EU einig bei Klassifikation nachhaltiger Investitionen
Die EU-Staaten und das EU-Parlament haben sich am Montag auf einen Kompromiss darüber verständigt, welche wirtschaftlichen Aktivitäten künftig als nachhaltig gelten dürfen. Atomenergie wird wohl als Übergangstechnologie deklariert.
In der vergangenen Woche hatten Frankreich, einige mittel- und osteuropäischen Länder sowie das Vereinigte Königreich eine Kompromissformel noch abgeblockt (EU-News vom 12.12.2019). Grund dafür war ein de-facto Ausschluss von Nuklearenergie. Wegen des „Do-No-Harm“-Prinzips, das sehr hohe Hürden für den Umweltschutz festlegt, wäre Atomenergie nicht in Frage gekommen.
Laut dem grünen Europaabgeordneten Sven Giegold enthält der neue Text leichte Änderungen mit Symbolcharakter, die nun auch den atomkraftfreundlichen Mitgliedstaaten eine Zustimmung erlaubten. Giegold findet, dass sich am Inhalt nichts ändere, denn die Hürden für Atomkraft in der technischen Analyse der Kommission blieben weiter so hoch, dass Atomkraft „nie den Weg in ein nachhaltiges Finanzprodukt finden werde.“ Es geht nach wie vor um die Bewertung von langfristigen Umweltschäden, die durch die Lagerung des Atommülls entstünden.
Das EU-Parlament betonte in einer Pressemitteilung jedoch, dass die neue Regelung technikneutral sei. Nur feste fossile Brennstoffe wie Braunkohle werden nicht als nachhaltig definiert. Gas und Kernenergie seien nicht ausdrücklich von der Verordnung ausgenommen. Diese Tätigkeiten können „als Übergangsmaßnahmen bezeichnet werden.“
Die genauen Schwellenwerte für die Definition von Nachhaltigkeit muss die Kommission noch ausarbeiten. Diesem Vorschlag müssen Ministerrat und EU-Parlament dann noch zustimmen, bevor die Klassifizierung in der Praxis angewendet wird.
Das europäische Büro des WWF begrüßte die Einigung: Das endgültige Ergebnis sei ein robuster und ausgeglichener Deal. Ähnlich sieht es die Umweltorganisation Transport & Environment (T&E): Die Taxonomie werde ein Eckpfeiler für nachhaltige Finanzen sein, um Investitionen in eine neue saubere Wirtschaft zu ermöglichen.
Auch die EU-Kommission begrüßte das positive Verhandlungsende. Diese Taxonomie werde das weltweit erste Klassifizierungssystems für nachhaltige wirtschaftliche Tätigkeiten sein. Sowohl der Rat der EU als auch das EU-Parlament stimmten dem Kompromiss von Montag bereits formal zu. [aw]
Kompromisstext zur Taxonomie-Verordnung
Sven Giegold: Klassifizierung nachhaltiger Investments: Happy End ohne Erleichterungen für Atomkraft
WWF EU: EU Parliament agrees updated sustainable finance deal
T&E: EU goes to war against greenwashing of finance
EU-Kommission: Kommission begrüßt Einigung auf „grüne Liste“ für Finanzmärkte
EU-Parlament: Klimawandel: Neue Regeln für nachhaltige Investitionen