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Biodiversität international: Enttäuschendes Ende der COP16
EU-News | 08.11.2024
#Biodiversität und Naturschutz #EU-Umweltpolitik

Biodiversität international: Enttäuschendes Ende der COP16

Frosch auf Hand
© pixabay / Jan-Mallander
Zu wenig Kröten für Kröten, Frösche und Co. rufen Kritik der Umweltverbände hervor.

Vom 21. Oktober bis 1. November haben die Vertragsstaaten der UN-Konvention über biologische Vielfalt (CBD) über die Finanzierung und Umsetzung des Weltnaturabkommens debattiert. Doch das 16. Treffen (COP 16) endete aus Umweltsicht eher enttäuschend.

Sechstes großes Massenaussterben und Artenschwund – war da was? Angesichts der beunruhigenden Lage in Sachen Biodiversität ist die Verschiebung der Weiterarbeit und das abrupte Ende der (Finanz-)Verhandlungen durch das Schlussplenum bei den UN-Verhandlungen über biologische Vielfalt bemerkenswert. Dennoch äußerten sich die EU und das Bundesumweltministerium zu den Ergebnissen des Treffens im kolumbianischen Cali verhalten positiv.

Im Dezember 2022 hatte sich die Weltgemeinschaft darauf geeinigt, bis zum Jahr 2030 mindestens 30 Prozent der Landschaft und der Meere zu Schutzgebieten zu erklären, mehr Geld in den Schutz der Artenvielfalt zu investieren und die Risiken durch Pestizide und Düngemittel zu halbieren (EU-News 20.12.2022). Reichere Länder sollen ärmeren Ländern bis 2025 rund 20 Milliarden Dollar jährlich zahlen, aber genau dieser Punkt blieb strittig.

Die EU-Kommission lobte, dass die EU „wegweisende Beschlüsse entscheidend mitgestaltet“ habe. So sollen dank eines neu eingerichteten Fonds Unternehmen, die von der Sequenzierung genetischer Ressourcen profitieren, einen Teil der Erlöse mit den Herkunftsländern der biologischen Vielfalt teilen. Ein neues Arbeitsprogramm für indigene Völker und lokale Gemeinschaften erkenne deren Schlüsselrolle als Bewahrer der biologischen Vielfalt an, auch in der EU. Weitere aus EU-Sicht wichtige Entscheidungen umfassten einen Aktionsplan für biologische Vielfalt und Gesundheit sowie einen Beschluss über die Einbeziehung von Klimaschutz- und Biodiversitätsbemühungen auf UN-Ebene.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke betonte, dass man in Cali durch hartes Arbeiten und Ringen einen enormen Schritt zum Schutz unserer Natur vorangekommen sei. Dass künftig mehr Kohärenz zwischen Natur- und Klimaschutz herrschen soll, sei „ein klares Signal für mehr natürlichen Klimaschutz“ bei der Weltklimakonferenz in Baku. Es liege aber „noch viel Arbeit vor uns“. Dennoch sollten die Ergebnisse in Cali nicht als gering eingeschätzt werden (NDR-Interview). Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) nannte es allerdings „bedauerlich, dass die Weltnaturkonferenz zu Ende gegangen ist, ohne dass eine Strategie beschlossen wurde, wie weitere Gelder für den Naturschutz aufgebracht werden können“. Die geschaffene Grundstruktur für einen Fonds sei aber „erfreulich“. Deutschland reiste mit einem Entwurf für eine Nationale Nachhaltigkeitsstrategie 2030 im Gepäck zur COP und war damit einer der wenigen Staaten, die überhaupt einen Aktionsplan vorlegen konnten - wenn auch einen noch nicht final beschlossenen.

