Menü
Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen
Startseite
Aktuelles & Termine
Aktuelles & EU-News
Wassernöte: Barrieren, Verschmutzung, Verschwendung in der Landwirtschaft
EU-News | 30.09.2021
#Wasser und Meere #Landwirtschaft und Gentechnik

Wassernöte: Barrieren, Verschmutzung, Verschwendung in der Landwirtschaft

Rubrik_Wasser_Meere-Trinkwasser-foej.JPG
Sprudelnde Fontäne mit hoffentlich sauberem Wasser

Laut einem Bericht der Europäischen Umweltagentur leiden die Gewässer unter landwirtschaftlicher und industrieller Verschmutzung sowie künstlichen Hindernissen. Der Europäische Rechnungshof attestiert der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) weitgehendes Versagen dabei, zum Wassersparen anzuregen. Im Gegenteil befördere die GAP landwirtschaftliche Wasserverschwendung.

Druck auf Europas Gewässer laut EEA: Verschmutzung, Barrieren und zusätzliche Belastungen

Laut einem diese Woche veröffentlichten Bericht der Europäischen Umweltagentur (EEA) leiden die europäischen Gewässer besonders unter der Verschmutzung durch die Landwirtschaft sowie durch unzureichend behandelte Abwässer aus Städten, der Industrie und verstreuten Wohngebieten. Künstliche Hindernisse, die Schifffahrt, die Wasserentnahme, die Aquakultur und invasive gebietsfremde Arten verursachten zusätzliche Belastungen. Es gebe jedoch Lösungen zur Bewältigung der Probleme, die in größerem Umfang angewendet werden sollten, so die EEA.

Demnach würde „eine bessere und kohärentere Umsetzung der bestehenden Rechtsvorschriften – einschließlich der Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser, der Hochwasserrichtlinie und der Wasserrahmenrichtlinie – den Druck auf die Gewässer deutlich verringern“. Darüber hinaus sollten alle wasserverbrauchenden Sektoren – beispielsweise Landwirtschaft, Energie, Bergbau, Aquakultur und Schifffahrt – Bewirtschaftungspraktiken anwenden, die die Wasserökosysteme gesund und widerstandsfähig halten können. Dazu gehören landwirtschaftliche Programme, die den Einsatz von Pestiziden reduzieren, Wasserkraftwerke, die die Durchgängigkeit für Fische gewährleisten, strenge Treibstoffnormen für die Schifffahrt und die Erhaltung von Flussufern. Die EEA führt aber auch aus, dass es bereits eine breite Palette von Maßnahmen gibt, um den Zustand der europäischen Gewässer zu verbessern. Wasserrückhaltemaßnahmen, naturbasierte Lösungen und Maßnahmen zur Änderung der Flächennutzung böten vielfältige Vorteile.

Insgesamt sind dem Bericht zufolge 22 Prozent der europäischen Oberflächengewässer und 28 Prozent des Grundwassers erheblich durch diffuse Verschmutzung aus der Landwirtschaft, sowohl durch Nährstoffe als auch durch Pestizide, betroffen. Die Ablagerung von Luftschadstoffen, insbesondere von Quecksilber, führten zu einem schlechten chemischen Zustand der Gewässer in Europa, so die EEA. Darüber hinaus seien etwa 34 Prozent der Oberflächenwasserkörper erheblich von strukturellen Veränderungen wie Verbauung der Ufer, Wasserspeicherung, Wasserkraft, Hochwasserschutz oder Bewässerung betroffen. Dies wirke sich auf den Flusslauf und die Strömung aus, was wiederum erhebliche Einflüsse auf die biologische Vielfalt der Flüsse und Auen haben könne. Bei etwa 40 Prozent der betroffenen Wasserkörper sei der Zweck der Barrieren zudem unklar, heißt es im EEA-Bericht. In etwa 6 Prozent der europäischen Oberflächengewässer und 17 Prozent des Grundwassers würde in großem Umfang für Landwirtschaft, öffentliche Wasserversorgung und industrielle Zwecke Wasser entnommen. Hinzu kämen Aquakultur und invasive gebietsfremde Arten. Auch Wasserknappheit und Dürreereignisse seien in vielen Gebieten Europas ein zunehmendes Problem.

Rechnungshof: „EU hindert Landwirte nicht an übermäßigem Wasserverbrauch“

Ein am Dienstag veröffentlichter Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofs (ECA) belegt, dass die Europäische Union nicht sicherstellen kann, dass Landwirte Wasser nachhaltig nutzen. Es sei unbestritten, dass Landwirtschaft „erhebliche Auswirkungen auf die Wasserressourcen“ habe. Trotzdem gebe es für Bäuerinnen und Bauern „zu viele Ausnahmen von den Regeln der EU-Wasserpolitik“, was einer vernünftigen Wassernutzung im Wege stehe. Außerdem fördere und unterstütze die EU-Agrarpolitik allzu oft eher eine stärkere als eine effizientere Wassernutzung.

