EU-Politik im Überblick
Ursula von der Leyen tritt 2024 zum zweiten Mal an. Der Haushalt 2024 soll aufgestockt werden, nachdem eine finale langfristige Finanzierungsänderung vom Rat beschlossen wurde. Es gibt neue Vorschriften gegen Umweltkriminalität und für Verbraucherrechte zum Schutz vor irreführenden Umweltaussagen.
Von der Leyen kandidiert für zweite Amtszeit
Am 19. Februar hat Ursula von der Leyen es offiziell gemacht und bestätigt, für eine zweite Amtszeit als Präsidentin der EU-Kommission zu kandidieren. Allerdings ist ihre Agenda inzwischen eine andere als 2019, als der europäische Green Deal noch in den Kinderschuhen steckte. Von Klimaneutralität und Nachhaltigkeit hat sie ihre Prioritäten hin zur Wettbewerbsfähigkeit verschoben. Anstatt klima- und umweltfreundliche Unternehmen zu fördern, dürfte ihre Priorität nun auf einer rein unternehmensfreundlichen Politik liegen. Der politische Druck aus ihrer Parteienfamilie scheint eine größere Distanz zu grünen Themen zu erfordern. Zudem setzt sich von der Leyen für eine oder einen EU-Verteidigungskommissar*in sowie eine Strategie zu einer gemeinsamen Rüstungspolitik der Europäischen Union ein.
Finanzen: Rat finalisiert Langfristiges, Kommission passt Haushalt 2024 an
Der Rat hat am 28. Februar dem Trilog-Kompromiss (EU-News 15.02.2024) drei Rechtsakten in Verbindung mit der Überarbeitung des mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) für den Zeitraum 2021-2027 zugestimmt. Das Paket umfasst eine Verordnung zur Änderung des MFR für 2021-2027 sowie Verordnungen zur Einrichtung der Ukraine-Fazilität und der Plattform für strategische Technologien für Europa (STEP). Am 29. Februar legte die EU-Kommission „in Rekordzeit“ nach und schlug vor, den EU-Haushalt für 2024 entsprechend zu ändern. Durch diese Änderung des EU-Budgets für 2024 würden mehr als 5,8 Milliarden Euro zusätzlich aufgebracht, Rat und Parlament müssen aber noch zustimmen.
Das hieße unter anderem eine Aufstockung der Ukraine-Fazilität in Höhe von 4,8 Milliarden Euro, die Aufstockung des Europäischen Verteidigungsfonds um 376 Millionen Euro (STEP), die Aufstockung der Europäischen Solidaritätsreserve und der Soforthilfereserve (vormals „Solidaritäts- und Soforthilfereserve“) um 365 Millionen Euro. Auch für den Westbalkan und den Fonds für Arbeitnehmer zur Anpassung an die Globalisierung stünde mehr Geld zur Verfügung.
Neue Vorschriften gegen Umweltkriminalität auf der Zielgeraden
Das EU-Parlament hat am 27. Februar den zuvor mit dem Rat ausgehandelten Trilog-Kompromiss (EU-News 21.11.2023) zu Umweltkriminalität mit großer Mehrheit (499 Ja- zu 100 Nein-Stimmen bei 23 Enthaltungen) angenommen. Künftig ist die Liste der Straftaten länger und Sanktionen schärfer. Nun gehören auch illegaler Holzhandel, die Erschöpfung von Wasservorräten, schwere Verstöße gegen die EU-Chemikalienvorschriften und Meeresverschmutzung durch Schiffe zur Liste. Außerdem stimmten die Abgeordneten dafür, dass in den neuen Vorschriften sogenannte qualifizierte Straftaten aufgeführt werden. Das sind beispielsweise „großflächige Waldbrände oder weitreichende Verschmutzungen von Luft, Wasser und Boden, die Ökosysteme zerstören und deshalb mit Ökoziden vergleichbar sind“, so das Parlament. Bis zu zehn Jahre Gefängnis können für einzelne Straftaten verhängt werden, die Höchststrafe gibt es, wenn Menschen ums Leben kommen. Geldstrafen für Unternehmen können bis zu fünf Prozent des weltweiten Umsatzes beziehungsweise bis zu 40 Millionen Euro umfassen. Umweltkriminalität steht weltweit an vierter Stelle bei kriminellen Aktivitäten. Die EU-Abgeordneten forderten außerdem, dass Personen, die Hinweise auf Umweltdelikte geben, in Strafverfahren unterstützt werden müssen. Nicht zuletzt sollen die Mitgliedstaaten spezielle Schulungen für Polizei, Richter*innen und Staatsanwaltschaften veranstalten, einzelstaatliche Strategien ausarbeiten und Umweltkriminalität mithilfe spezieller Sensibilisierungskampagnen bekämpfen.
