitteln zielen.
- Rechtssicherheit für die Weitergabe von geretteten Lebensmitteln und Haftungsfreiheit für lebensmittelrettende, gemeinnützige Organisationen schaffen.