Umweltverbände contra PFAS und PFAS-Lobby
Mehr als 80 zivilgesellschaftliche Gruppen aus ganz Europa fordern eine „universelle“ Beschränkung von „Ewigkeitschemikalien“ (PFAS) in der EU. Außerdem müsse die EU-Kommission den Einfluss der Industrie auf den Entscheidungsprozess einschränken, heißt es in einem offenen Brief. Die in Schweden ansässige Organisation ChemSec veröffentlicht parallel PFAS-bezogene Mails des PR-Beratungsunternehmens Hoogenboezem-Fisher.
Es ist an der Zeit, „die schlimmste Umweltverschmutzungskrise in der Geschichte der Menschheit“ zu beenden und per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) zu verbieten, so die Position von mehreren Dutzend Umwelt- und Gesundheitsverbänden, darunter BUND, ClientEarth, Deutsche Umwelthilfe und das Forum Umwelt & Entwicklung aus Deutschland. In Reaktion auf die Enthüllungen des Forever Lobbying Project (EU-News 16.01.2025) haben sich die Verbände unter Führung des Europäischen Umweltbüros (EEB) „mit Dringlichkeit und tiefer Empörung“ in einem offenen Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gewandt. Das Forever Lobbying Project habe „einen weiteren PFAS-Verschmutzungsskandal innerhalb der EU aufgedeckt“, dies sei „ein Weckruf“, den bedenklichen Einfluss von Wirtschaftsunternehmen auf politische Entscheidungsfindungen zu unterbinden.
Als Vertreter*innen der Zivilgesellschaft in ganz Europa forderten sie von der Leyen auf, „mit Mut und moralischer Klarheit zu handeln“:
- Ein umfassendes Verbot von PFAS, um die Verschmutzung an der Quelle zu bekämpfen. Die vorgeschlagene universelle PFAS-Beschränkung dürfe nicht verwässert werden und müsse die Rechtsvorschriften für Pestizide, Biozide und Arzneimittel umfassen.
- Einmischung der Industrie beenden: Unternehmenslobbyismus könne die öffentliche Gesundheit untergraben, weshalb die EU „Treffen mit der PFAS-Industrie, die sich um Ausnahmeregelungen bemühen, auf ein Minimum beschränken, öffentlich machen und vollständig protokollieren“. Entscheidungen müssten auf unabhängiger Wissenschaft und nicht auf Desinformation durch Unternehmen beruhen.
- Durchsetzung des Verursacherprinzips und der Unternehmensverantwortung - Chemieunternehmen müssen für die Kosten der von ihnen verursachten Verschmutzung aufkommen.
- Umsetzung eines Überwachungs- und Sanierungsplans in Partnerschaft mit den Mitgliedstaaten: Auswirkungen auf Menschen und die Umwelt überwachen, verseuchtes Wasser und Böden sanieren, in Technologien zur Wiederherstellung von Ökosystemen investieren.
- Unterstützung Betroffener: Gesundheitliche, psychologische, rechtliche und finanzielle Wiedergutmachung für diejenigen, die durch die jahrzehntelange Vernachlässigung geschädigt wurden.
- Sichere Alternativen fördern: PFAS-Ausstieg beschleunigen und Unterstützung von Unternehmen, die sicherere, ungiftige Ersatzstoffe für PFAS vermarkten und entwickeln.
- EU-Chemikalienrecht modernisieren: Stärkung der REACH-Verordnung, Kontrolle von Chemikalien durch gestraffte Verfahren beschleunigen; persistente, mobile und bioakkumulierbare Chemikalien aus dem Verkehr ziehen und generische Verbote und Gruppenverbote zur Norm machen; Datenlücken schließen, um Transparenz und eine wirksame Kontrolle von Chemikalien zu gewährleisten.
- Unterstützung der Regulierung von PFAS auf globaler Ebene: Unterstützung von Maßnahmen im Rahmen des Stockholmer Übereinkommens, eines globalen Kunststoffvertrags und des globalen Rahmens für Chemikalien.
Hoogenboezem-Fisher-Files: ChemSec veröffentlicht vertrauliche Lobby-Mails
Wer genauer wissen will, wie die Lobbyaktivitäten zu den gesundheitsgefährdenden und wegen ihrer Langlebigkeit teils äußerst gefährlichen Substanzen in der rund 10.000 Stoffe umfassenden PFAS-Gruppe ablaufen, kann sich den Mailverkehr auf der Seite des Internationalen Chemikaliensekretariats ChemSec nachlesen. Nach dem Durchsickern vertraulicher E-Mails aus dem Brüsseler Büro des weltweit tätigen PR-Beratungsunternehmens Hoogenboezem-Fisher könne ChemSec enthüllen, „dass Hoogenboezem-Fisher die Lobbying-Firma ist, die an der Spitze der laufenden PFAS-Propaganda der chemischen Industrie steht“. Weil ChemSec glaubt, dass es im öffentlichen Interesse ist, diese E-Mails zu veröffentlichen, will die Organisation nun jeden Monat einen neuen Satz an durchgesickerter Korrespondenz veröffentlichen. Auf der Seite der Organisation können „die ungefilterten, unbearbeiteten E-Mails von John Hoogenboezem Jr.“, dem Leiter des Brüsseler Büros des Unternehmens, nachgelesen werden. [jg]
EEB et al.: It’s time to end “the worst pollution crisis in human history”: Ban PFAS
ChemSec: The Hoogenboezem Files