One Ocean-Konferenz und Walschutz
In der vergangenen Woche endete die internationale Meereskonferenz „One Ocean Summit“ im französischen Brest. Das Gipfeltreffen hatte vier Themenschwerpunkte: Erhaltung der biologischen Vielfalt, Meeresverschmutzung, Ozeane als Lösung für den Klimawandel und Forschung.
Einheitliche Regeln für die Hohe See - und was ist mit dem Tiefseebergbau?
Anlässlich der Konferenz hat die EU-Kommission sich am 11. Februar einem Bündnis für grenz- und Rechtsräume überschreitenden Biodiversitätsschutz (Biodiversity Beyond National Jurisdiction – BBNJ) angeschlossen. Das BBNJ-Bündnis vereint Parteien, die sich auf höchster politischer Ebene für ein ehrgeiziges Ergebnis der laufenden Verhandlungen über einen Vertrag über die Hohe See („Durchführungsvertrag über die biologische Vielfalt jenseits der nationalen Gerichtsbarkeit“) unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen einsetzen. Neben der EU-Kommission traten auch alle 27 EU-Mitgliedstaaten bei. Laut Berichten des Umweltinformationsdienstes ENDS Europe bereitete die nach wie vor vorhandene Gefahr der Ausweitung des Tiefseebergbaus aber verschiedenen Nichtregierungsorganisationen Kopfzerbrechen (siehe auch „Brest wishes“ von The Varda Group). Denn ein BBNJ-Abkommen würde einheitliche Anforderungen für Umweltverträglichkeitsprüfungen für Aktivitäten wie Fischerei und Tiefseebergbau festlegen. ENDS zitierte Sara Tironi von Seas At Risk, die kritisierte, dass – egal wie gut die Regeln seien – Tiefseebergbau immer zu irreversiblen negativen Folgen für die Umwelt führe. Das Gastgeberland Frankreich hat bisher vermieden, das Moratorium für Tiefseebergbau der Weltnaturschutzunion IUCN (EU-News 14.09.2021) zu unterzeichnen.
Digitalisierung, Forschung, illegale Fischerei
Neben dem Start des BBNJ-Bündnisses stellte die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in ihrer Rede bei dem Gipfeltreffen zwei weitere Schlüsselinitiativen für die europäische Zusammenarbeit zum Schutz und zur Wiederbelebung der Ozeane vor: ein umfangreiches Projekt, das es Forschern ermöglicht, die Weltmeere digital zu simulieren (European Digital Twin of the Ocean – European DTO) und die EU-Forschungsmission zur Wiederbelebung unserer Ozeane und Gewässer bis 2030 („Mission Seestern“).
Umweltaktive aus den USA, Japan und der EU forderten die teilnehmenden Staaten im Vorfeld der Konferenz auf, entschiedener gegen illegale und unregulierte (IUU) Fischereiaktivitäten vorzugehen. Auch die Meeresschutzorganisation Oceana unterstützte den offenen Brief. IUU sei eine der größten Bedrohungen für die nachhaltige Fischerei sowie für die Funktion und den Schutz der Meere.
Bei seiner Rede auf der Konferenz betonte EU-Ratspräsident Charles Michel, dass der ernste und schwierige Zustand der Meere kein weiteres Aufschieben erlaubt: „Wir haben nicht das Recht, Fehler zu machen, wir haben nicht das Recht, zu zögern.“ Es sei auf europäischer Ebene und weltweit festzustellen, dass politische Entscheider, wirtschaftliche und gesellschaftlichen Akteure angesichts der anzugehenden Herausforderungen vor einem radikalen Wandel stünden.
DUH: Deutsche Offensive soll konkretere Abfallvermeidungsmaßnahmen nennen
Nicht weitreichend und radikal genug schien der Deutschen Umwelthilfe (DUH) der Vorstoß der Bundesumweltministerin Steffi Lemke, die auf dem internationalen Meeresgipfel eine „Offensive gegen Meeresmüll und für saubere Ozeane“ angekündigt habe. „Konkrete Maßnahmen in Deutschland und Europa zur Lösung des Abfallproblems an der Quelle, nämlich bei der alles entscheidenden Vermeidung von Müll, wurden jedoch mit keinem Wort erwähnt“, kritisierte die DUH. Entgegen der Ankündigung von Lemke übernehme Deutschland innerhalb der EU keine führende Rolle beim Kampf gegen die Müllberge. So hätten im Januar 2022 Österreich, die Niederlande, Luxemburg, Schweden und Dänemark die EU-Kommission zur Einführung eines Abfallvermeidungsziels und verbindlicher Mehrwegquoten aufgefordert. Deutschland habe sich an dieser beispielgebenden Länderinitiative weder beteiligt, noch diese öffentlich unterstützt, so die DUH.
