Lampen ohne Quecksilber, BPA-Einschränkung, Krebsschutz am Arbeitsplatz - und das letzte Glyphosatjahr?
Die EU-Kommission schlägt vor, keine Quecksilber-haltigen Lampen mehr zuzulassen. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA befürwortet eine drastische Senkung der zulässigen Tagesdosis des Weichmachers Bisphenol A (BPA). Es gibt neue Arbeitsschutzregeln gegen gefährliche Stoffe. Glyphosatgenehmigung läuft noch ein Jahr, Bericht für Wiedergenehmigung hat laut PAN Germany Mängel.
Potenzielles Aus für Quecksilber in Lampen erntet Applaus
Das Europäische Umweltbüro und die energiepolitische Organisation CLASP haben letzten Freitag Vorschläge der EU-Kommission zum schrittweisen Ausstieg aus allen quecksilberhaltigen Kompakt- und linearen Leuchtstofflampen (CFL und LFL) für allgemeine Anwendungen in den kommenden zwei Jahren begrüßt.
Die Richtlinie zur Beschränkung gefährlicher Stoffe (RoHS) erlaubt bisher die Verwendung von Quecksilber in Leuchtmitteln über eine Ausnahmeliste. CFLs und LFLs seien bisher toleriert worden, weil es nur wenige quecksilberfreie Alternativen gab. Dabei gebe es für Quecksilberlampen aus Sicht von EEB und CLASP sowie vielen Expert*innen längst eine Alternative, da effizientere, quecksilberfreie Leuchtdioden (LEDs) auf dem europäischen Markt weithin verfügbar seien.
Michael Scholand von CLASP Europe, sagte, dass trotz der jahrelangen Verzögerung der Entscheidung die Energieeinsparungen immer noch beträchtlich seien. „Für den Zeitraum von 2023 bis 2035 errechnen wir Nettoeinsparungen für die EU in Höhe von 18,2 Milliarden Euro und eine Vermeidung von 1,8 Tonnen Quecksilber aus Leuchtstofflampen. Darüber hinaus werden über 190 Terrawattstunden Strom eingespart, wodurch 55 Millionen Tonnen CO2 vermieden werden.”
Das EU-Parlament müsse nun rasch ein endgültiges Verbot ineffizienter Quecksilberlampen ermöglichen. Gleichzeitig sollte die EU ihren Verpflichtungen aus dem europäischen Green Deal, der Chemikalienstrategie und dem Null-Schadstoff-Aktionsplan nachkommen sowie bei der nächsten Vertragsstaatenkonferenz des Minamata-Übereinkommens im März 2022 den Vorschlag afrikanischer Staaten unterstützen, die Herstellung und Ausfuhr der meisten Leuchtstofflampen bis 2025 zu verbieten, ergänzte EEB-Sprecherin Elena Lymberidi-Settimo.
BPA-Gehalt in Lebensmittelkontaktmaterial: Nur noch ein Bruchteil des alten Grenzwertes
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA hat in einem Gutachten Mitte Dezember die drastische Senkung - eine 100.000-fache Verringerung des Wertes - der zulässigen Tagesdosis des Weichmachers Bisphenol A (BPA) vorgeschlagen. Nach einer Neubewertung der Risiken soll die tolerierbare tägliche Aufnahmemenge (TDI) im Vergleich zu ihrer vorherigen Bewertung aus dem Jahr 2015 von 4 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht und Tag auf jetzt von 0,04 Nanogramm pro Kilogramm Körpergewicht und Tag festgelegt werden. Der entsprechende EFSA-Entwurf eines wissenschaftlichen Gutachtens kann bis zum 8. Februar 2022 in einer öffentlichen Konsultation kommentiert werden.
Umwelt- und Verbraucherschutzverbände warnen ähnlich wie Endokrinologen seit Jahren vor den negativen hormonähnlichen Wirkungen (endokriner Disruptor) des in großem Maßstab eingesetzten Stoffes. BPA könne bereits in sehr kleinen Mengen zur Entstehung von Krankheiten wie Diabetes, Fettleibigkeit, Schilddrüsenfunktion- und Entwicklungsstörungen sowie Unfruchtbarkeit führen beziehungsweise dazu beitragen.
Besserer Schutz vor Krebs erregenden und anderen gefährlichen Chemikalien am Arbeitsplatz
Slowenischer Ratsvorsitz und EU-Parlament haben letzten Donnerstag eine vorläufige Einigung über eine Aktualisierung der Richtlinie über Karzinogene und Mutagene erzielt. Dieser EU-Rechtsakt soll zum Schutz von Beschäftigten vor der Gefährdung durch krebserzeugende und erbgutverändernde Stoffe beitragen.
Es werden nach der formellen Annahme durch die EU-Institutionen neue Grenzwerte für die Exposition gegenüber Acrylnitril und Nickelverbindungen festgelegt und die Grenzwerte für Benzol gesenkt. Darüber hinaus haben der Rat und das Parlament vereinbart, den Anwendungsbereich der Richtlinie auf 12 reproduktionstoxische Stoffe auszuweiten, das heißt auf Chemikalien, die das menschliche Fortpflanzungssystem schädigen können.
Arbeitnehmer*innen, die mit entsprechend gefährlichen Arzneimitteln umgehen, sollen besser egschult werden, die EU-Kommission wurde aufgefordert, Leitlinien für die Ausbildung, Aufsicht und Überwachung herauszugeben.
Die vorläufige Einigung wird nun noch geprüft, dann dürften 2022 förmliche Abstimmungen in Rat und Parlament folgen.
Noch ein Jahr: Glyphosatgenehmigung läuft im Dezember 2022 aus
Das Pestizid Aktions-Netzwerk PAN hat anlässlich der nur noch ein Jahr währenden Genehmigung für das Totalherbizid Glyphosat einen kritischen Blick auf das Wiedergenehmigungsverfahren geworfen. Am 15.12.2022 läuft die EU-Genehmigung für Glyphosat aus. Unter anderem ist der Organisation die Prüfung der Karzinogenität (Krebs erregend oder nicht?) des umstrittenen Herbizid-Wirkstoffs ein Dorn im Auge. Behörden der Niederlande, Frankreichs, Ungarns und Schwedens hätten von der Industrie eingereichte Unterlagen geprüft und im Juni 2021 ihren vorläufigen Bewertungsbericht an die EFSA und die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) weitergeleitet. „Die Behörden gaben in dem Bericht bekannt, dass eine Einstufung von Glyphosat im Hinblick auf Karzinogenität nicht gerechtfertigt sei. Für PAN Germany ist diese Einschätzung nicht nachvollziehbar", kritisierte das Netzwerk und zählt eine Reihe von Mängeln des Berichts auf. [jg]
EEB et al.: NGOs applaud Commission’s move to turn the Mercury Lights out in the EU
EFSA: Bisphenol A: EFSA draft opinion proposes lowering the tolerable daily intake
Rat: EU verbessert Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor gefährlichen chemischen Stoffen
PAN Germany: Glyphosat in der EU: Noch ein Jahr bis zum Ende der laufenden Genehmigung