Das neue Meeres- und Fischereipaket
Die EU-Kommission hat am 21. Februar ein umfangreiches Maßnahmenpaket für Fischerei und Meeresschutz vorgelegt. Schrittweises Grundschleppnetzverbot bis 2030, weniger Emissionen und Energieverbrauch. Fischereiverbände fürchten Verluste, Umweltverbänden ist das Paket angesichts der Klima- und Biodiversitätskrise nicht konkret genug.
Was steckt drin?
Das Maßnahmenpaket zur Verbesserung der Nachhaltigkeit und Widerstandsfähigkeit des Fischerei- und Aquakultursektors der EU umfasst vier Elemente:
- Eine Mitteilung zur Energiewende im Fischerei- und Aquakultursektor der EU,
- einen Aktionsplan zum Schutz und zur Wiederherstellung von Meeresökosystemen für eine nachhaltige und widerstandsfähige Fischerei (kurz: Meeresaktionsplan),
- eine Mitteilung über die Gemeinsame Fischereipolitik heute und morgen und
- einen Bericht über die gemeinsame Marktorganisation für Erzeugnisse der Fischerei und der Aquakultur.
Außerdem soll ein „Pakt für Fischerei und Ozeane“ die vollständige Umsetzung der Gemeinsamen Fischereipolitik unterstützen. Ziel ist unter anderem die Klimaneutralität des Fischerei- und Aquakultursektors bis 2050 und der Schutz der Meeresökosysteme für eine nachhaltige Fischerei – bis 2030 sollen 30 Prozent unserer Meere rechtlich und wirksam geschützt sein, ein Drittel davon streng. Die Grundschleppnetzfischerei soll schrittweise bis 2030 in Schutzgebieten verboten sein. Erste Maßnahmen zum Schutz des Meeresbodens und der Meeresfauna sollten bereits bis März 2024 für geschützte Natura-2000-Gebiete ergriffen werden. Die Mitgliedstaaten sollen ebenfalls bis März 2024 nationale Fahrpläne zur Umsetzung des Meeresaktionsplans erstellen.
Kompromisse zulasten von Fischen und Fischereibetrieben?
Der Verband der deutschen Kutter- und Küstenfischer sieht laut dpa-Europaticker das Aus für traditionelle Krabbenfischerei in der Nordsee und das „leichte Rollengeschirr“ in der Ostsee gekommen und fürchtet eine Verlagerung der Grundschleppnetzfischerei und vermehrte Importe aus Drittstaaten.
Die Meeresschutzorganisation Oceana nannte das EU-Fischereipaket dagegen „ein dünnes grünes Furnier über dem Business as usual“. Es seien dringend konkrete Maßnahmen und weniger politische Kompromisse erforderlich, so die Organisation, auch wenn die Kommission einen notwendigen ersten Rahmen mit einer Vision und einem Aufruf zum Handeln geschaffen habe. Der WWF Europabüro konstatierte, dass die EU-Kommission die Kluft zwischen Fischerei- und Naturpolitik bei weiterer Untätigkeit der Mitgliedstaaten kaum überbrücken und die verlorene Zeit nicht aufholen könne. BirdLife International meinte, der Meeresaktionsplan in seiner jetzigen Form sei schon nicht in der Lage, die Natur zu schützen und die Verschlechterung der Ökosysteme aufzuhalten. So würden die bisher geltenden Vorschriften zur Vermeidung von Beifängen lediglich wiederholt, allerdings würden schon diese kaum eingehalten und zu schlecht kontrolliert. Seas At Risk begrüßte zwar das Paket, mahnte aber auch, dass der Umfang nicht ausreichend sei und „bedeutungslos“ bleibe, wenn die Maßnahmen weder von den Mitgliedstaaten vollständig umgesetzt noch von der Kommission durchgesetzt werden. Außerdem dürften Grundschleppnetze noch sieben Jahre lang der Meeresboden in vermeintlichen Schutzgebieten zerstören, was „nicht hinnehmbar“ sei.
Auch bezogen auf den Aktionsplan zur Dekarbonisierung des Fischereisektors fehlen Seas At Risk – im Bündnis mit ClientEarth, Our Fish und BLOOM – konkrete Maßnahmen. Der Aktionsplan sei eher ein Diskussionspapier ohne Verpflichtung der Mitgliedstaaten, Umstellungsziele festzulegen und die Finanzierung der Energiewende umzuleiten. Alle Subventionen für fossile Brennstoffe müssten gestrichen und der Europäische Fischereifonds EMFAF entsprechend aktualisiert werden, damit mindestens 35 Prozent der Fördermittel in die Umstellung auf eine kohlenstoffarme Fischerei fließen. Alles andere sei „grobe Heuchelei“. [jg]
dpa-Europaticker: Verband kritisiert Pläne der EU-Kommission zu nachhaltiger Fischerei
Seas At Risk: NGOs Call Out EU Commission on Conflicting Policies for Fishing Sector Decarbonisation
BUND: Allererste Schutzmaßnahmen in der Nordsee in Kraft
Am 16. Februar sind in Deutschland erste Schutzmaßnahmen für Lebensräume und Arten in den deutschen Schutzgebieten der Nordsee vor Fischerei mit Grundschleppnetzen und Stellnetzen in Kraft getreten. Der BUND fragt sich, ob die „Meereswende in Sicht?” ist. Während das Gebiet Borkum Riffgrund vollständig für Grundschleppnetze gesperrt werde, seien im Sylter Außenriff nur knapp zwei Drittel (62 Prozent) des Schutzgebietes ausgenommen. Auf der Doggerbank, der größten Sandbank der Nordsee, fehlten die Maßnahmen zur Grundschleppfischerei allerdings noch komplett, kritisierte die Organisation.