Die formale Bestätigung durch den Rat steht noch aus. Nach Veröffentlichung im Amtsblatt kann das neue Gesetz in Kraft treten. Zuvor hat Belgien als erster EU-Mitgliedstaat „Ökozid“ als Straftatbestand anerkannt und zwar sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene, meldete die Organisation Stop Ecocide am 22. Februar.
Verbraucherrechte: Schutz vor irreführenden Umweltaussagen final beschlossen
Der EU-Ministerrat hat am 20. Februar die Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel final beschlossen. Die neuen Vorschriften passen die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken und die Richtlinie über Verbraucherrechte an. Irreführende Umweltaussagen und unlautere Behauptungen zum CO₂-Ausgleich soll es künftig nicht mehr geben. Es gibt präzisere Vorschriften über die Haftung der Unternehmer in Sachen Informationen, frühzeitige Obsoleszenz, unnötige Software-Aktualisierungen oder die ungerechtfertigte Verpflichtung zum Kauf von Ersatzteilen beim ursprünglichen Hersteller. Verbraucherinnen und Verbrauchern sollen dann auch bessere Informationen zur Verfügung stehen, die dabei helfen, kreislauforientierte und ökologische Entscheidungen zu treffen. Unter anderem wird es dafür eine EU-weit geltende Produktkennzeichnung geben, die Informationen über die gewerbliche Haltbarkeitsgarantie enthält. [jg]
Kommission nimmt Änderung des EU-Haushalts für 2024 in Rekordzeit an [...]
EU-Parlament: Umweltkriminalität: Liste der Straftaten und Sanktionen wird länger
Rat: [...]endgültige Billigung der Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel
EU-Politik und Internationales kurz & knapp
- UN-Umweltversammlung: Am 1. März endet die UNEA 6 im kenianischen Nairobi. Unter anderem ging es um Multilateralismus in Umweltfragen, die globale Bewältigung der Triple-Krisen (Klimawandel, Artenschwund, Verschmutzung) und Abfallprobleme. Für Deutschland war Bundesumweltministerin Steffi Lemke angereist, die sich nach eigenen Angaben für einen bewussten Umgang mit den globalen Wasserressourcen, ein nachhaltiges Chemikalienmanagement und für mehr Ressourcenschonung einsetzen wollte.
- EU-Mercosur: Laut Greenpeace verstößt das Handelsabkommen zwischen EU und Mercosur gegen EU-Klimarecht. Dies habe eine rechtliche Analyse ergeben. Das Handelsabkommen würde zu einem Anstieg der Treibhausgasemissionen führen und sei „unvereinbar mit den EU- und internationalen Klimagesetzen“.
- EU-Chile: Einem erweiterten Handelsabkommen mit Chile hat das EU-Parlament am 29. Februar zugestimmt, obwohl über 100 Organisationen in einem offenen Brief davor gewarnt hatten. Besonders problematisch sei die Aufnahme eines Rohstoffkapitels, das der EU den Zugang zu Rohstoffen ohne Rücksicht auf die sozialen und ökologischen Folgen des massiven Abbaus sichern soll. Eine Liste der derzeit debattierten bzw. abgeschlossenen EU-Handelsabkommen gibt es hier.