Historischer Schritt: Tierschutz nun in OECD-Leitlinien
Die OECD hat Tierschutz in die aktualisierten Leitsätze für globale ethische Geschäftspraktiken aufgenommen. In der Organisation sind auch 22 Mitgliedstaaten der EU vertreten, deren Unternehmen das Wohlergehen von Tieren künftig in ihrer Firmenpolitik berücksichtigen sollen.
Es ist eine sehr gute Nachricht für Tierschützer*innen und Millionen von Tieren in der EU und weltweit: Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat Tierschutz zum ersten Mal explizit in ihre aktualisierten Leitsätze für internationale Unternehmen für verantwortungsbewusstes unternehmerisches Handeln (RBC) aufgenommen. Hiermit fordert sie Unternehmen auf, das Wohl von Tieren in ihren Geschäftspraktiken und der Unternehmenspolitik zu berücksichtigen.
Diese als globaler Maßstab für ethische Geschäftspraktiken geltenden Leitsätze könnten einen positiven Effekt auf den Umgang mit Tieren in allen 38 OECD-Mitgliedsländern haben. Die Aufnahme von Tierschutzrichtlinien soll Firmen unabhängig von ihrer Größe oder Branche zur Einhaltung globaler Tierschutzmaßgaben bewegen. Die letzte Aktualisierung des RBC hatte im Jahr 2011 stattgefunden, sodass die 2023er-Version nun auf bedeutsame gesellschaftliche Entwicklungen der letzten Dekade reagiert.
Zwar ist die Leitlinie für die Industrie rechtlich nicht bindend. Die 38 unterzeichnenden Mitgliedstaaten der OECD inklusive der EU22 sind jedoch zur Implementierung eines Beschwerdemechanismus verpflichtet, mithilfe dessen sich die Zivilgesellschaft direkt an Firmen wenden und die Missachtung des Tierwohls entlang der gesamten industriellen Wertschöpfungskette anprangern können soll. Die EU22 bezeichnet alle 22 Staaten, die sowohl Mitglied in der EU als auch in der OECD sind. Auch die Europäische Kommission nimmt an Treffen der OECD teil, ist jedoch kein Mitglied und besitzt zudem kein Stimmrecht.
Von der Entscheidung profitieren möglicherweise Milliarden Tiere in Laboren, landwirtschaftlichen Betrieben, der freien Natur oder in der Heimtierindustrie. Mit der Revision der Leitlinie übernimmt die OECD die Definition für Tierschutz der Weltorganisation für Tiergesundheit (WOAH) und erkennt damit das Empfindungsvermögen von Tieren an.
Tierschutzorganisationen sind erfreut über Aktualisierung der Leitlinie
Sophie Aylmer, Head of Farm Animals & Nutrition Policy bei der internationalen Tierschutzorganisation „Four Paws“, lobte die Entscheidung der OECD als „lang erwartete Erfolgsgeschichte für den Tierschutz“. Besonders die Orientierung an den „five domains“, dem aktuellsten Maßstab zur Beurteilung des Tierwohls, begrüßt die Organisation, da dies für die „Erfüllung hoher Standards und die Zukunftssicherheit der Leitlinien“ essentiell sei.
Auch die Europavertretung der Humane Society International (HSI), eine der größten Tierschutzorganisationen weltweit, begrüßt den Schritt der OECD. HSI-Präsident Jeffrey Flocken verwies auf die teils desaströsen Verhältnisse von Tieren in Tierversuchslaboren, Mutterschweinen in der industriellen Massentierhaltung sowie von Millionen Tieren auf Pelzfarmen. Damit die aktualisierten OECD-Standards einen positiven Einfluss auch auf das Leben dieser Tiere haben könnten, müssten sie als „Aufruf (…) dienen, Maßnahmen zur Abschaffung dieser unmenschlichen Praktiken zu ergreifen“. [mi]
Forum Wirtschaftsethik: Tierschutz in die Leitsätze für globale Unternehmen aufgenommen.
Four Paws: Pressemitteilung.
Humane Society International: Pressemitteilung.
OECD-Watch: Briefing Paper.