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Luftreinhaltung in der EU: Ammoniak bleibt problematisch
EU-News | 06.09.2024
#Emissionen #EU-Umweltpolitik

Luftreinhaltung in der EU: Ammoniak bleibt problematisch

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© pixabay
Gülleausbringung ist eine Hauptquelle für erhöhte NH₃-Werte

Die Europäische Kommission hat einen detaillierten Fortschrittsbericht über die Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/2284 über die Reduktion der nationalen Emissionen bestimmter Luftschadstoffe veröffentlicht. Insgesamt verzeichneten 14 Mitgliedstaaten 19 Verstöße. Verbesserungspotenzial gibt es in allen Sektoren und bei allen Schadstoffen, insbesondere bei den Ammoniakemissionen aus dem Agrarsektor.

Die Richtlinie (EU) 2016/2284, auch bekannt als NEC-Richtlinie, soll die Luft in Europa sauberer machen. Sie schreibt den EU-Ländern vor, die Emissionen von fünf gefährlichen Luftschadstoffen – darunter Schwefeldioxid (SO₂), Stickoxide (NOx), Ammoniak (NH₃), Feinstaub (PM2,5) und flüchtige organische Verbindungen (NMVOC) – bis 2030 drastisch zu senken. Dadurch sollen Gesundheit und Umwelt besser geschützt werden. Alle zwei Jahre müssen die Mitgliedstaaten einen Bericht über die nationalen Emissionen dieser Schadstoffe einreichen.

Der Fortschrittsbericht der EU-Kommission, der die Umsetzung der Richtlinie und die Fortschritte der einzelnen Mitgliedstaaten in den Jahren 2020 und 2021 bewertet, zeigt nun, dass viele EU-Länder gute Fortschritte bei der Reduktion von Luftschadstoffen wie Schwefeldioxid und Stickoxiden gemacht haben. Doch nicht alles läuft rund – Ammoniak bleibt ein großes Problem, besonders in landwirtschaftlich geprägten Ländern. Insgesamt stellte die Kommission 19 Verstöße fest, die sich auf 14 Mitgliedstaaten verteilen. Ammoniak ist hierbei die häufigste Quelle für Verstöße, obwohl alle fünf Schadstoffe betroffen sind, denn auch Feinstaub und NMVOCs bleiben in einigen Ländern problematisch, wie der Bericht feststellt. Als größte Herausforderungen für die Mitgliedstaaten gelten die Reduktion der Schadstoffemissionen aus den Hauptquellen wie der Landwirtschaft (NH₃), der Verbrennung im gewerblichen, institutionellen und privaten Sektor sowie im Straßenverkehr (Feinstaub), und die industrielle Nutzung von Lösungsmitteln (NMVOC).

Schwefeldioxid und Stickoxide auf Kurs, Ammoniak bleibt problematisch

Die meisten Mitgliedstaaten haben ihre Schwefeldioxid-Emissionen deutlich reduziert. Der Rückgang ist in der Industrie, besonders bei der Umstellung auf emissionsarme Technologien in Kraftwerken und der Energieerzeugung, stark sichtbar. Einzig Zypern konnte die Ziele nicht erreichen. Auch bei Stickoxiden sind die meisten Länder erfolgreich, da striktere Vorschriften im Verkehrs- und Energiesektor zu einer Verbesserung führten. Litauen und Rumänien konnten die Ziele jedoch nicht erreichen. Beim Feinstaub verzeichnen viele EU-Mitgliedstaaten Erfolge bei der Emissionsreduktion, besonders durch striktere Vorschriften im industriellen und Verkehrssektor. Gleichzeitig haben Länder wie Polen, Ungarn und Rumänien Schwierigkeiten bei der Zielerreichung. Hier sind durch den der Einsatz von Kohle und anderen fossilen Brennstoffen sowie die Emissionen im Verkehrssektor die Feinstaubwerte weiterhin hoch. Litauen und Polen (und in 2021 auch Luxemburg) konnten ihre NMVOC-Werte nicht einhalten.

