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Schutz von Meeren und Gewässern kommt kaum gegen Überfischung an
EU-News | 25.07.2024
#Biodiversität und Naturschutz #Klima und Energie #Wasser und Meere

Schutz von Meeren und Gewässern kommt kaum gegen Überfischung an

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(c) Greenpeace

Die EU-Kommission will rund 130 Millionen Euro zum Schutz von Meeren, Flüssen und Seen investieren. Das ist auch nötig, denn ein Bericht der Welternährungsorganisation FAO zum Zustand der weltweiten Fischerei und Aquakultur zeigt ein düsteres Bild. Derweil hat der Rat aktualisierte Fischereimaßnahmen im Nordostatlantik angenommen. 

Laut eigenen Angaben investiert die EU-Kommission 126,9 Millionen Euro in 26 neue Projekte, die zur EU-Mission „Wiederherstellung unserer Ozeane und Gewässer“ beitragen. An den Projekten nehmen 346 Begünstigte aus 35 Ländern (26 Mitgliedstaaten und neun assoziierte Länder) teil, darunter kleine und mittlere Unternehmen, Forschungseinrichtungen, lokale Behörden sowie Hochschulen und weiterführende Bildungseinrichtungen, teilte die EU-Kommission Mitte Juli mit. Die Maßnahmen erstrecken sich von der Ost- und Nordsee über die Donau und das Schwarze Meer bis hin zum Mittelmeer und zum Atlantik. 

Zu den Projekten mit deutscher Beteiligung gehören unter anderem:

  • Das Projekt Blue Connect, das gemeinsam mit Managern von Meeresschutzgebieten (MPA), Behörden, Unternehmen und lokalen Gemeinschaften aus zwölf Regionen einen systematischen Ansatz für die Planung und das Management von Meeresschutzgebieten entwickeln, fördern und demonstrieren soll;
  • BioProtect will ein gebietsbezogenes Management-Entscheidungshilfesystem einführen, um Interessengruppen einzubeziehen, die biologische Vielfalt im Meer zu überwachen, menschengemachte Belastungen zu kartieren, Prioritäten für Schutz und Wiederherstellung zu setzen und Auswirkungen zu messen (was an fünf Standorten demonstriert wird);
  • Das vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung UFZ in Leipzig koordinierte Projekt FERRO soll die natürliche Erholung von Seen unterstützen und untersucht Eutrophierung, Sanierung sowie die Erschöpfung der weltweiten Phosphatreserven;  
  • EUROLakes unter dem Dach von Wetlands International soll zudem einen ganzheitlichen, wissenschaftlich fundierten Ansatz zum Schutz und zur Wiederherstellung europäischen natürlichen Seen und Ökosysteme fördern. 

Überfischung: Zustand der Weltmeere ungebrochen düster

Anlässlich der Konferenz des Ausschusses für Fischerei und Aquakultur der Welternährungsorganisation (FAO) Mitte Juli und des zugehörigen FAO-Zustandsberichts „The State of World Fisheries and Aquaculture 2024“ beklagt die Meeresschutzorganisation FairOceans „ein Ende auf Raten mit weitreichenden Folgen“. Der FAO-Bericht zeichne ein „bedrohliches Bild“. Trotz aller Anstrengungen, die Fischerei weltweit nachhaltiger zu gestalten, erreiche die Überfischung einen neuen Höchstwert. Ende 2021, dem Jahr der letzten Datenerhebung, waren 37,7 Prozent der von der FAO erfassten Fischbestände überfischt. Zum Vergleich: 1974 waren es lediglich 10 Prozent. Mit der zunehmenden Industrialisierung der Fischerei habe parallel auch die Überfischung deutlich zugenommen, die in diesem Jahr „aller Wahrscheinlichkeit nach“ die 40-Prozent-Marke überschreiten dürfte. 

Das Angebot von Fisch, Meeresfrüchten und Algen auf dem Weltmarkt werde aber nicht geringer, die Produktionszunahmen in der Aquakultur bescherten dem gesamten Wirtschaftssektor einen ungebrochenen Aufschwung, so FairOceans. Der Pro-Kopf-Konsum von Aquafood sei 2021 global auf 20,7 Kilogramm pro Kopf gewachsen und die FAO rechne bis 2032 mit einem Wachstum der Fischereiwirtschaft um weitere 10 Prozent. „Zum ersten Mal in der Geschichte hat die Aquakultur dabei mehr zur Nahrungsversorgung der Weltbevölkerung beigetragen als die Fischerei“.

