Arzneimitteltests: Schweine statt Affen
Das neue EU-Verbundprojekt „NHPig“ soll fördern, dass nicht-klinische Sicherheitstests für Arzneimittel künftig an Schweinen statt an Primaten durchgeführt werden. Der Deutsche Tierschutzbund kritisiert das mit 17,5 Millionen Euro geförderte Projekt scharf, da es als „Steigerung des Tierwohls“ dargestellt wird. Knapp 8,5 Millionen Euro stammen von der EU.
Aktuell sind Tierversuche an Primaten in der EU für bestimmte Sicherheitsprüfungen von Arzneimitteln gesetzlich vorgeschrieben, obwohl deren Einsatz gemäß der EU-Tierversuchsrichtlinie möglichst vermieden werden soll. Der Deutsche Tierschutzbund sieht die Verwendung von Schweinen als Ersatz für Primaten jedoch als problematisch an. Jessica Rosolowski, Referentin für tierversuchsfreie Wissenschaft beim Deutschen Tierschutzbund, kritisiert, dass das Projekt das Tierleid lediglich von einer Spezies auf eine andere verlagere und die ethischen Probleme weiterhin bestehen bleiben. Das Projekt widerspreche auch dem Ziel der EU, Tierversuche durch tierversuchsfreie Methoden zu ersetzen.
Wo bleibt die Förderung von tierversuchsfreien Methoden?
Der Tierschutzbund weist darauf hin, dass anstelle der Förderung von Projekten wie „NHPig“ Geld in tierversuchsfreie Forschung investiert werden sollte. Besonders vielversprechend seien Methoden wie die Züchtung von Geweben und Organen aus menschlichen Zellen im Labor oder der 3D-Druck von Organen. Diese Methoden böten den Vorteil, dass sie auf menschlichen Zellen basieren und daher bessere Übertragbarkeit auf den Menschen ermöglichen. Zudem können Therapien sogar individualisiert werden, wenn Zellen der jeweiligen Patienten verwendet werden. Auch die Artunterschiede und die damit verbundene Unsicherheit bei der Übertragung von Ergebnissen aus Tierversuchen auf den Menschen fallen bei diesen modernen Ansätzen weg.
Die Ludwig-Maximilians-Universität München koordiniert das Projekt, das von Eckhard Wolf geleitet wird. Wolf argumentiert, dass sich die Ablehnung von Tierversuchen schnell ändern könne, „wenn man selbst oder eine nahestehende Person eine neue Therapie benötigt. Dann hat jeder ein größtmögliches Interesse, dass diese Therapien wirken und keine unerwarteten Nebenwirkungen auftreten.“ Er verweist dazu auf Contergan, das bei Mäusen, Ratten und Kaninchen keine Komplikationen hervorrief, wohl aber später bei Menschen und auch Affen. Daher sei es wichtig, „die richtige Zielspezies auszuwählen“.
Ziel sei es zu klären, wo „nichthumane Primaten tatsächlich durch Schweinemodelle ersetzt werden können“ und generell „auch Ersatzmodelle“ zu entwickeln, „die ganz ohne Tierversuche auskommen“. [ah]
Interview mit Eckhard Wolf Webseite der LMU