Sorgenkind mit den meisten Verstößen bleibt Ammoniak, das vor allem durch die intensive Tierhaltung und den Einsatz von Düngemitteln freigesetzt wird. Obwohl die Richtlinie Maßnahmen und Verfahren zur Reduktion von NH3 vorsieht, haben viele Länder Schwierigkeiten bei der Implementierung in der Landwirtschaft. Zu den Staaten, die ihre NH3-Emissionsziele überschreiten, zählen Österreich, Bulgarien, Dänemark, Ungarn, Irland, Litauen, Luxemburg, Lettland, Portugal und Schweden. 

Trotz der erreichten Fortschritte ist aber Vorsicht geboten und verfrühte Euphorie fehl am Platz. Der Bericht kritisiert, dass die gemeldeten Emissionsdaten aus den Mitgliedstaaten oft ungenau und nicht immer transparent sind. Daten, die für die Überprüfung der Einhaltung der Emissionsziele entscheidend sind, weisen häufig Unstimmigkeiten auf. Ein weiteres Problem sei der Mangel an Transparenz bei den verwendeten Methoden. In vielen Fällen ist unklar, wie die Emissionen berechnet wurden oder welche Anpassungen vorgenommen wurden, um auf frühere Daten zu reagieren. 

Bessere Koordination zwischen NECPs und den Luftreinhalteprogrammen notwendig

Von den 22 Mitgliedstaaten, die ihre Prognosen rechtzeitig eingereicht haben, wird erwartet, dass die meisten Schwierigkeiten haben werden, ihre NH3-Reduktionsverpflichtungen zu erfüllen – sowohl im Zeitraum 2020-2029 als auch ab 2030. Darüber hinaus zeigen die Prognosen, dass auch bei NMVOC, NOx und PM2,5 ähnliche Probleme auftreten könnten, während die Einhaltung der Reduktionsziele für SO₂ in der gesamten EU derzeit keine großen Probleme darstellt.

Klimapolitische Maßnahmen, die den Übergang zu erneuerbaren Energien und energieeffizienteren Technologien vorantreiben, tragen direkt zur Reduktion von Schadstoffen wie Stickoxiden, Schwefeldioxid und Feinstaub bei. Initiativen wie der "Fit for 55"-Plan und der REPowerEU-Plan helfen, Emissionen zu senken, indem sie die Nutzung fossiler Brennstoffe reduzieren und erneuerbare Energien fördern. Der Bericht betont, dass eine bessere Koordination zwischen den nationalen Klimaplänen (NECPs) und den Luftreinhalteprogrammen notwendig ist, um Synergien zu maximieren und Zielkonflikte zu vermeiden. 

Zuletzt trat im August die neue Emissionsrichtlinie für Industrie und Landwirtschaft in Kraft. Sie zielt darauf ab, Schadstoffe wie Feinstaub, Schwefeldioxid und Stickoxide bis 2050 um bis zu 40 Prozent zu reduzieren. Auch Betriebe wie Schweine- und Geflügelzuchtanlagen müssen die neuen Regeln umsetzen, Rinderhaltungsbetriebe sind von der neuen IED ausgenommen. Das wurde von Umweltverbänden stark kritisiert, da Rinder in großen Mengen Gülle und Mist produzieren, die unter anderem viel Ammoniak freisetzen. Für Industrieunternehmen gelten die Vorgaben ab 2028, für Landwirte ab 2030.

Außerdem hat EU eine öffentliche Konsultation zur "Richtlinie über die Reduktion der nationalen Emissionen bestimmter Luftschadstoffe" gestartet, um zu bewerten, ob die Rechtsvorschriften ihre Ziele erreicht haben und weiterhin relevant sind. Die Frist für Rückmeldungen läuft vom 3. September 2024 bis zum 26. November 2024. Ziel ist es, die Wirksamkeit der Richtlinie zu überprüfen und an veränderte Umstände anzupassen. [ks]

 

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