38 Prozent der natürlichen Nahrungsgrundlagen in den Ozeanen zu verlieren, sei aber „nichts anderes als ein globales Desaster“, kritisierte Kai Kaschinski von Fair Oceans. „Die marinen Ökosysteme derart zu destabilisieren ist schlicht unverantwortlich. In der westlichen Ostsee, vor unserer eigenen Haustür, hat sich mit dem Zusammenbruch der wichtigsten Fischbestände gezeigt, wohin eine solch inkonsequente Fischereipolitik führt. Hering, Dorsch, Sprotte und eine Fischerei, die über Jahrhunderte Nahrung und Wohlstand brachte, sind ruiniert“, so Kaschinski. 

Hinzu kommen nach Angaben der FAO die negativen Auswirkungen des Klimawandels. Neue Prognosen wiesen auf potenzielle Klimarisiken für die nutzbare Fischbiomasse in fast allen Regionen der Weltmeere hin, einschließlich der wichtigsten Erzeugerländer und der Länder, die in hohem Maße auf aquatische Nahrungsmittel angewiesen sind. Bis Mitte des Jahrhunderts sei ein nochmaliger Rückgang von mehr als 10 Prozent zu erwarten. 

Europa und der Nordostatlantik: Verbesserte Kontrollen, Verbot von Rückwürfen

Der Rat für Auswärtige Angelegenheiten hat am 22. Juli eine Verordnung mit aktualisierten Fischereimaßnahmen im Gebiet der Kommission für die Fischerei im Nordostatlantik (NEAFC) förmlich angenommen. Damit gibt es neue Vorschriften für die Bewirtschaftung, Erhaltung und Kontrolle des NEAFC-Gebiets und Kontrollmaßnahmen für bestimmte pelagische Arten im Nordostatlantik. Beispielsweise wurden für das übergeordnete Ziel, die Nachhaltigkeit der Fischerei zu verbessern, 22 kommerzielle Fischarten in die Liste der Arten aufgenommen, bei denen Rückwürfe oder Freisetzungen verboten sind, darunter Kabeljau, Seezunge und Scholle. Um gefährdete marine Ökosysteme wie Tiefseekorallen und Schwämme zu schützen, wird mit der Verordnung das Verbot der Grundfischerei in bestimmten Gebieten bis Ende 2027 verlängert.

Zu weiteren Neuerungen gehören Änderungen bei der Kontrolle von Umladungen auf See sowie Vorschriften über Abfälle von Schiffen, die Bergung von verloren gegangenem Fanggerät sowie Kamera- und Sensortechnik für die Überwachung an Anlande- und Verarbeitungsanlagen. [jg]

 

Schutz und Wiederherstellung unserer Meere und Gewässer: EU-Kommission investiert knapp 130 Millionen Euro in 26 neue Projek

Fair Oceans: Die Überfischung und das Versagen der internationalen Fischereipolitik 

Rat nimmt aktualisierte Fischereimaßnahmen im Nordostatlantik an 

Öko-Institut/Leibniz-Zentrum: Beiträge mariner Ökosysteme für CO2-Speicherung und Biodiversität

Seegraswiesen, Mangrovenwälder und Salzmarschen können jedes Jahr weltweit bis zu 216 Millionen Tonnen Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre aufnehmen und speichern, meldet das Öko-Institut mit Bezug auf neueste Forschung. Dabei bildeten sie über Jahrhunderte bis Jahrtausende einen enormen Kohlenstoffspeicher im Meeressediment von bis zu 22.000 Millionen Tonnen Kohlenstoff aus. "Gleichzeitig leisteten sie einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt in den Meeren und an den Küsten, tragen zum Schutz vor Sturmfluten und zum Küstenschutz (...) und damit zur Ernährung und Sicherheit von Millionen Menschen bei". Das zeigt ein Forschungsbericht des Öko-Instituts und des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenforschung im Auftrag des Umweltbundesamtes, der die Bedeutung von Küstenökosystemen für den globalen Klimaschutz untersucht.

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