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Kunststoffkreislauf in Schwung bringen
News | 11.11.2024
#Kreislaufwirtschaft #Rohstoffe und Ressourcen

Kunststoffkreislauf in Schwung bringen

Serienfertigung von Kunststoffbehältern
© AdobeStock/Alterfalter
Diese Kunststoffbehälter vom Fließband sollten vielfach wiederbenutzbar sein.

Mit der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie verfolgt die Bundesregierung das Ziel, den Einsatz von Primärrohstoffen sowie das Abfallaufkommen zu reduzieren. Doch, anstatt notwendige Maßnahmen zur Vermeidung und Wiederverwendung zu priorisieren, stellt sie Recycling und Materialeffizienz in den Vordergrund. Wichtige Hebel, etwa die Förderung von Mehrwegverpackungen, um Kunststoffe zu reduzieren, werden so nicht genutzt.

Der weltweite Ressourcenverbrauch steigt dramatisch: Wurden 1970 noch 30 Milliarden Tonnen Rohstoffe entnommen, könnten es laut dem Global Resources Outlook 2024 der UNEP 2060 ohne wirksame Maßnahmen 160 Milliarden Tonnen sein. Da Länder mit höherem Einkommen pro Kopf zehnmal mehr Ressourcen als Länder mit niedrigerem Einkommen verbrauchen, tragen sie eine besondere Verantwortung – so auch Deutschland. Die Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) muss daher die oberste Richtschnur für die deutsche Rohstoff- und Wirtschaftspolitik sein. 

Die Bilanz des vom Bundesumweltministerium veröffentlichten Entwurfs der NKWS fällt jedoch leider enttäuschend aus. Zwar ist die erstmalige Festlegung eines Ziels zur Verringerung des Gesamtverbrauchs von Primärrohstoffen von 16 Tonnen pro Kopf und Jahr auf 8 Tonnen im Jahr 2045 richtig. Ohne ein ambitioniertes und verbindliches Zwischenziel für das Jahr 2030 droht die Lösung - der mit dem übermäßigen Rohstoffverbrauch verbundenen Probleme wie Naturraumzerstörung, Klimabelastung und Artensterben - jedoch einfach in die Zukunft verschoben zu werden. 

Zudem ist bereits jetzt absehbar, dass die bislang vorgesehenen Maßnahmen nicht ausreichen werden, um das Reduktionsziel zu erreichen. Denn zum einen werden in den meisten Handlungsfeldern bisher statt konkreter Maßnahmen eher allgemeine Prinzipien beschrieben oder Ziele ohne ein quantifizierbares Ambitionsniveau formuliert. Und zum anderen setzt die NKWS viel zu stark auf Recycling und Materialeffizienz und entsprechend zu wenig auf Abfallvermeidung und Wiederverwendung.

Kunststoffverbrauch durch mehr Mehrweg und Lenkungsabgabe steuern

Besonders deutlich wird dies bei dem Handlungsfeld Kunststoffe: 40 Prozent der Kunststoffproduktion in der EU entfallen auf Verpackungen. Es ist deshalb folgerichtig, dass die NKWS Verpackungen adressiert, allerdings zielen die vorgeschlagenen Maßnahmen weder ausreichend auf Reduktion ab, noch werden mögliche alternative Materialarten bei Verpackungen berücksichtigt. Um Rohstoffe an der Quelle einzusparen, ist es jedoch notwendig, Mehrwegsysteme zu fördern, in denen Verpackungen vielfach wiederverwendet werden. Doch sowohl der in der NKWS angestrebte Branchendialog mit der Wirtschaft als auch die derzeitigen Vorgaben der EU-Verpackungsverordnung (PPWR) werden Mehrweg nicht in ausreichendem Maße fördern. 

Neben der niedrigen Mehrwegquote für Getränkeverpackungen von nur 10 Prozent bis 2030 gibt es für alle Mehrwegquoten zu viele Ausnahmemöglichkeiten. Zur Einhaltung der in der PPWR festgelegten Abfallvermeidungsziele für Verpackungen von 5 Prozent bis 2030 und 15 Prozent bis 2040 im Vergleich zu 2018, sind zusätzliche Maßnahmen unabdingbar. Hierzu gehören beispielsweise höhere Mehrwegquoten sowie eine nationale Lenkungsabgabe auf bestimmte Einweg-Verpackungen wie Plastikflaschen, Getränkedosen, Getränkekartons, Einweg-Becher und -Essensboxen in Höhe von mindestens 20 Cent.

Katharina Campe
Für weniger Verpackungsabfall braucht es höhere Mehrwegquoten sowie eine nationale Lenkungsabgabe auf Einweg-Verpackungen wie Plastikflaschen, Getränkedosen, Getränkekartons, Einweg-Becher und -Essensboxen in Höhe von mindestens 20 Cent.
Katharina Campe, DUH
Referentin für Kreislaufwirtschaft

Aber auch bei der Verbesserung des Kunststoffrecyclings schwächelt die NKWS. Dafür bräuchte es Anreize für recyclingfähige Kunststoffe, modernste Sortier- und Recyclingtechnik sowie einen höheren produktspezifischen Rezyklateinsatz aus Post-Consumer-Abfällen. (Beim Post-Consumer-Recycling werden Verpackungsabfälle, die von Endverbraucher*innen genutzt wurden und anschließend über die Gelbe Tonne oder den Pfandautomaten in den Recycling-Kreislauf gelangen, verarbeitet; die Red.) Mittel, um das Kunststoffrecycling zu verbessern, wären die Umlage der EU-Plastiksteuer auf verursachende Unternehmen sowie die ökologische Ausgestaltung der Lizenzentgelte durch die Einführung eines Fondsmodells. 

Nur mit verbindlichen Maßnahmen lässt sich Plastik reduzieren

Zusätzlich sollte das mechanische Recycling generell dem chemischen Recycling vorgezogen werden, denn die chemischen Verfahren Pyrolyse und Vergasung sind energieintensiv und mit hohen Materialverlusten sowie Schadstoffbelastungen verbunden. Erzeugnisse aus diesen chemischen Verfahren sollten daher nicht auf Recycling- und Rezyklateinsatzquoten von Verpackungen angerechnet werden dürfen.

Das größte Manko der NKWS wird also bereits jetzt ersichtlich: ihre Unverbindlichkeit. Als Strategie bietet sie zwar einen politischen Rahmen zur Orientierung, aber ob dies den dringend erwarteten und zeitnah notwendigen Push zu mehr Vermeidung, Wiederverwendung und Einsatz von Recyclingmaterial erbringt, ist fraglich. Hierfür braucht es konkrete, verbindliche und ambitionierte Maßnahmen zur Abfallvermeidung, Mehrwegförderung, Langlebigkeit und Reparatur. 

Damit ließen sich die Potenziale zur Reduktion der Primärrohstoffnutzung, Zirkularität und Umweltentlastung steigern. Entsprechend sollte die Bundesregierung, anstatt sich nach dem Kabinettsbeschluss auf die Entwicklung der „Roadmap 2030“ zu konzentrieren, klare Prioritäten auf Maßnahmen setzen, die sie noch in dieser Legislaturperiode umsetzen will. Dazu gehören die Umlage der EU-Plastiksteuer und die ökologische Ausgestaltung der Lizenzentgelte.

Die Autorin

Katharina Campe arbeitet als Referentin für Kreislaufwirtschaft und kommunale Verpackungssteuern bei der Deutschen Umwelthilfe (DUH). 

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