Reaktionen von Umweltverbänden: „eine in Teilen fortschrittliche Blamage“

Der WWF nannte das plötzliche Ende der Konferenz durch Beschlussunfähigkeit, weil viele Delegierte schlicht abgereist waren, „eine Blamage“ und „ein trauriges Sinnbild für den Stand des globalen Biodiversitätserhalts“. Inhaltlich sei das Ergebnis durchwachsen. Zwar konnten sich 196 Länder erfolgreich darauf einigen, wie Unternehmensprofite aus der Nutzung genetischer Ressourcen aus der Natur in den globalen Süden fließen sollen. Aber die Zukunft des globalen Biodiversitätsfonds blieb unklar, die Verabschiedung einer Finanzierungsstrategie blieb aus und daran scheiterte schlussendlich der Mechanismus, wie die Länder ihre Umsetzungsergebnisse messen sollen. Das treffe das bereits schwer belastete Vertrauensverhältnis zwischen Industriestaaten und den Ländern im globalen Süden empfindlich. Die „Lichtblicke in Cali“ seien ein Durchbruch für den Schutz biodiversitätsreicher Meeresgebiete und die stärkere Beteiligung indigener Bevölkerungen, lokaler Gemeinschaften und ihrem traditionellen Wissen in der Konvention. Neue Ergänzungen des Textes bezögen zudem zentrale Wirtschaftssektoren wie Infrastruktur und Finanzen in die Umsetzung des Weltnaturabkommens mit ein und würden die Zusammenhänge zwischen Biodiversität und Gesundheit anerkennen.

Auch der NABU konstatierte, dass die COP16 zwar Fortschritte brachte, zentrale Themen jedoch ungelöst blieben. Positiv sei die Einführung des sogenannten „Cali-Fonds“, der Unternehmen dazu bewegen soll, Gewinne aus der Nutzung genetischer Ressourcen zurückzugeben – für den Erhalt der globalen Biodiversität. Dies finde allerdings zunächst nur auf freiwilliger Basis statt. Die fehlenden Entscheidungen zu Finanzen und Fortschrittsüberwachung trügen zu einem „gravierenden Vertrauensverlust zwischen Entwicklungs- und Industrieländern“ bei. Der NABU forderte die Bundesregierung auf, die nationale Biodiversitätsstrategie 2030 (NBS 2030) zu verabschieden und den entsprechenden Aktionsplan zügig auf den Weg zu bringen. [jg]

Convention on Biological Diversity (Dokumente zur COP16)

EU-Kommission: COP16-Biodiversitätskonferenz in Cali endet mit wichtigen Beschlüssen 

BMUV: 16. Weltnaturkonferenz fasst zentrale Beschlüsse zum Schutz der Natur

WWF: Weltnaturkonferenz endet mit Blamage

NABU: UN-Biodiversitätskonferenz COP16 - Durchwachsene Bilanz 

Kritik an Biodiversitäts-Offsets und -Gutschriften: Erklärung der Zivilgesellschaft

Ein großes zivilgesellschaftliches Bündnis wandte sich derweil kritisch gegen Gutschriften für die biologische Vielfalt, Kompensationen und damit verbundene Handelssysteme. Die Märkte für biologische Vielfalt würden nach dem Vorbild der Kohlenstoffmärkte gestaltet, die schwerwiegende Mängel aufwiesen. Biodiversitätsgutschriften und Kompensationsprogramme seien „falsche Lösungen für ein falsches Problem“. Es gebe „viel bessere Möglichkeiten, die Finanzierung der biologischen Vielfalt zu erhöhen, ohne auf diese riskanten Programme zurückzugreifen“. Die Kompensation der biologischen Vielfalt ermögliche es den reichen Ländern, Unternehmen, Finanzinstitutionen und anderen Akteuren, von der Krise der biologischen Vielfalt zu profitieren, die sie selbst verursacht haben, und den Status quo aufrechtzuerhalten, indem sie die Umsetzung politisch schwieriger Entscheidungen zur Regulierung zerstörerischer Aktivitäten im eigenen Land vermeiden und gleichzeitig eine neue Anlageklasse für ihre Finanzsektoren schaffen. Kompensationen und Greenwashing führten in die falsche Richtung, versagten in Bezug auf Gerechtigkeit und Menschenrechte, führten marktbedingtes Versagen fort und beruhten auf schwachen Messmethoden. Zudem seien die Einnahmen ungewiss, unter anderem auch, weil schlechte Governance und Interessenkonflikte im Spiel seien.

Civil society statement on biodiversity offsets and credits  

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