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Scharfe Kritik: „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ priorisiert kurzsichtige Geschäftsinteressen
Gemeinsame Pressemitteilung des Deutschen Naturschutzrings (DNR) e.V., der Stiftung Edith Maryon, der Stiftung trias und der GIMA München eG | 03.12.2024
# sozial-ökologische Transformation #Klima und Energie #Politik und Gesellschaft

Scharfe Kritik: „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ priorisiert kurzsichtige Geschäftsinteressen

Blick auf eine begrünte Häuserfassade eines Hochhauses
© pixabay / Beesmurf

Berlin – Anlässlich der Bündnis-Spitzenrunde vom „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ am 5. Dezember in Berlin äußern die im Bündnis vertretenen Umweltverbände, Stiftungen und Genossenschaften erhebliche Kritik an den bisherigen Ergebnissen. Statt die soziale Wohnungskrise und überzogene Mieten, die missbräuchlichen Spekulationen mit Bauland und Baurechten oder die grassierende Energiearmut sowie klimaschutzpolitische Herausforderungen in den Blick zu nehmen, adressiert die Bundesregierung und insbesondere das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen mit seinen vorgeschlagenen Maßnahmen vor allem kurzsichtige Interessen der privaten Immobilien- und Bauwirtschaft. Es werden keine politisch wirksamen Weichen für eine sozial-ökologisch und nachhaltige Umwelt-, Wohnungsmarkt- und Bodenpolitik geschaffen. 

„Wir sind Mitglieder des Bündnisses geworden, um nachhaltige Lösungen für die Wohnungskrise zu schaffen und sind weiterhin an einem konstruktiven Dialog mit allen Beteiligten interessiert – auch mit einer neuen Bundesregierung“, so die Mitgliedsorganisationen der Umweltbank. „Allerdings sehen wir nach über zwei Jahren Bündnisarbeit keine nennenswerten Fortschritte, vielmehr teils eklatante Rückschritte. Die von uns im Bündnis vorgetragenen sozial-, umwelt- und klimapolitischen Notwendigkeiten bei den wohnungs-, boden- und baupolitischen Vorhaben wurden seitens der Bundesregierung bisher weitgehend ignoriert. Dennoch wurde an verschiedenen Stellen der Regierungsarbeit der Eindruck vermittelt, dass Beschlüsse oder Gesetzesentwürfe ein Ergebnis der Bündnisarbeit seien. Diesen Vereinnahmungsversuchen widersprechen wir ausdrücklich“, so die Organisationen.  

Klimaschutz wird weggeschliffen

Die Bundesregierung versäumte es im Bündnis, angemessene Maßnahmen für den Klimaschutz im Gebäudesektor zu ergreifen. Die gesetzlichen Anforderungen an die Effizienz von Neubauten stagnieren auf dem Niveau von 2009. Die vereinbarte Anpassung der Klimastandards auf das sogenannte EH40-Niveau wurde auf unbestimmte Zeit verschoben. Das neue Förderprogramm „Klimafreundlicher Neubau im Niedrigpreissegment” (KNN) verschleudert staatliche Gelder für Gebäude mit längst überholten Mindeststandards und zementiert so die Vergangenheit, statt bezahlbare Mieten zu gewährleisten. „Klimaneutrales Bauen und Heizen ist nicht nur wirksam für das Klima, sondern auch gegen explodierende Heizkosten. Statt hier voranzukommen, wurde die Effizienz von Neubauten geschliffen und die sozialverträgliche Sanierung des Bestands vernachlässigt. Und das, obwohl binnen des nächsten Jahres Konzepte zur Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie vorgelegt werden müssen. Jedes weitere Zögern heizt die Klimakrise weiter an und belastet die Mieter*innen“, so Kai Niebert, Präsident des Deutschen Naturschutzrings.  

