Kein sicherer Aufnahmewert möglich: Lebensmittelzusatz Titandioxid als unsicher eingestuft
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat am Donnerstag ihre bisherige Bewertung des Lebensmittelzusatzstoffs Titandioxid (E 171) revidiert und den Stoff als unsicher eingestuft. Umwelt- und Gesundheitsverbände fordern diesen Schritt seit vielen Jahren.
Die Behörde sei „unter Berücksichtigung aller verfügbaren wissenschaftlichen Studien und Daten“ zu diesem Schluss gekommen. Die Aufnahme von Titantioxidpartikeln über Lebensmittel könne dazu führen, dass sie sich im Körper ansammeln. Daraus entstehende genotoxische Schäden, also eine Schädigung des genetischen Materials, könnten nicht ausgeschlossen werden. Entsprechend sei es nicht möglich, einen sicheren Grenzwert für die Aufnahme von E 171 festzulegen.
In Frankreich ist die Verwendung von Titandioxid seit dem 1. Januar 2020 verboten. Umwelt- und Gesundheitsverbände fordern ein solches Verbot auch für die gesamte EU. Das neue Gutachten der EFSA könnte den Grundstein dafür legen. Die Abgeordneten des EU-Parlaments hatten zuletzt im Oktober 2020 gefordert, E 171 von der Liste der zulässigen Lebensmittelzusatzstoffe zu streichen (siehe EU-News vom 09.10.2020).
Dem Gutachten geht ein jahrelanger Streit um die Einstufung und Klassifizierung von Titandioxid voraus, das häufig als Zusatzstoff in Lebensmitteln eingesetzt wird, um sie aufzuhellen. Die Partikel werden aufgrund ihrer Größe als Nanopartikel eingestuft. Noch ist nicht umfassend geklärt, wie stark sich Nanomaterialien auf den menschlichen Körper auswirken. [km]
Chemische Rückstände im Abwasser: EU-Regulierung versagt
In einem neuen Bericht legt das Europäische Umweltbüro (EEB) dar, dass die EU-Industrieemissionsrichtlinie derzeit nicht in der Lage ist, Wasserverschmutzungen durch die Chemikalienindustrie zu verhindern. Die realen Schadstoffkonzentrationen in europäischen Abwässern lägen demnach oft deutlich unter den in den Dokumenten zu Richtlinie festgelegten Grenzwerten. Jean-Luc Wietor vom EEB stellte ernüchtert fest: "Als ob schwache Regeln nicht schon genug wären, ist die nationale Umsetzung und Implementierung in den Mitgliedsstaaten im Allgemeinen eine ebenso große Enttäuschung."
Welche Ansätze für ungiftige Produkte gibt es bereits in der EU?
Ein wichtiges Element der neuen Chemikalienstrategie der EU ist das Prinzip "sustainable-by-design." Es soll sicherstellen, dass Chemikalien, Materialien und Produkte von vornherein nachhaltig, also zum Beispiel ohne gefährliche Inhaltsstoffe, gestaltet werden. Um herauszufinden, wie ein solches Prinzip in der EU aussehen könnte, hat die EU-Kommission in einer Studie bestehende Ansätze zusammengefasst, die Nachhaltigkeitskriterien für Produkte bereits umsetzen, beispielsweise den Blauen Engel in Deutschland.
Internationales Chemikalienmanagement: Nicht einschlafen!
Der Deutsche Naturschutzring hat die Bundesregierung in dieser Woche aufgerufen, sich ambitionierter für ein internationales Rahmenwerk für den Umgang mit Chemikalien und Abfällen einzusetzen. Sie solle ihre derzeitige Präsidentschaft im SAICM-Prozess nutzen, um zum Beispiel Elemente der europäischen Chemikalienstrategie in ein Post-2020-Rahmenwerk einzubringen.