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Mehr Offshore-Energie, aber wie viel Atomenergie?
EU-News | 22.07.2020
#Klima und Energie

Mehr Offshore-Energie, aber wie viel Atomenergie?

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c. Pixabay

Brüssel konsultiert zur geplanten Offshore-Energie-Strategie und erntet Kritik wegen einer geplanten Nachhaltigkeitsprüfung von Atomenergie durch die Gemeinsame Forschungsstelle (JRC) der Kommission und wegen der angedachten Ausgestaltung des Fonds für einen gerechten Übergang.

Meinungen zur Offshore-Energie gefragt

Die EU-Kommission hat am Mittwoch eine Konsultation zu ihrer EU-Strategie für erneuerbare Offshore-Energie eingeleitet. Diese soll im Laufe dieses Jahres verabschiedet werden und die Entwicklung und Integration von Offshore-Quellen in den Energiemix der EU unterstützen, um die Klimaziele für 2030 und 2050 zu erreichen. Die Konsultation läuft bis zum 24. September.

Die Strategie soll nach den Worten der Kommission darauf abzielen,

  • die Entwicklung und den Ausbau erneuerbarer Offshore-Energie in großem Stil zu unterstützen und besser abzustimmen, indem das Netz- und das Energiesystem, die Marktvorschriften und die damit zusammenhängende Politik im Bereich der erneuerbaren Energien entwickelt werden;
  • die Nachhaltigkeit und den Umweltschutz sowie den Schutz der Biodiversität sicherzustellen;
  • die Information und die Teilhabe der Öffentlichkeit auf EU- und lokaler Ebene zu stärken;
  • das volle Potenzial der blauen Wirtschaft auszuschöpfen, indem - sofern sinnvoll - Maßnahmen der maritimen Raumplanung ergriffen und die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle gefördert werden;
  • die Entwicklung der Industrie, die Schaffung von Arbeitsplätzen und den Aufbau von Humankapital und Kapazitäten zu steuern, damit das Potenzial für Offshore-Energie genutzt und so das Wachstum in der ganzen EU gesteigert wird;
  • die weltweite Vorreiterrolle der EU in dem Sektor zu festigen und Unternehmen zu unterstützen;
  • Investitionen, die Integration der Wertschöpfungskette und den Handel zu fördern;
  • Forschung und Innovation in wichtigen Technikbereichen zu unterstützen und
  • die regionale und transnationale Entwicklungspolitik und Kooperation, auch mit Drittländern, zu verstärken.

Atomenergie unter einer tendenziösen Nachhaltigkeits-Lupe?

Wie die Online-Nachrichtenplattform EurActiv berichtete, hat die deutsche Bundestagsabgeordnete Sylvia Kotting-Uhl (Bündnis 90/Die Grünen) die EU-Kommission dafür kritisiert, dass die durch Euratom mitfinanzierte Gemeinsame Forschungsstelle (JRC) der Kommission die Umweltverträglichkeit von Atomenergie überprüfen soll.

In einem Brief, der sowohl an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und ihren Vizepräsidenten Frans Timmermans als auch an die Bundesumweltministerin Svenja Schulze und Bundesforschungsministerin Anja Karliczek ging, zeigte sich Kotting-Uhl empört darüber, dass die JCR der EU-Kommission von selbiger damit beauftragt werden soll, in einer Studie zu bewerten, wie nachhaltig Atomenergie sei. Die Behörde sei befangen und „auf keinen Fall in der Lage, hier eine objektive Entscheidung zu fällen.“

Hintergrund der Studie ist der Streit zwischen den EU-Mitgliedstaaten um die EU-Taxonomie, der ab 2021 geltenden Klassifizierung von wirtschaftlichen Aktivitäten, die das Label „nachhaltige Investition“ tragen dürfen. Im Dezember des vergangenen Jahres einigten sich die Mitgliedstaaten auf einen Kompromiss, der Erdgas und Atomenergie – anders als Braunkohle – als „Übergangstechnologien“ zulässt (EU-News vom 19.12.2019).

Bereits damals gingen die Lesarten des Kompromisstextes auseinander: Wegen des „Do-No-Harm“-Prinzips, das sehr hohe Hürden für den Umweltschutz festlegt, würde Atomenergie für ein nachhaltiges Finanzprodukt nie in Frage kommen, äußerte der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold. Anders das EU-Parlament: Gas und Kernenergie seien nicht ausdrücklich von der Verordnung ausgenommen. Beide Energieformen könnten „als Übergangsmaßnahmen bezeichnet werden.“

Der JRC-Bericht soll eigentlich Anfang des kommenden Jahres erscheinen. Auf Grundlage der Ergebnisse will die Kommission bis Ende 2021 in delegierten Rechtsakten konkrete Kriterien für die Taxonomie festzulegen.

Ausgaben für Strukturwandel stärker an Klima- und Umweltzielen ausrichten

Der Europäische Rechnungshof macht in einer Stellungnahme darauf aufmerksam, dass der jüngste Vorschlag der EU-Kommission für den Fonds für einen gerechten Übergang (Just Transition Fund, JTF), der Regionen und Wirtschaftsbereiche in der EU beim Strukturwandel hin zum CO2-neutralen Wirtschaften unterstützen soll, hinter den europäischen Klima- und Umweltzielen zurückbleibt. Die Prüfer*innen empfehlen, die Bereitstellung von finanziellen Mitteln stärker an Bedarf und Leistungserbringung anzupassen. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass der notwendige Strukturwandel nicht stattfinde und der Übergang zu einer grünen Wirtschaft erneut finanziert werden müsse.  

Die am Mittwoch veröffentliche Stellungnahme bezieht sich auf den Kompromiss der EU-Staats- und Regierungschef*innen zum siebenjährigen Haushalt und Aufbaufonds. Insgesamt soll der Fonds mit 20 Milliarden Euro ausgestattet werden. [aw]

EU-Kommission: Green Deal: Öffentliche Konsultation zu erneuerbarer Offshore-Energie startet 

EU-Kommission: Offshore renewable energy strategy (demnächst auf auf Deutsch verfügbar)   

EurActiv: Kritik an EU-Kommission wegen Bericht über Atomenergie   

Europäischer Rechnungshof: Opinion No 05/2020 on the proposals for establishing a Just Transition Fund     

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