Ein Viertel aller Wasserentnahmen in der EU entfielen auf die Landwirtschaft, wo das Wasser hauptsächlich für Bewässerungszwecke verwendet werde, so der ECA. Viele Regionen seien bereits von Wasserknappheit betroffen, und der Klimawandel dürfte dieses Problem noch verschärfen. Bei der Erreichung des Ziels der Wasserrahmenrichtlinie, einen guten Zustand aller Wasserkörper bis 2027 zu erreichen, komme es zu erheblichen Verzögerungen. „Wasser ist eine begrenzte Ressource, und die Zukunft der Landwirtschaft in der EU hängt weitgehend davon ab, wie effizient und nachhaltig sie von den Landwirten genutzt wird", so Joëlle Elvinger, der beim Europäischen Rechnungshof für den Bericht zuständig ist. „Bislang haben die Maßnahmen der EU jedoch nicht genug dazu beigetragen, die Auswirkungen der Landwirtschaft auf die Wasserressourcen zu verringern.“

Das WWF-Europabüro kommentierte die Veröffentlichung: „Der Bericht bestätigt, was der WWF seit Langem sagt: Unsere Süßwasserressourcen sind erschöpft, aber anstatt zu handeln, stecken die politischen Entscheidungsträger weiterhin den Kopf in den Sand.“ Die ECA-Bewertung deute darauf hin, dass die GAP zwar einige Maßnahmen zur Kontrolle des Wasserverbrauchs in der Landwirtschaft enthält, diese aber nicht wirksam eingesetzt wurden. Unzulängliche Kontrollsysteme, Direktzahlungen als Anreiz für den Anbau wasserintensiver Kulturen sowie eine Förderpolitik ohne geeignete Wasserschutzmaßnahmen trügen zu einem „Versagen“ bei. Der Bericht komme zu einem entscheidenden Zeitpunkt, weil die nationalen Behörden gerade ihre zukünftigen GAP-Strategiepläne fertigstellen. Die Ergebnisse zeigten die „dramatischen Versäumnisse der Agrarpolitik bei der Bekämpfung der Wasserübernutzung auf“, so der WWF. Die Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission müssen aus Sicht der Organisation die Empfehlungen der Prüfer „buchstabengetreu befolgen und alle GAP-Zahlungen an die Einhaltung der EU-Wasserrechtsvorschriften knüpfen“, forderte der WWF. [jg]

EEA-Pressemitteilung: Pollution and barriers are key problems for Europe’s waters und EEA-Report: Drivers of and pressures arising from selected key water management challenges — A European overview
 
ECA-Pressemitteilung: EU hindert Landwirte nicht an übermäßigem Wasserverbrauch und Sonderbericht 20/2021 (64 S., PDF, deutsch): Nachhaltige Wassernutzung in der Landwirtschaft: GAP-Mittel fördern eher eine stärkere als eine effizientere Wassernutzung

WWF-Pressemitteilung: CAP does more harm than good to EU waters

Wasserkraft-pixabay-Hans-Braxmeier-lock-123197_1920

Lichtverschmutzung stört

Forschung: Unterwasserinsekten reagieren empfindlich

Zu viel künstliches Licht zur falschen Zeit am falschen Ort, also Lichtverschmutzung, ist mit ein Grund für das weltweite Insektensterben. Das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) hat nun erforscht, dass nicht nur viele Fluginsekten lichtempfindlich sind und von künstlichen Lichtquellen "wie von Staubsaugern angezogen" werden. Dieser "Staubsaugereffekt" gelte auch unter Wasser. Derzeitige Strategien zur Verringerung der Auswirkungen der Lichtverschmutzung ginden nicht weit genug, um aquatische Insektenarten zu schützen, warnt das IGB. Diese fehlten dann in ihrem Lebensraum. Weiterlesen

newsletter-2123481_960_720

Ökologischer Gewässerzustand

Der DNR-Newsletter vom Juli widmet sich dem Thema Wasser

Panta rhei – alles fließt: Der Aphorismus aus dem Griechischen bedeutet, dass die Welt nicht stillsteht, sondern ständig in Bewegung ist und sich dabei permanent verändert. Der antike Philosoph Heraklit vergleicht dabei die Realität mit einem Fluss, der sinnbildlich für Werden und Vergehen steht. Auch die Interviewpartner*innen dieses Newsletters sind fasziniert von fließenden Gewässern, die einem „steten Wandel unterliegen“ und deren Wassertropfen viele Länder durchqueren. Im Schwerpunkt der Juliausgabe geht es um Flüsse, Seen, Auen und deren ökologischen Zustand. Unsere Autor*innen werfen einen kritischen Blick auf die Wasserrahmenrichtlinie der EU, auf den geplanten Ausbau der Oder, den Schutz des Bodensees und beantworten Fragen zur aquatischen Biodiversität. Weiterlesen

Das könnte Sie interessieren

Portrait von Costas Kadis
EU-News | 13.11.2024

#EU-Umweltpolitik #Wasser und Meere

Ozeane und Fischerei: Mission von Costas Kadis bestätigt

Die Anhörung von Costas Kadis am 6. November vor den zuständigen Ausschüssen im EU-Parlament führte zur Bestätigung seiner Kandidatur. Laut Euractiv überzeugte der designierte EU-Kommissar mit „Fachwissen und klaren Zielen“ – und erntete dafür anerkennenden Applaus. Der auf Zypern als Dekan der Faku...