Auseinandersetzung um Reserveantibiotika in Massentierhaltung geht weiter
Die EU-Kommission wird in Kürze über Reserveantibiotika in der Massentierhaltung entscheiden. Voraussichtlich werden zu wenig antibiotische Medikamente für die Gabe an Tiere untersagt. Kritiker bemängeln, dass damit Resistenzbildungen ungehindert fortschreiten.
Seit dem 28. Januar gilt die neue EU-Tierarzneimittelverordnung. Wie der DNR berichtete, regelt sie den Umgang mit Reserveantibiotika völlig unzureichend. Diese sind weiterhin in der Tierhaltung zugelassen, was das Fortschreiten antibiotikaresistenter Keime befördert und schwere Gesundheitsschäden bei Menschen in Kauf nimmt, wenn die Arzneien nicht mehr anschlagen.
Martin Häusling, Schattenberichterstatter der Grünen im EU-Parlament zur Verordnung, warnt nun, dass die EU-Kommission kurz davor steht, über eine Liste mit etwaigen Reserveantibiotika zu entscheiden. Hierbei geht es um die Gabe in der Tiermast, nicht die Versorgung von Haus- und Einzeltieren. Um eine solche Liste, die die Vergabe strenger regelt, hatte der Grüne die Kommissarin für Lebensmittelsicherheit und Gesundheit Stella Kyriakides Anfang des Jahres gebeten.
Häusling kritisiert die nun vorliegende Auflistung als unzureichend. Sie beruht auf einer Ausarbeitung der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA, die die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation ignoriere und „kein einziges Antibiotikum“ verbiete, „was nicht jetzt auch schon verboten wäre“.
Selbst Colistin wird bislang nicht verboten
Die besondere Dringlichkeit zeigt sich beispielhaft an dem Medikament Colistin. Es ist ein Reserveantibiotikum, das bei sehr schweren Infektionen gegeben wird und bei dem bereits 2015 bekannt wurde, dass Bakterien die Eigenschaft der Colistin-Resistenz an andere Bakterien weitergeben können. Selbst dieses Mittel taucht nicht auf der Liste der EU-Kommission auf.
Einspruch gegen die Liste
Häusling und weitere EU-Parlamentarier*innen haben Einspruch gegen die Liste der Reserveantibiotika eingelegt. Über diesen Einspruch wird am 14. Juni der Umweltausschuss des EU-Parlaments (EP) abstimmen. Da es sich bei der Festlegung der Liste um einen Durchführungsrechtsakt handelt, muss die EU-Kommission das Veto des EPs allerdings nicht berücksichtigen. [ah]
Hintergrundinfos Martin Häusling