Die Drei Ebenen des Transformativen Wandels
Umweltverbände, die langfristig glaubwürdig bleiben wollen, müssen sich über die akute Problemlösung und über das politische Tagesgeschäft hinaus damit beschäftigen, wie sie einen Beitrag in Richtung eines lebensdienlichen Wirtschaftsmodells leisten können, das ohne zerstörerische Wachstumslogik funktioniert.
Dies erfordert eine systemische Herangehensweise sowie eine konsequente Auseinandersetzung damit, wie ein grundlegender Systemwandel unterstützt werden kann, der nicht auf der Ebene der Krisensymptome ansetzt, sondern das Gesamtsystem in den Blick nimmt, das die Krise hervorbringt.
Mit dieser Fragestellung setzt sich das Smart CSOs Lab auseinander, ein Netzwerk von Aktivist*innen und Wissenschaftler*innen, die die Entwicklung von wirksamen zivilgesellschaftlichen Strategien für einen systemischen Wandel zum Ziel haben.
Das Smart CSOs Lab arbeitet mit einem Drei-Ebenen-Modell (siehe Grafik) für systemischen gesellschaftlichen Wandel. In diesem Modell befinden sich die drei Ebenen Kultur, Regime und Nischen in einem dynamischen Wirkungszusammenhang. Das Modell hilft als Werkzeug des systemischen Denkens dabei, zu prüfen, wie eine zivilgesellschaftliche Strategie oder Kampagne auf den jeweiligen drei Ebenen wirkt und ob sie dabei den Wandel auf einer anderen Ebene hemmt oder bestärkt. Die drei Ebenen lassen sich folgendermaßen beschreiben:
Kultur: Es gilt zu beachten, dass Strategien und Kommunikation nicht systemstabilisierende Werte wie Wachstum, Konsumdenken und Eigennutz reproduzieren, sondern Werte wie Suffizienz, Gemeinschaftlichkeit und Solidarität stärken. Aus der kognitiv-linguistischen Forschung wissen wir, dass der gezielte Einsatz von wertebasierter Kommunikation und Sprache das gesellschaftliche Denken und die gesellschaftlichen Werte beeinflussen kann.
Regime: Alternative Institutionen eines neuen Systems entstehen erst allmählich und entwickeln sich zunächst in den Nischen. Bei der Strategieentwicklung für Kampagnen auf der institutionellen Ebene sollte der längerfristige systemische Wandel als Ziel mitberücksichtigt werden. Politische Forderungen sollten in neue sinnstiftende Narrative (siehe Kultur) eingebettet werden, um eine Stärkung nicht-zukunftsfähiger Institutionen und Denkmuster zu vermeiden.
Nischen: Die Modelle solidarischen und genügsamen Lebens, Arbeitens und Wirtschaftens werden in vielfältigen, dezentralen Initiativen experimentell erprobt. Damit aus diesen sozialen Innovationen ein neues System entstehen kann, gilt es, die Pioniere des Wandels zu entdecken und zu benennen, sie miteinander zu vernetzen, sie durch Erfahrungsaustausch und gemeinsame Lernräume zu stärken sowie sie in der breiten Öffentlichkeit als inspirierende, praktizierbare alternative Lebensweisen sichtbar zu machen.
Der Autor Micha Narberhaus hat das Smart CSOs Lab mitbegründet und arbeitet dort im Bereich strategische Entwicklung und Forschung.