Kleine Änderungen mit großer Wirkung: Nanopartikel und das Verbot von Mikroplastik
Das Europäische Umweltbüro (EEB) sieht die Wirkung des geplanten EU-weiten Verbots von Mikroplastik durch Industrie-Einfluss bedroht. Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) weist Vorwürfe, eingeknickt zu sein, von sich.
In einem detaillierten und in dieser Woche veröffentlichten Briefing analyisert das EEB die Änderungen des bisherigen Beschränkungsvorschlags und kommt zu dem Schluss: Unternehmenslobbyisten konnten das Mikroplastikverbot bereits im Entwurfsstadium beeinflussen und wirksam abschwächen - noch bevor es die EU-Regierungen und EU-Abgeordneten erreicht.
Am deutlichsten sichtbar sei dies in der Festlegung der Größen der verbotenen Partikel: Die ECHA hatte zu Beginn vorgeschlagen, Mikroplastik mit einer Größe von 1 Nanometer (nm) bis 5 Millimeter (mm) und Fasern mit einer Länge zwischen 3 nm und 15 mm zu verbieten. Der aktuelle Vorschlag, der das Feedback aus einer öffentlichen Konsultation berücksichtigt, beträfe erst Partikel ab einer Größe von 100 nm und Fasern ab einer Länge von 300 nm. Besonders kleine Partikel – sogenannte Nanopartikel – würden demnach aus dem Anwendungsbereich des Verbots herausfallen. Dabei seien diese kleinen Partikel besonders giftig und noch nicht ausreichend erforscht, hatte der Ausschuss für Risikobewertung der ECHA im Vorhinein festgestellt. Er hatte auch davor gewarnt, diese kleineren Partikel nicht zu verbieten, um zu verhindern, dass Unternehmen größere Partikel durch kleinere ersetzen. Für das EEB ist klar: Die ECHA habe „dem Antrag der Industrie stattgegeben, Nanoplastik vom Verbot auszunehmen, indem sie die Definition von Mikroplastik so verzerrt, dass sie der Industrie entgegenkommt und den Herstellern einen falschen Anreiz bietet, von Mikro- auf riskantere Nanopartikel umzustellen.“ Die ECHA verteidigte die neuen Grenzwerte, die „unvoreingenommen“ und „durch stichhaltige Beweise gerechtfertigt“ seien.
Auch die im aktuellen Vorschlag vorgesehenen Übergangsfristen von mehreren Jahren kritisiert das EEB in seiner Analyse. Das langsame Tempo der Umsetzung würde bedeuten, dass die Verschmutzung durch Mikroplastik bis 2028 nur um rund die Hälfte reduziert werden könne.
Der Vorschlag für das Verbot von Mikroplastik konnte bis Dienstag im Rahmen einer weiteren Konsultation kommentiert werden. Das Gesetz wird vermutlich 2022 in Kraft treten, wenn im kommenden Jahr die Regierungen der Mitgliedstaaten darüber abstimmen. [km]