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Berechtigter Knatsch um Wiederaufbaupläne
EU-News | 02.06.2022
#Biodiversität und Naturschutz #EU-Umweltpolitik

Berechtigter Knatsch um Wiederaufbaupläne

Junges Pflänzchen im Sonnenlicht
© pixabay/eko pramono

Die Coronakrise soll mit vielen Milliarden aus der Aufbau- und Resilienzfazilität (RRF) ausgeglichen werden. Aber ob die Gelder korrekt verwendet werden, bedarf der Kontrolle. Ein neuer Bericht von CEE Bankwatch und Euronatur zeigt kritische Projekte für die Biodiversität in neun Ländern. Zwei Parlamentsausschüsse fordern Rechtsstaatlichkeit, wirksame Verwendung der Gelder und eine Ablehnung der Pläne Polens und Ungarns in ihrer jetzigen Form.

CEE Bankwatch und Euronatur kritisieren Finanzierung umweltschädlicher Maßnahmen

Das größte Konjunkturpaket aller Zeiten und Herzstück von NextGenerationEU, die Aufbau- und Resilienzfazilität (RRF) aus dem letzten Jahr, soll bis 2027 wichtige Triebkraft für den „grünen“ Aufschwung in Europa sein. Siebenunddreißig Prozent der insgesamt 672,5 Milliarden Euro sollen eigentlich in den grünen Wandel fließen – auch in den Biodiversitätsschutz. Und doch sollen weniger als ein Prozent der RRF in Naturschutzprojekte investiert werden.

Die Organisationen CEE Bankwatch und Euronatur haben in den RRF-Konjunkturprogrammen auf der Ebene der Mitgliedstaaten zahlreiche Maßnahmen gefunden, die aus Umweltsicht mehr als fragwürdig sind. Es gibt im Gegenteil Projekte, die der biologischen Vielfalt schaden würden, außerdem war der Entwurfsprozess in vielen Ländern von Geheimhaltung geprägt. In einem Bericht haben die beiden Organisationen kontroverse Maßnahmen und Mängel im Konsultationsprozess in neun Ländern Mittel- und Osteuropas unter die Lupe genommen. Beispielsweise müsse die bulgarische Regierung festlegen, dass für erneuerbare Energien sensible natürliche Lebensräume gemieden werden. In Polen dürften zu den 77.000 existierenden Barrieren nicht noch zusätzliche Hindernisse in Fließgewässern errichtet werden. In Slowenien scheinen die Pläne für nachhaltige Wälder eher zu einer noch intensiveren Nutzung von Holz zu führen. Und die geplante Aufforstung in Rumänien sei zum Scheitern verurteilt, wenn nicht gegen Abholzung und Korruption vorgegangen werde, so die Organisationen.

Wiederaufbaugelder: rechtsstaatlich, wirksam, transparent und mit „grüner Säule“

Die RRF-Umsetzung in den nationalen Konjunkturprogrammen muss während ihrer gesamten Laufzeit auf ihre Rechtsstaatlichkeit und Effizienz überprüft werden. Das haben am Montag die Ausschüsse für Haushalt (BUDG) und Wirtschaft (ECON) in einem gemeinsamen Bericht gefordert. Die EU-Kommission plant, ihre Auswertung der eingereichten RRF-Programme der Mitgliedstaaten bis 31. Juli vorzulegen.

Die vom EU-Wiederaufbauplan finanzierten nationalen Konjunkturprogramme müssten aus Sicht der Parlamentsausschüsse „Widerstandsfähigkeit, Autonomie und sozialen Schutz stärken“, eine maximale Rendite erreichen sowie transparent verfolgbar sein. Es gelte, Missbrauch, Doppelfinanzierung oder die Überschneidung von Zielen mit anderen EU-Förderprogrammen zu verhindern. Die Entwürfe der nationalen Pläne Polens und Ungarns dürften nicht genehmigt werden, solange Bedenken hinsichtlich der Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit, der Unabhängigkeit der Justiz und der Maßnahmen zur Bekämpfung von Betrug, Interessenkonflikten und Korruption bestehen, so die Abgeordneten.

Die EU-Kommission sollte die Ausgaben regelmäßig prüfen, um die finanziellen Interessen der EU zu schützen. Die Abgeordneten erwarteten zudem eine kontinuierliche Überwachung der Umsetzung der sechs Säulen der RRF sowie des 37-Prozent-Ziels für grüne Ausgaben und des 20-Prozent-Ziels für digitale Themen. Aus Sicht von BUDG und ECON sollten sich Investitionen und Reformen auf die Stärkung der strategischen Autonomie der EU in wichtigen Lieferketten und kritischen Infrastrukturen konzentrieren. Außerdem müssten die Mittel wirksam eingesetzt werden, um die Bürgerinnen und Bürger sowie die Realwirtschaft zu erreichen, damit die sozialen und ökonomischen Auswirkungen der Krise abgemildert werden, so die Abgeordneten von BUDG und ECON.

Am 1. Juni hat die EU-Kommission den polnischen Wiederaufbauplan genehmigt. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen knüpfte die Genehmigung dieses Plans allerdings „an klare Verpflichtungen Polens in Bezug auf die Unabhängigkeit der Justiz“, bevor eine tatsächliche Zahlung erfolgen könne. [jg]

CEE Bankwatch und Euronatur: Pressemitteilung (deutsch), Tabellarischer Kurzüberblick (engl.) und vollständiger Bericht: BEHIND THE ‘GREEN RECOVERY. How the EU recovery fund is failing to protect nature and what can still be saved

EU-Parlament: National recovery plans should boost resilience, autonomy and social protection

Europäische Kommission billigt polnischen Aufbau- und Resilienzplan

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