Teil der angekündigten Offensive der Bundesregierung ist die finanzielle Unterstützung der Clean Oceans Initiative. Diese von verschiedenen Finanzinstituten und Regierungen getragene Initiative verdoppelte nach eigenen Angaben ihr Engagement, bis 2025 rund vier Milliarden Euro für den Schutz der Ozeane bereitzustellen. Die European Bank for Reconstruction and Development (EBRD) gehört seit dem Gipfeltreffen ebenfalls zur Initiative, die auch von der KfW-Bank unterstützt wird.
500.000 unterstützen Petition für Wale und Delfine
Über eine halbe Million EU-Bürger*innen haben die Petition zum Schutz von Meeressäugern, die als Beifang in Fischernetzen enden, unterstützt. Vergangene Woche übergaben Meeresschutzorganisationen die Petition an Regierungsvertreter aus Spanien, Frankreich und die EU-Kommission. Sechs Umweltschutzorganisationen - Seas At Risk, Blue Planet Society, France Nature Environnement, Ecologistas en Acción, Whale and Dolphin Conservation und ClientEarth - forderten die französische und die spanische Regierung auf, wirksame Maßnahmen zu ergreifen, die den wissenschaftlichen Empfehlungen entsprechen, dazu gehöre auch die vorübergehende Schließung der für den Delfinfang verantwortlichen Fischereien während der Hauptbeifangzeit. Auch die Europäische Kommission stehe unter Handlungsdruck: Zwar habe sie 2019 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die beiden Länder eingeleitet, müsse aber weitere Maßnahmen zum Schutz der Meeressäuger ergreifen.
Der WWF hat in einer neuen Studie Protecting Blue Corridors auf „dringenden Handlungsbedarf“ verwiesen, damit Wale angesichts der zunehmenden Bedrohung entlang ihrer Wanderrouten besser geschützt werden. In Zusammenarbeit von mehr als 50 Forschungsgruppen seien weltweit Satellitenspuren von 900 wandernden Walen analysiert worden und 30 Jahre wissenschaftliche Daten in einem Bericht und Übersichtskarten zusammengefasst worden. Fischerei, Schiffskollisionen, Chemikalien-, Plastik- und Lärmbelastung, Lebensraumverlust und Klimawandel schafften einen gefährlichen und manchmal tödlichen Hindernisparcours, sagte Chris Johnson vom WWF. „Das bei Weitem Tödlichste ist das Verheddern in Fischereigeräten, das jedes Jahr schätzungsweise 300.000 Wale, Delfine und Schweinswale tötet. Noch schlimmer ist, dass dies von der Arktis bis zur Antarktis geschieht.“ [jg]
EU-Kommissionsmeldung: Protecting the ocean, time for action - High Ambition Coalition on Biodiversity Beyond National Jurisdiction
EU-Kommission: „One Ocean“-Gipfeltreffen: Neue Schritte stärken Führungsrolle der EU beim Schutz der Ozeane
Seas At Risk: US, EU, and Japan NGOs Call on Nations to Stop Illegal Fishing at Upcoming One Ocean Summit in France
Remarks by President Charles Michel at the One Ocean Summit in Brest
ENDS Europe (kostenpflichtig): Concern over deep-sea mining as France hosts oceans summit
Seas At Risk: More than half a million citizens demand action to save thousands of dolphins from fishing nets in France and Spain
Wattenmeer als Müllkippe einer verfehlten Hafenplanung?
Die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN) hat sich am Montag gegen die Verklappung von Hafen-Schlick vor die Vogelschutzinsel Scharhörn sowie in der tiefen Nordsee ausgesprochen. Das Wattenmeer und die Nordsee seien „keine kostengünstige Müllkippe verfehlter Hafenpolitik“, so die SDN. Weiterlesen
Raumordnungspläne in Ost- und Nordsee in Kraft
Am 9. Februar sind die Managementpläne für die Schutzgebiete in der deutschen Ostsee in Kraft getreten. Damit werden laut Bundesumweltministerium konkrete Maßnahmen des Bundes in allen deutschen Meeresnaturschutzgebieten festgelegt, über 30 Prozent der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) von Nord- und Ostsee stünden nunmehr unter Schutz. Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) werde nun alle nötigen Schritte einleiten, um zum Beispiel Unterwasserlärm zu reduzieren, Schadstoffeinträge zu reduzieren, Riffe wiederherzustellen oder naturverträglichere Fischfangmethoden zu erforschen. Weiterlesen