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Naturschutzpolitische Forderungen zur Bundestagswahl 2025

Naturschutzpolitische Forderungen zur Bundestagswahl 2025

Naturschutz ist Menschenschutz! Gesunde Ökosysteme sind nicht nur Lebensraum für eine Vielzahl von Pflanzen- und Tierarten, sondern unsere Lebensversicherung. Ob Nahrungsmittel, Rohstoffe oder sauberes Wasser – wir sind auf eine intakte Natur angewiesen. Die zunehmend extremen Hochwasserereignisse und Brände in Europa führen uns aber auch vor Augen, dass wir die Natur viel stärker als Verbündete bei der Vorsorge gegen Hochwasser oder Dürren nutzen müssen. Eine gesunde Natur schützt uns, beugt zukünftigen Krisen vor und lohnt sich auch volkswirtschaftlich. Jeder in die Wiederherstellung der Natur investierte Euro führt zu einer Rendite von mindestens acht Euro. Gesunde und vielfältige Ökosysteme machen unser Land auch lebenswerter, sie fördern die Gesundheit und Erholung der Bürgerinnen und Bürger und sie machen – wie Studien zeigen - glücklich. 

Gleichzeitig wird allerdings immer deutlicher: Wir steuern auf das sechste Massenaussterben und eine herausfordernde Klimakrise zu. Die Vielfalt an Arten und ihren Lebensräumen nimmt auch in Deutschland weiter ab. Auch die Verschlechterung des Waldzustands führt uns den dringenden Handlungsbedarf vor Augen. In der kommenden Legislaturperiode des Deutschen Bundestags muss daher dem Erhalt unserer Lebensgrundlagen endlich das notwendige Gewicht eingeräumt werden, um das Fundament unserer Zukunft zu sichern. 

Hierfür sind folgende Maßnahmen erforderlich: 

