Erfolgreiches Finale für das internationale Plastik-Abkommen?
Vom 25. November bis 1. Dezember findet die fünfte und damit letzte Verhandlungsrunde (International Negotiating Committee, INC) zum internationalen Plastik-Abkommen in Busan, Südkorea, statt. Am Ende soll ein fertiger Vertragstext stehen, den die Regierungen dann bei einem weiteren Treffen im nächsten Jahr offiziell verabschieden.
Neben organisatorischen Schwierigkeiten gibt es erhebliche inhaltliche Differenzen. NGOs und einige Staaten fordern strenge Maßnahmen für eine deutliche Reduzierung der Plastikproduktion. Greenpeace spricht von einer Reduktion von 75 Prozent bis 2030, um das 1,5-Grad-Ziel einhalten zu können. Einige Staaten schlagen eine 40/40 Regelung vor, also 40 Prozent Reduktion bis 2040. Die Bundesregierung hat die Erklärung „Bridge to Busan“ unterzeichnet und stützt damit die Forderung nach einer Produktionsreduktion auf ein „nachhaltiges Niveau“ und in „Übereinstimmung mit dem Pariser-Abkommen“. Staaten wie Saudi-Arabien und andere erdölproduzierende Länder lehnen eine Klausel zur Reduktion von Neuplastik strikt ab, ebenso wie Maßnahmen zum Schutz vor gefährlichen Chemikalien. Stattdessen wird ein größerer Fokus auf Recycling gelegt. Hier ist auch die Haltung von Deutschland und der EU unklar.
In Plastik finden sich mehr als 16.000 Chemikalien, darunter mehr als 4.200 Schadstoffe. Für 10.000 dieser 16.000 Stoffe gibt es noch keine ausreichenden Informationen über deren Gefährlichkeit. Plastik schädigt die Umwelt und die menschliche Gesundheit. Schadstoffe in Plastik werden unter anderem mit Krebserkrankungen, Unfruchtbarkeit, Fehlgeburten, neurologischen Störungen und Herz-Kreislauferkrankungen in Zusammenhang gebracht. Mikroplastik, das zum Beispiel im Uterus, Sperma, Gehirn, Magen, Exkrementen gefunden wurde, ist eine weitere Gesundheitsgefahr.
Bestehende internationale Chemikalien-Konventionen regeln nur einen sehr kleinen Bruchteil der circa 4.200 Schadstoffe. Insgesamt sind sogar nur 34 Stoffe über die Stockholm-Konvention global verboten, darunter einige Pestizide. Nur 17 Chemikalien, die in der Stockholm-Konvention verboten sind, werden für Plastik genutzt. Außerdem deckt die Stockholm-Konvention nur sogenannte POPs (persistent organic pollutants, persistente organische Schadstoffe) ab, für alle anderen Arten von Schadstoffen gibt es keinen globalen Verbotsmechanismus. Daher ist es dringend notwendig, Plastik-Schadstoffe über das neue Plastik-Abkommen zu regulieren.
Darüber hinaus brauchen wir Transparenz und Rückverfolgbarkeit aller Chemikalien in Plastikmaterialien und -produkten entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Also für alle: Hersteller, Brands, Verbraucher*innen, Regulatoren und den Abfallsektor. Nur was bekannt ist, kann auch vermieden, kontrolliert und reguliert werden. Sollte sich Deutschland, als einer der größten Chemiestandorte der Welt, gegen diese Punkte stellen, wird er seiner Verantwortung nicht gerecht und es wäre eine Schande für den Natur- und Gesundheitsschutz.
Nichtregierungsorganisationen aus der ganzen Welt beteiligen sich als Beobachter*innen am Verhandlungsprozess. Dabei müssen sie teilweise große Hürden überwinden. Nicht alle Verhandlungen sind zugänglich für Beobachter*innen, so fanden vorangegangene wichtige Meetings ohne öffentliche Beteiligung statt. Im Laufe des Verhandlungsprozesses wurde wiederholt die Anzahl der zivilgesellschaftlichen Vertreter*innen stark und teilweise unbegründet eingeschränkt. So durften beispielsweise nur zwölf Personen, die nicht einer Regierungsdelegation angehörten bei den beiden wichtige Expert*innen-Treffen in Bangkok dieses Jahres teilnehmen.
Chance auf ein echtes, zukunftstaugliches Abkommen nutzen
Zum heutigen Stand finden die Delegierten zwei verschiedene Textdokumente vor: ein langer und komplizierter Text, basierend auf Textvorschlägen, in welchem noch kein einziges Wort die Zustimmung aller Mitgliedstaaten erhalten hat. Sowie ein kurzes Non-Paper, welches der INC-Vorsitzende Varga als neue Arbeitsgrundlage vorschlägt. Dieses Paper ist lediglich eine kurze Inhaltsangabe, die aber viele wichtige Themen auslässt, welche im Entwurf noch vorhanden waren. Viele Beteiligte sind sehr besorgt, dass der Vertragstext zu schwach und wirkungslos im Kampf gegen Plastikverschmutzung sein wird.
Bleibt zu hoffen, dass sich die Staaten bei der Verhandlungsrunde in Busan auf ein ambitioniertes Plastik-Abkommen einigen können und nicht vor den Interessen der Öl-, Chemie und Plastikindustrie einknicken. Wenn ja, wurde eine einmalige Chance zum Schutz von Umwelt, Gesundheit und einer lebenswerten Zukunft vertan.
Die Autorinnen
Alexandra Caterbow ist Co-Direktorin und Mitgründerin von Health and Environment Justice Support (HEJSupport).
Olga Speranskaya ist Co-Direktorin und Mitgründerin von Health and Environment Justice Support (HEJSupport).
In Deutschland setzt sich das NGO-Bündnis Exit Plastik für ein starkes Plastik-Abkommen ein. Regelmäßig wird direkt von den Verhandlungen und über die aktuellen Entwicklungen berichtet. Hier gibt es aktuelle Informationen über das Plastikabkommen.