Zustandsbericht Fischereipolitik und Pläne für 2023
Die EU-Kommission hat eine fischereipolitische Mitteilung zum Status Quo und den Plänen für das nächste Jahr veröffentlicht. Besonders das Mittelmeer braucht mehr Schutz. Die Gutachten des Internationalen Rates für Meeresforschung (ICES) zur Ostsee sind aus Umweltsicht ebenfalls besorgniserregend.
EU-Kommission: Trotz geringerer Überfischung weitere Anstrengungen nötig
„Auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Fischerei in der EU: Stand der Dinge und Orientierungen für 2023“ - so heißt die Mitteilung der EU-Kommission vom Mittwoch, die zusammen mit einem Arbeitsdokument für die Dienststellen veröffentlicht wurde. Sie zieht darin Bilanz über die Erfolge der bisherigen EU-Fischereipolitik und setzt ihre Agenda für das kommende Jahr. Zwar konnte die Überfischung in den europäischen Gewässern etwas reduziert werden, aber die Meeresressourcen bräuchten dennoch weiter Schutz. Dies gelte sowohl innerhalb der EU als auch in der Zusammenarbeit mit Nicht-EU-Ländern wie Norwegen, dem Vereinigten Königreich und den Küstenstaaten.
Die EU-Kommission beschreibt die Bestände im Nordostatlantik durchschnittlich auf einem nachhaltigen Niveau. Im Mittelmeer habe sich die Lage zwar verbessert, aber es sei „noch ein weiter Weg zu gehen“. In der Ostsee behindere der niedrige Sauerstoffgehalt des Wassers infolge der Eutrophierung (Überdüngung, zu viel Nährstoffeintrag) das normale Wachstum und die Fortpflanzung der Fische. Die Prioritäten der EU-Kommission für 2023 sind:
- Besseres Fischereimanagement im Mittelmeer, aufbauend auf den Erfolgen im westlichen Mittelmeer und in der Adria;
- Ordnungsgemäße Umsetzung der Anlandeverpflichtung;
- bessere Daten aus Erhebungen zur Verbesserung der wissenschaftlichen Gutachten und wirtschaftlichen Analysen;
- mehr Maßnahmen zum Schutz der Meeresökosysteme.
Auch die überarbeitete Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie soll 2023 herauskommen.
Ostsee-Gutachten zeigen keine Verbesserung für Fischbestände
Der Internationale Rat für Meeresforschung (ICES) hat Ende Mai seine Gutachten für die Bestände verschiedener kommerzieller Fischarten in der Ostsee veröffentlicht und Empfehlungen für Fangquoten 2023 gegeben. Die Meeresschutzorganisation Seas At Risk mahnte angesichts des weiterhin „katastrophalen Zustand[s]“ der Fischpopulationen einen „Neustart“ an.
Der ICES empfiehlt geringfügige Erhöhungen für drei Bestände (Dorsch der westlichen Ostsee, Scholle und Hering des Hauptbeckens), Senkungen für drei Bestände (Hering der Bottnischen Meere, Sprotte und Rigaer Hering), einen Fangstopp für den Dorschbestand im Osten sowie eine Fortschreibung der Fangquoten der letzten Jahre für die beiden Lachsbewirtschaftungsgebiete. Das Gutachten für einen weiteren stark dezimierten Bestand, den Hering in den westlichen Zonen, soll zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht werden.
Trotz der bereits geltenden verschärften Fischereibeschränkungen seien viele Bestände auf einem „besorgniserregend niedrigen Niveau“, kritisierte Seas At Risk. Die Regierungen in der Region müssten dringend ein vorsorgeorientiertes, ökosystembasiertes Fischereimanagement einführen und die Kontrolle und Durchsetzung verstärken, so die Organisation.
Die fortgesetzte Überfischung werde dauerhafte Auswirkungen haben, die nicht nur die Funktionsfähigkeit des Ökosystems zerstören, sondern auch die davon abhängige Industrie gefährden, warnte Rebecca Hubbard von der Kampagne Our Fish. Die EU-Kommission solle sicherstellen, „dass für die gesamte Fischerei in der Ostsee Klima- und Ökosystemfolgenabschätzungen durchgeführt werden". Die Mitgliedstaaten wiederum müssten die wenigen verfügbaren Quoten an die Fischerbetriebe mit den geringsten Umweltauswirkungen und dem größten sozialen und wirtschaftlichen Nutzen vergeben, so Hubbard. [jg]
Pressemitteilung: Kommissions-Bericht zeigt Fortschritte im Kampf gegen Überfischung und beleuchtet Folgen des russischen Kriegs für die EU-Fischereiflotte
Communication: Towards more sustainable fishing in the EU: state of play and orientations for 2023
Seas At Risk: No improvement for collapsed stocks – time for a reboot in the Baltic Sea
Strukturierter Dialog über EU-Umweltpolitik
EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius hat am 30. Mai die Pläne der EU-Kommission für das Restjahr 2022 und einen Ausblick auf 2023 im Umweltausschuss des EU-Parlaments vorgestellt und debattiert. Unter anderem ging es auch um Aquakultur und die Überarbeitung der Meeresstrategierahmen-Richtlinie. Rede Sinkevičius und Videomitschnitt