  • Ambitionierte und zügige Umsetzung der internationalen und europäischen Verpflichtungen im Naturschutz (v.a. Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework) und der europäischen Richtlinien (v.a. FFH-RL, Vogelschutz-RL, WRRL) und Verordnungen (EU-Wiederherstellungsverordnung). 
  • Umsetzung einer rechtlich verbindlichen Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt 2030 der Bundesregierung, die mit konkreten Aktionsplänen flankiert wird. Biodiversitätsaspekte müssen zukünftig bei allen organisatorischen, programmatischen und regulatorischen Prozessen und Gesetzgebungsverfahren der Bundesregierung konsequent beachtet werden. Die Abschaffung von umwelt- und klimaschädlichen Subventionen muss endlich konsequent angegangen und die frei werdenden Mittel in die Wiederherstellung von Ökosystemen und die Honorierung von Ökosystemleistungen gelenkt werden. 
  • Das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz ist als zentrales Instrument zur Erreichung der LULUCF-Ziele zu verstetigen und mit weiteren Maßnahmen und Förder-Richtlinien in seiner Wirksamkeit auszubauen und zu entbürokratisieren. Die Finanzierung muss langfristig gesichert werden, um Planungssicherheit auch für Landnutzende herzustellen. 
  • Einsatz für einen eigenständigen EU-Naturschutzfonds auf europäischer Ebene, der für alle an der Umsetzung beteiligten Akteure Planungssicherheit für die Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen auch im Rahmen der aktuellen EU-Wiederherstellungsverordnung schafft. 
  • Für die Umsetzung der EU-Wiederherstellungsverordnung werden alle betroffenen Fachgesetze auf Kohärenz geprüft und bei Bedarf an die Ziele und Maßnahmen der Verordnung angepasst. Für eine gut koordinierte Umsetzung zwischen Bund und Ländern ist außerdem ein Durchführungsgesetz zur EU-Wiederherstellungsverordnung zu verabschieden. 
  • Zur Erreichung der Wiederherstellungsziele ist ein konsequenter Schutz der Biodiversität in bestehenden Schutzgebieten (Nationalpark, Naturschutzgebiet, Natura 2000, Kernzone Biosphäre) erforderlich, das heißt Vorrang der Schutzziele gegenüber anderen Nutzungen. 
  • Rechtzeitige Umsetzung der internationalen und europäischen Schutzgebietsziele durch wirksame Unterschutzstellung von mindestens 30 Prozent der Land- und Meeresfläche bis 2030, hiervon ein Drittel mit strengem Schutz. Für die erforderliche Flächenkulisse muss ein Vorrang des Naturschutzes im Sinne eines überragend öffentlichen Interesses gelten. 
  • Die rechtliche Sicherung aller Natura 2000-Gebiete und die verbindliche Festlegung gebietsspezifischer Erhaltungsziele mit dazugehörigen Maßnahmen muss endlich flächendeckend abgeschlossen und eine ausreichende Finanzierung gesichert werden. In den Meeren müssen wirtschaftliche Nutzungen auf mindestens 50 Prozent der Schutzgebietsfläche ausgeschlossen werden. Bis zum Jahr 2030 soll sich außerdem auf mindestens 2% der Fläche Deutschlands die Natur in großen Wildnisgebieten frei entwickeln können. Hierfür muss der Wildnisfonds finanziell gestärkt und die Arbeit der KlimaWildnisZentrale verstetigt werden. 
  • Die grüne Infrastruktur unseres Landes ist wirksam zu schützen und zu erweitern. Jenseits der bestehenden Schutzgebietskulisse wird der Biotopverbund daher auf 6% der Landesfläche ausgebaut. Der Biotopverbund wird über einen verbindlichen Bundesraumordnungsplan zum länderübergreifenden Biotopverbund auf Basis des Raumordnungsgesetzes gesichert. Auch der Erhalt von Freiräumen muss planerisch besser gesichert werden. Für eine Balance zwischen dem notwendigen Schutz von Nord- und Ostsee und bestehenden sowie neuen Nutzungen sind zeitnah neue ökosystembasierte Meeresraumordnungspläne erforderlich, bei denen der gute Umweltzustand im Zentrum steht. Außerdem soll eine Fachplanung „Naturschutz im Meer“ analog zur Landschaftsplanung an Land eingeführt werden. 
  • Auf Ebene der Landes- und Regionalplanung sind Flächen für Maßnahmen u. a. für vom Ausbau der Erneuerbaren Energien betroffene Arten planerisch zu sichern
  • Um die Herausforderungen der Klimakrise durch Klimaanpassungsmaßnahmen in den Ländern und Kommunen begegnen zu können, wird eine neue Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe Klimaanpassung eingeführt. Diese soll dazu dienen, auch vorsorgende Maßnahmen zur Prävention von Hitze-, Hochwasser- und Dürreereignissen durch die Wiederherstellung intakter Ökosysteme in den Ländern und Kommunen zu fördern.
  • Die Strategie zur vorbildlichen Berücksichtigung von Biodiversitätsbelangen auf allen Flächen des Bundes muss erweitert werden um einen verbindlichen rechtlichen Rahmen insbesondere für Bundesverwaltungen. Die Gemeinwohlleistungen intakter Ökosysteme müssen Vorrang vor ökonomischem Profitstreben haben. 
  • Der weitere Abbau ökologischer Mindeststandards bei Planungen unter dem Vorwand des Bürokratieabbaus wird ausgeschlossen
  • Wichtige weitere Finanzierungsinstrumente wie der Bundesnaturschutzfonds oder der Vertragsnaturschutz müssen finanziell gestärkt werden. Deutschland muss außerdem seinen Zusagen für die internationale Biodiversitätsfinanzierung nachkommen und die deutschen Beiträge für den globalen Erhalt der biologischen Vielfalt bis 2030 verdreifachen.
  • Um das Wissen zum aktuellen Zustand der Natur zu stärken, muss das Monitoringzentrum zur Biodiversität vorhandene Daten auswerten und Akteuren des Naturschutzes sowie der Öffentlichkeit in verantwortungsvoller Form zur Verfügung stellen. Die Nutzung von Fernerkundungsdaten wird stärker forciert und Ergebnisse in das Berichtswesen der Ministerien und nachgeordneten Behörden integriert (z.B. Waldmonitoring). 
  • Erarbeitung von Mindeststandards der personellen Ausstattung im Naturschutz in Abstimmung mit den Ländern und kommunalen Vertretern. Die Standards sollen die Schutzgebietsbetreuung unter Einbeziehung des zu erreichenden 30/10%-Schutzgebietsziels, die Umsetzung von (Natura-2000-)Managementplänen, das Monitoring bzw. die Erfolgskontrolle sowie die Umsetzung und Kontrolle von Kompensationsmaßnahmen aus der Eingriffsregelung beinhalten. Auf Bundesebene wird die Personalausstattung (inkl. nachgeordneter Behörden) an die neuen Erfordernisse wie die Umsetzung der EU-Wiederherstellungsverordnung angepasst. Hierfür sind mindestens 100 neue Personalstellen vorzusehen.

