EU-Kommission präsentiert Pläne zu nachhaltigen Kohlenstoffkreisläufen und Leitlinien zur Klimaneutralität
Emissionen reduzieren, Kohlenstoff natürlich und technisch binden und mit Zertifikaten handeln: Die EU-Kommission hat in dieser Woche ihre Pläne zu nachhaltigen Kohlenstoffkreisläufen vorgestellt. Umweltverbände warnen vor Schönrechnerei. Außerdem: Empfehlungen an den Rat für einen sozial-gerechten Übergang zur Klimaneutralität.
Nachhaltige Kohlstoffkreisläufe
Die Mitteilung ist Teil des zweiten Fit-for-55-Klimapakets, das die EU-Kommission am 14. und 15. Dezember in Brüssel vorstellte, und soll dazu beitragen, das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 durch den Abbau von CO2 aus der Atmosphäre zu erreichen. Das soll zum einen durch die Speicherung von Kohlenstoff in der Natur und zum anderen über industrielle Lösungen geschehen, über die CO2 „nachhaltig und nachprüfbar“ entfernt und recycelt wird. Der Vorschlag enthält Maßnahmen zur „Unterstützung einer klimaeffizienten Landwirtschaft“, die bis 2030 42 Millionen Tonnen CO2 in natürlichen Senken speichern soll. In ähnlicher Größenordnung sollen technische Lösungen CO2 aus der Luft entfernen. Die „Entwicklung eines Binnenmarkts für die Abscheidung, Nutzung und Speicherung von CO2“ soll dazu beitragen, diese Technologien zu fördern.
Ende nächsten Jahres plant die EU-Kommission einen Rechtsrahmen für die Zertifizierung des CO2-Abbaus vorzulegen, zu dem sie ab Januar 2022 in einer Konsultation um Input bittet.
Während die Förderung klimafreundlicher landwirtschaftlicher Praktiken grundsätzlich auf Zustimmung stoß, kritisierten Akteure aus Zivilgesellschaft, Landwirtschaft und Politik die Einführung eines Emissionshandelssystems im Landnutzungssektor.
So sei Kohlenstoffabbau in der Landwirtschaft beispielsweise sehr viel schwieriger zu messen und potenziell reversibel, erklärte der WWF. „Wenn dieser Plan durchkommt, könnten sich die Verursacher von Umweltverschmutzung einfach freikaufen. … Anstelle eines Kompensationsprogramms muss sich die Kommission auf öffentliche Mittel konzentrieren, die Land- und Forstwirten helfen würden, Klimaschutzmaßnahmen zu ergreifen, ohne die Verschmutzer vom Haken zu lassen“, so Alex Mason, Senior Policy Officer im WWF Europabüro.
Auch die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) warnt vor einem Finanzierungssystem über privatwirtschaftliche Emissionszertifikate, das „letztlich Schönrechnerei“ bedeute - „insbesondere dann, wenn die beteiligten Unternehmen keine schlüssigen Konzepte vorlegen, wie sie ihre Emissionen ambitioniert reduzieren werden.“
Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament, lobte, dass „die Kommission den Moorschutz an prominenter Stelle nennt und das Potenzial naturbasierter Techniken, wie Aufforstung, nachhaltige Waldbewirtschaftung, Agroforstwirtschaft und Verwendung von Zwischenfrüchten für ein klimafreundliches humusaufbauendes Management von Forst- und Agrarsystemen anerkennt.“ Insgesamt bleibe „die Vision der Kommission zur Klimaneutralität jedoch in zu eng gefassten Konzepten und zu großen Erwartungen an technologische Lösungspotentiale hängen.“
Fragen und Antworten zu nachhaltigen Kohlenstoffkreisläufen
WWF: Blind spot on polluters blights EU carbon plan
AbL: AbL für echten Klimaschutz statt CO2-Börsen
Leitfaden für einen gerechten Übergang zur Klimaneutralität
Am 14. Dezember hat die EU-Kommission ihre sozialpolitischen Leitlinien zur Klimaneutralität bekannt gegeben. Darin gibt sie den EU-Mitgliedsstaaten Ratschläge zur Umsetzung des Green Deals in Bezug auf beschäftigungs- und sozialpolitische Aspekte.
Ergänzend zu dem Vorschlag der EU-Kommission für einen Klima-Sozialfonds aus dem Juli 2021 zielen die Vorschläge der Kommission für Ratsempfehlungen darauf ab, sozialpolitische Aspekte in den Green Deal zu integrieren. Nach eigenen Angaben soll der Kommissionsvorschlag einen „gerechten und inklusiven Übergang zur Klimaneutralität“ sicherstellen. Ihren Fokus richtet die EU-Kommission auf Regionen und Menschen, die von dem ökologischen Wandel besonders stark betroffen sind. „Damit niemand verloren gehe“, rät die Kommission zu vier wesentlichen Maßnahmen: der aktiven Förderung hochwertiger Arbeitsplätze, dem Zugang zu Bildung und lebenslangem Lernen, gerechter Steuer- und Sozialschutzsysteme, wie auch dem Zugang zu erschwinglichen lebensnotwendigen Dienstleistungen und Wohnräumen. Die sozial- ökologische Wende soll neue Arbeitsplätze schaffen. Die Kommission rechnet bis 2030 mit einer Million und bis 2050 mit bis zu zwei Millionen neuen Arbeitsplätzen.
Zur Umsetzung werden EU-Mittel zur Verfügung gestellt. So sollen unter anderem 72,2 Milliarden Euro aus dem Klima-Sozialfonds bereitgestellt werden, um die „Auswirkungen des Emissionshandels im Bau- und Straßenverkehrssektors“ abzufedern. [km/lw]
Ein gerechter Übergang zur Klimaneutralität
Kommission schlägt weiteres Vorgehen für gerechten Übergang vor