Trinkwasser: Parlament will bessere Qualität und besseren Zugang
Nach dem Umweltausschuss (EU-News 12.09.2018) hat nun auch das Plenum des Europäischen Parlaments über die Neufassung der zwanzig Jahre alten EU-Trinkwasserrichtlinie abgestimmt.
Die Abgeordneten wollen Qualität und Zugang zu Trinkwasser verbessern sowie Abfälle durch Plastikflaschen reduzieren, indem sie das Trinken von sauberem Leitungswasser fördern. Durch die Neufassung wird die Liste der Stoffe erweitert, die im Leitungswasser überprüft werden sollen, und die entsprechenden Grenzwerte verschärft. Zu den zu überprüfenden Stoffen kommen nun auch Mikroplastik und - so fordert das Parlament - Umwelthormone (endokrine Disruptoren wie der Weichmacher Bisphenol A) hinzu. Das EU-Parlament tritt für frei zugängliche Trinkwasserbrunnen an öffentlichen Plätzen, Einkaufszentren und Flughäfen ein, auch Restaurants sollen Leitungswasser bereitstellen. Darüber hinaus sollen sich die VerbraucherInnen besser über die Wasserqualität informieren können.
Den Zugang zu sauberem Wasser und Sanitäranlagen als Menschenrecht zu verankern, wie dies die Initiative Right2Water fordert, ist nicht gelungen.
Der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) begrüßte die Neufassung sowie die Parlamentsposition grundsätzlich. Der VKU bedauerte jedoch, dass endokrine Disruptoren in die Parameter und Grenzwerte aufgenommen werden sollen, und verweist auf Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO, die Leitwerte derzeit ablehne. Ein wichtiger Teil der Richtlinienanpassung sei die verpflichtende Einführung eines sogenannten "risikobasierten Ansatzes" für den Prozess, um die Trinkwasserqualität von der Entnahmestelle bis zum Wasserhahn zu überprüfen. Das EU-Parlament fordere hier klare Zuständigkeiten; der VKU fordert, dass "die Mitgliedstaaten im Sinne des Subsidaritätsprinzips selbst entscheiden dürfen, wie sie einen risikobasierten Ansatz ausgestalten und anwenden". Ablehnend äußerte sich der VKU auch über "Informationspflichten, die weit über die Trinkwasserqualität hinausgehen" wie etwa wirtschaftliche Faktoren eines Unternehmens.
Der agrarpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Europäischen Parlament Martin Häusling bedauerte, dass die Mehrheit das Menschenrecht auf Wasser nicht komplett unterstützt habe. Er kritisierte außerdem, dass "die Mehrheit der Parlamentarier die aus unserer Sicht sinnvolle Transparenz blockiert". Alle VerbraucherInnen hätten das Recht, über die Wasserrechnung oder einen Online-Zugang Informationen zur Reinheit des Wassers zu erhalten.
Nachdem das EU-Parlament nun seine Position bestimmt hat, muss der Rat noch eine gemeinsame Position finden. Im Juni (EU-News 25.06.2018) hatte der Umweltrat das Thema erstmals auf der Tagesordnung. Eine Einigung im sogenannten Trilogverfahren zwischen Kommission, Parlament und Rat ist wahrscheinlich. Das Parlament hofft, dass dies noch vor den Europawahlen im Mai 2019 der Fall ist. [jg]
Pressemitteilung EU-Parlament (mit vielen anschaulichen Grafiken über Trinkwasserverbrauch, Quellen, Wasserknappheit etc.)
Hintergrund zum Gesetzesprozess (Englisch)