Weitere Maßnahmen zur Beschleunigung des Naturschutzes und zur Erreichung der Biodiversitätsziele 

  • Der Arten- und Biotopschutz soll im Flurbereinigungsgesetz als gleichberechtigtes Interesse in jedem Flurordnungsverfahren explizit ermöglicht werden. Die Ziele des Biotopverbundes und von Renaturierungen sollen als neues übergeordnetes Ziel über ökologische Flurneuordnungsverfahren umgesetzt werden. 
  • In Schutzgebieten, den Flächen des Biotopverbundes und den Flächenkulissen für Wiederherstellungsmaßnahmen werden beschleunigte und vereinfachte Verfahren zur Umsetzung von Naturschutz- und Wiederherstellungsmaßnahmen (z. B. Duldungspflicht, Vorkaufsrecht) entwickelt, bei denen ein angemessener finanzieller Ausgleich für Nutzungseinschränkungen berücksichtigt wird. 
  • Für besonders relevante Naturschutzvorhaben wird eine naturschutzrechtliche Planfeststellung als Genehmigungsverfahren zur Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen eingeführt. Dem Naturschutz ist bei Planung und Umsetzung von Maßnahmen eine Privilegierung bei Genehmigung v. a. nach Wasserrecht, Bodenschutzrecht und Forstrecht einzuräumen. 
  • Es müssen die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden, beim Ankauf von Flächen für Naturschutzzwecke aus öffentlichen Mitteln Preise über den vor Ort gültigen Bodenrichtwerten zahlen zu dürfen. In bestehenden Naturschutzprogrammen wie dem nationalen Artenhilfsprogramm müssen Flächenankäufe für die Erreichung der Ziele ermöglicht werden. 
  • Sämtliche Fördermittel der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP) müssen auf die einkommenswirksame Honorierung klar definierter Gemeinwohlleistungen der Landwirtschaft im Bereich des Umwelt-, Natur- und Tierschutzes sowie zur Umsetzung der EU-Wiederherstellungsverordnung ausgerichtet werden. 
  • Um den dringend notwendigen Waldumbau in der Klimakrise zu unterstützen und der Naturverjüngung eine Chance zu geben, ist das Bundesjagdgesetz entsprechend zu novellieren. Auch das Bundeswaldgesetz muss an die aktuellen Herausforderungen der Klima- und Biodiversitätskrise angepasst werden und ökologische Mindeststandards der Waldbewirtschaftung sichern. Es sind mindestens 10 Prozent der Waldfläche dauerhaft als Naturwälder, frei von forstlichen Eingriffen, auszuweisen. 
  • Über das EEG werden zukünftig keine kleinen Wasserkraftanlagen bis zu einem Megawatt mehr vergütet. Das überragende öffentliche Interesse für die erneuerbaren Energien darf sich nicht mehr auf die Kleine Wasserkraft erstrecken. 
  • Die Abwasserabgabe ist weiterzuentwickeln mit dem Ziel, den Gewässerschutz und damit die Lebensbedingungen für aquatische Tier- und Pflanzenarten nachhaltig zu verbessern.

Kontakt für Rückfragen

Svenja Schünemann

Referentin für Naturschutz und Agrarpolitik

030 6781775-912

svenja.schuenemann@dnr.de

Björn Pasemann

Referent für Naturschutz und Agrarpolitik

030 6781775-71

bjoern.pasemann@dnr.de