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Ernüchternde Trilog-Einigung über Euro 7
EU-News | 20.12.2023
#Mobilität

Ernüchternde Trilog-Einigung über Euro 7

Verkehrsklimaschutz steht im Stau
© Pixabay
Verkehrsklimaschutz steht im Stau

Rat und Parlament haben am 18. Dezember eine vorläufige Einigung über Emissionsgrenzwerte für Straßenfahrzeuge erzielt. Umweltverbände kritisieren, dass die Grenzwerte für giftige Stickoxide und die Partikelmasse von Neuwagen unverändert blieben. Euro 7 sei keine Lösung für das Mikroplastikproblem in Europa.

Noch ist sie nicht formell bestätigt, aber eine vorläufige Einigung über Euro 7 und damit die „Verordnung über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen und Motoren sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge hinsichtlich ihrer Emissionen und ihrer Batterielebensdauer“ steht. Erstmals umfasst ein einziger Rechtsakt Pkw, Lieferwagen und schwere Nutzfahrzeuge. Es geht um Regeln für Fahrzeugemissionen und bessere Luftqualität im Straßenverkehr.

Die Euro-6-Emissionsgrenzwerte für Pkw und Transporter werden beibehalten, die Grenzwerte für Busse und Lkw jedoch gesenkt. Außerdem werden Grenzwerte für Partikel, die von Bremsen (insbesondere bei Elektrofahrzeugen) ausgestoßen werden, und Anforderungen an die Lebensdauer eingeführt. Die Vereinbarung begrenzt die Emission von Feststoffpartikeln mit einem Durchmesser ab 10 Nanometer anstelle von 23 Nanometer wie in Euro 6. Für schwere Busse und Lkw sieht die Einigung strengere Grenzwerte für verschiedene Schadstoffe vor, darunter auch für Schadstoffe, die in Euro 6 nicht geregelt waren, wie Stickstoffoxid.

Die Grenzwerte für Bremsenemissionen liegen für Pkw und Lieferwagen bei 3 Mikrogramm pro Kilometer (mg/km) im Standardfahrzyklus für reine Elektrofahrzeuge und 7 mg/km für alle anderen Antriebsarten vor. Für schwere Lastkraftwagen enthält die Vereinbarung spezifische Grenzwerte, nämlich 5 mg/km für reine Elektrofahrzeuge und 11 mg/km für andere Antriebsarten. Außerdem gibt es strengere Anforderungen an die Lebensdauer aller Fahrzeuge, sowohl was die Kilometerleistung als auch die Lebensdauer betrifft; diese beträgt nun bis zu 200.000 Kilometer oder 10 Jahre für Pkw und Lieferwagen.

Die Vereinbarung sieht verschiedene Termine für die Anwendung der Verordnung nach ihrem Inkrafttreten vor:

  • 30 Monate für neue Pkw- und Transportertypen und 42 Monate für Neufahrzeuge
  • 48 Monate für neue Typen von Bussen, Lastkraftwagen und Anhängern und 60 Monate für Neufahrzeuge
  • 30 Monate für neue Systeme, Bauteile oder selbständige technische Einheiten, die in Autos und Lieferwagen eingebaut werden sollen, und 48 Monate für solche, die in Bussen, Lastkraftwagen und Anhängern eingebaut werden sollen.

T&E: „Schamlose Kapitulation vor der Autoindustrie“

Die verkehrskritische Organisation Transport and Environment (T&E) kritisierte, dass die EU-Gesetzgeber die Grenzwerte für den Ausstoß von Stickoxiden (NOx), Kohlenmonoxid und Kohlenwasserstoffen sowie die Partikelmasse von Neuwagen unverändert beibehalten haben. Die neue Euro-7-Norm würde die bestehenden Euro-6-NOx-Grenzwerte beibehalten, nämlich 60 Milligramm pro Kilometer für Benziner und 80 mg/km für Dieselfahrzeuge. Dass die Gesetzgeber den von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Grenzwert von 60 mg/km für Dieselfahrzeuge verwarfen, nennt T&E einen „Rückschlag“ und eine „schamlose Kapitulation vor der Autoindustrie“. Aus Sicht von T&E sollte das Europäische Parlament die Vereinbarung ablehnen. Ansonsten könnten Autohersteller neue Fahrzeuge als „Euro 7“ ausgeben, obwohl sie praktisch nicht sauberer sind als unter der 2014 vereinbarten Euro 6-Norm. Kürzlich hatten große europäische Zeitungen berichtet, wie die Autoindustrie eine auf Fehlinformationen basierende Lobbykampagne gestartet hatte, um die ursprünglichen Pläne für Euro 7, die 35.000 vorzeitige Todesfälle verhindert hätten, zu schwächen. Das Gesetz wird Grenzwerte für fast 100 Millionen Benzin- und Dieselfahrzeuge festlegen, die nach 2025, wenn es in Kraft treten soll, in Europa verkauft werden. T&E warnte davor, dass die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger jahrzehntelang unter der Aufweichung leiden wird.

Die für umweltfreundliche Standards aktive Organisation Environmental Coalition on Standards (ECOS) kritisierte ebenfalls, dass Euro 7 das Mikroplastikproblem in Europa nicht lösen werde. ECOS-Sprecher Mathias Falkenberg sagte: „Wir müssen Reifen, die große Mengen an Mikroplastik ausstoßen, von unseren Straßen verbannen – ein Übergang, den Euro 7 unterstützen kann. Bei stetig größer, schwerer und zahlreicher werdenden Fahrzeugen werden verbesserte Reifen ohne ergänzende politische Maßnahmen jedoch nicht ausreichen, und die Gesamtrate der Reifenabfälle wird weiter steigen, was das Ziel der EU, Mikroplastik bis 2030 um 30 Prozent zu reduzieren, behindern wird.“ [jg]

 

Rat: Euro 7: Council and Parliament strike provisional deal on emissions limits for road vehicles

EU-Kommission begrüßt politische Einigung über die Euro-7-Verordnung

T&E: ‘Euro 7’ deal to freeze air pollution limits shows that the car lobby is back

ECOS: Euro 7: New EU car emission standard not enough to reduce microplastic pollution from tyres

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