Deutliches Versagen, Gemeinwohl in den Fokus zu rücken 

Eine weitere eklatante Leerstelle ist die mangelhafte Aktivität der Bundesregierung in Richtung einer gemeinwohlorientierten Bodenpolitik. „Solange die Bundesregierung nicht anerkennt, dass die Spekulation mit Grund und Boden den größten Einfluss auf die Kosten der Bodennutzung hat, werden bezahlbarer Wohnraum und andere gemeinwohlorientierte Nutzungen weiterhin vor allem in Ballungsräumen kaum haltbar sein. Wir haben dem Bündnis eine ganze Reihe von Vorschlägen gemacht, wie die Bodenpreisentwicklung mindestens verlangsamt und die Chancengerechtigkeit beim Bodenzugriff für gemeinwohlorientierte Marktteilnehmer*innen verbessert werden kann. Stattdessen schützt sie die Interessen von Grundeigentümer*innen, Bauwirtschaft, Gebäudeeigentümer*innen und Bodenspekulant*innen. Dies führt zu einer weiteren Verschärfung der Wohnungskrise, der Aspekt der Bezahlbarkeit bleibt auf der Strecke. Auch das Konzept zur Neuen Wohngemeinnützigkeit bleibt weit hinter den Erwartungen zurück“, bilanziert Jörn Luft, Vorstand der Stiftung trias, die Bündnisergebnisse aus seiner Sicht.

Scharfe Kritik an der Novellierung des Baugesetzbuches 

Ebenfalls kritisch ist die angelaufene, aber aufgrund des Scheiterns der Ampelkoalition vermutlich liegenbleibende, Novellierung des Baugesetzbuches (BauGB). Mit dem vorliegenden Entwurf hat die Bundesregierung weder den Flächenschutz noch die soziale Dimension der Wohnraumversorgung im Blick. „Statt demokratische Prozesse zu stärken strebt der Entwurf danach, diese abzubauen. Die kommunale Planungshoheit sollte eingeschränkt werden. Das hätte zu städtebaulichem Wildwuchs und Flächenfraß geführt, wertvolle urbane Grünflächen und Ökosysteme wären gefährdet gewesen. Wirksame Instrumente für die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum sowie einen eindeutigen Fokus auf eine konsequente, sorgfältig zu planende Innenentwicklung ließ der Entwurf vermissen. Deshalb werden wir dieser Gesetzesnovelle, sollte sie endgültig scheitern, auch nicht nachtrauern”, so Ulrich Kriese, Mitglied der Geschäftsleitung der Stiftung Edith Maryon.  

Es braucht einen längst überfälligen Kurswechsel 

Die Organisationen fordern einen längst überfälligen Kurswechsel, die Lösungen liegen schon lange vor. So betont Thomas Schimmel, Vorstand der GIMA München: „Der jetzige Kurs der Bundesregierung gefährdet unsere Zukunft. Wir fordern die Bundesregierung und alle Bündnispartner*innen, insbesondere die Bau- und Immobilienwirtschaft, dazu auf, endlich eine nachhaltige, sozial gerechte und klimafreundliche Wohn- und Baupolitik zu gestalten. Die einseitige Fokussierung auf private, kurzsichtige Geschäftsinteressen ist sozial und ökologisch nicht akzeptabel.“ 

Ein Bilanzpapier der in der Umweltbank vertretenen Organisationen inklusive Forderungen für eine nachhaltige und sozial gerechte Wohnungs- und Baupolitik finden Sie hier.

2021 wurde im Koalitionsvertrag der Ampel vereinbart, ein „Bündnis bezahlbarer Wohnraum" einzurichten. Das Bündnis hat sich im April 2022 auf Einladung von Bundesministerin Klara Geywitz konstituiert. Es besteht aus Vertreter*innen von Bund, Ländern und Kommunen, von Wohnungs- und Bauwirtschaft, Gewerkschaften, Kirchen, Stiftungen, Genossenschaften, Umwelt-, Mieterschutz-, Verbraucherschutz- und Sozialverbänden und verfolgt das Ziel, soziale, ökologische und wirtschaftliche Belange bei der Schaffung von Wohnraum zu verbinden. Mitglieder der Umweltbank sind: der Deutsche Naturschutzring (DNR) e.V., Dachverband der Umweltverbände in Deutschland, die Stiftung Edith Maryon, die Stiftung trias sowie die GIMA München eG.

 

Kontakt für Rückfragen: 

Thomas Schimmel, GIMA München eG: 089 76755583, t.schimmel@gima-muenchen.de

Ulrich Kriese, Stiftung Edith Maryon: +41 61 3377888, u.kriese@maryon.ch

Jörn Luft, Stiftung trias: 02324 5697012, joern.luft@stiftung-trias.de

Kontakt für Rückfragen

Birthe März

Referentin für Klima- und Transformationspolitik

030 6781775-917

birthe.maerz@dnr.de

Melissa Ihlow

Referentin für Pressearbeit und Social Media

melissa.ihlow@dnr.de

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