Ausnahmen für gefährliche Chemikalien?
Lungenkrebs, Umweltschäden und durch Chemikalien verursachte Berufskrankheiten: Es geht um sehr besorgniserregende Stoffe im Rahmen der europäischen Chemikalienpolitik, wenn sich am Donnerstag und Freitag VertreterInnen der Mitgliedstaaten im REACH-Ausschuss treffen. 28 Verbände haben einen offenen Brandbrief unterzeichnet, in dem sie sichere Alternativen fordern und Ausnahmeregelungen ablehnen.
Im Fokus stehen die Substanzen Titandioxid (TiO2), Chromtrioxid, Bleiverbindungen und Perfluoroctansäure sowie die entsprechenden Zulassungsanträge von Unternehmen und Ausnahmeregelungen. Das REACH-Komitee wird zahlreiche entscheidende Diskussionen und gegebenenfalls Abstimmungen über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung bestimmter chemischer Stoffe und Mischungen sowie deren Zulassung durchführen.
Das Europäische Umweltbüro (EEB) und die Mitunterzeichner warnen davor, dem bisher umfangreichsten Antrag auf Zulassung einer verbotenen Chemikalie, die Hunderte von Todesopfern gekostet habe, zuzustimmen. Chromtrioxid, welches sechswertiges Chrom (Chrom VI) enthält, mag ein funktionstüchtiges Oxidationsmittel sein. Aber es ist sehr giftig, krebserregend und mutagen, umweltgefährlich sowie stark wassergefährdend. Deshalb ist es verboten - beziehungsweise nur ausnahmsweise unter strengen Bedingungen zu verwenden. Die Verwendung beantragt habe ein Konsortium von Unternehmen unter der Leitung des Chemieunternehmens Lanxess, das mehrere tausend nachgelagerte Unternehmen vertritt. Es sollen jährlich 11.000 Tonnen Chrom VI in Europa eingesetzt werden, was 117.956 Arbeiter in mindestens 4.057 Fabriken betreffe. Die Unternehmen wollen die Erlaubnis, die Chemikalie für 4 bis 12 Jahre weiterzuverwenden. Und der REACH-Ausschuss sei bisher nicht dafür bekannt, Anträge dieser Art abzulehnen.
Titandioxid - eingestuft in Kategorie 2, also potenziell Krebs erregend - sollte auf allen Verbrauchsprodukten warnend gekennzeichnet sein. Das finden jedenfalls die 28 Verbände, die sich ans REACH-Komitee gewandt haben. Doch die EU-Kommission will dies nur bei bestimmten Formen von TiO2 vorschreiben, beispielsweise wenn es in Pulverform oder Sprays vorliegt und die Partikelgröße von 10 Mikrometer unterschreitet.
Außerdem befasst sich der REACH-Ausschuss voraussichtlich mit der Verwendung von Bleimunition in Feuchtgebieten, dem Gehalt von Blei in Recyclingmaterialien, dem Weichmacher DEHP (Diethylhexyl Phthalat) und mit anderen Stoffen. Es bleibt abzuwarten, wie die Entscheidungen ausfallen. [jg]
Pressemitteilung EEB "Biggest ever EU application to use banned chemical that kills hundreds"