Menü
Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen
Startseite
Aktuelles & Termine
Aktuelles & EU-News
Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß? Die EU-Kommission und Schadstoffe in Plastik
EU-News | 24.06.2021
#Chemikalien

Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß? Die EU-Kommission und Schadstoffe in Plastik

Rubrik_Abfall_c._Hannah_Fabian
Artenreiche Wildblumenwiese in Deutschland | Bild: R. Oppermann

Eigentlich solle die Verwendung von Polymeren ab 2022 bei der EU gemeldet werden müssen. Der Vorschlag der EU-Kommission für eine solche Pflicht enthält jedoch Ausnahmen für über 90 Prozent der Polymere, kritisieren Wissenschaftler*innen und das Europäische Umweltbüro.

In ihrer Chemikalienstrategie hatte die EU-Kommission vergangenes Jahr festgestellt, dass die europäischen Behörden bisher nur sehr wenig über die Eigenschaften, Auswirkungen und das Vorkommen von Polymeren wissen. Deshalb schlug sie vor, die Registrierungspflicht im Rahmen der europäischen Chemikalienverordnung REACH auf „bestimmte bedenkliche“ Polymere auszuweiten und mehr Wissen über die Stoffe zu erhalten. Polymere sind der Hauptbestandteil von Kunststoffen und werden auch in vielen Alltagsprodukten wie Kosmetik, Körperpflege- oder Reinigungsmitteln verwendet.

In ihrem Entwurf für eine Registrierungspflicht schlägt die EU-Kommission vor, welche Polymere unter die Pflicht fallen und welche Registrierungsanforderungen für sie gelten sollten. Wie sie selber feststellt, seien „umfassende Informationen über die gefährlichen Eigenschaften“ von Polymeren „nicht ohne weiteres verfügbar.“ Sie gehe jedoch davon aus, dass etwa die Hälfte aller Polymere für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt gefährlich sein könnten. Trotzdem seien nur für 12.000 der geschätzten 200.000 Polymere auf dem Markt Sicherheitsüberprüfungen erforderlich, heißt es im Entwurf.

Eine Gruppe von Wissenschaftler*innen kritisiert diese Eingrenzung. In einem Statement erklären sie, dass die meisten Polymere, die in großen Mengen verwendet werden und „bedeutend zur Plastikkrise und der zunehmenden Verschmutzung durch Mikro- und Makroplastik beitragen“, in diesem Szenario nicht registriert werden müssen. So wären beispielsweise Polyethylen (PE), Polypropylen (PP), Polystyrol (PS), Polyvinylchlorid (PVC), Polyethylenterephthalat (PET) und Polyamid (PA)-Kunststoffe nicht davon betroffen. Dabei gebe es Hinweise darauf, dass PS und PVC sich negativ auf die menschliche Gesundheit auswirken und Organismen in der Umwelt in „mittel- bis hochgradig besorgniserregenden Mengen beeinträchtigen können.“ Um ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und die Umwelt zu gewährleisten, schlagen sie deshalb vor, alle Polymere in einem schrittweisen Verfahren zu registrieren und dabei mit denjenigen anzufangen, die in den größten Mengen hergestellt werden. Die Wissenschaftler*innen stellen zudem fest, dass die wissenschaftlichen Begründungen für die Kriterienauswahl der EU-Kommission „nicht immer eindeutig“ seien.

Auch das Europäische Umweltbüro (EEB) kritisierte den Entwurf der EU-Kommission in dieser Woche. Es wies darauf hin, dass „die bekannten Forderungen der Industrie dominieren“ und die Industrie nicht einmal dazu verpflichtet werde, grundlegende Informationen über die Identität oder Menge der von ihr verwendeten Polymere zu liefern. Dolores Romano, stellvertretende Leiterin des EEB für Chemikalien, erklärte: „Wir wissen bereits, dass Dutzende von Polymeren giftig sind, also muss es den Behörden erlaubt sein, die Sicherheit der anderen zu überprüfen. [...] Wir können es uns nicht leisten, dass sie unsere Augen vor einem wachsenden Problem für ein weiteres Jahrzehnt verschließen.“

Die EU-Kommission wird voraussichtlich Ende des Jahres ihren endgültigen Vorschlag für die Registrierung von Polymeren vorlegen. [km]

Pressemitteilung EEB: First laws to tackle serious polymer health threat being crippled

The Guardian: New EU rules would permit use of most polymers without checks, experts warn

Statement der Wissenschaftler*innen: Statement on the registration of polymers under REACH

Metamag (EEB): Toxic impact of widespread polymer pollution set to remain a mystery

Vorschlag der EU-Kommission zur Registrierungspflicht von Polymeren

EU-Chemikalienstrategie

Erhöhtes Risiko durch Pestizidgemische

In einer Studie des Helmholtzzentrums für Umweltforschung (UFZ) und der RWTH Aachen im Auftrag des Umweltbundesamtes untersuchten Wissenschaftler*innen das Risiko von Pestizidgemischen. Sie kommen zu dem Schluss, dass die Effekte von aufeinanderfolgenden Pestizidanwendungen und Mischungen bei der Risikoprüfung solcher Stoffe berücksichtigt werden müssen.

Das könnte Sie interessieren

Menschliche Hand mit einer Mischung aus Sand und Plastikteilchen sowie erklärende Grafik, woher diese ursprünglich stammen
EU-News | 18.12.2024

#Chemikalien #Kreislaufwirtschaft #Wasser und Meere

Mikroplastik: Umweltrat positioniert sich zu Kunststoffpellets

Die EU-Umweltminister*innen haben am Montag ihren Standpunkt zum Gesetzesvorschlag veröffentlicht, in dem es darum geht, dass weniger Kunststoffgranulat und Plastikpellets in die Umwelt gelangen. Die Meeresschutzorganisation Seas At Risk sieht noch zahlreiche Lücken und stützt teilweise die Position des EU-Parlaments. Der beginnende Trilog zwischen den EU-Institutionen müsse den Rechtsakt noch verbessern....