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Definitiv Wasserstoff: Was bedeutet „grün”?
EU-News | 14.02.2023
#Klima und Energie

Definitiv Wasserstoff: Was bedeutet „grün”?

Grüner Wasserstoff
© AdobeStock/VectorMine
Grüner Wasserstoff

Die Kommission definiert, was grüner Wasserstoff ist. Die bisher fehlenden Kriterien hatten unter anderem zu einer Verzögerung im Trilog zur Erneuerbaren-Richtlinie geführt. Auch um die Wasserstoffinfrastruktur und Reform des Gasmarktes gab es Debatten.

Die EU-Kommission hat am 13. Februar die lang erwartete Definition geliefert, nach welchen Kriterien Wasserstoff als „grün” eingestuft werden kann. Deutschland nannte dies einen „wichtigen Schritt”.

Es handelt sich um zwei delegierte Rechtsakte. Der erste delegierte Rechtsakt legt fest, unter welchen Bedingungen Wasserstoff, wasserstoffbasierte Kraftstoffe oder andere Energieträger als erneuerbare Brenn- und Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs (renewable fuels of non-biological origin, RFNBOs) angesehen werden können. Der zweite delegierte Rechtsakt enthält eine Methode zur Berechnung der Lebenszyklustreibhausgasemissionen von RFNBOs. Bundesumweltministerium und Bundeswirtschaftsministerium nannten die Vorlage einen wichtigen Schritt.

Ein konkretes Kriterium ist die Zusätzlichkeit” von erneuerbar erzeugtem Strom für die Erzeugung von Wasserstoff (H2). Es müssen also neue Anlagen die Gesamtmenge an erneuerbaren Energien erhöhen. Durch klug gewählte Standorte für Elektrolyseure und Erzeugungsanlagen soll außerdem verhindert werden, dass das Netz unnötig groß ausgebaut werden muss, und zwar durchörtliche und zeitliche Korrelationen für erneuerbare Strombereitstellung und deren Nutzung für die H2-Erzeugung. Hierfür gelten Übergangsfristen.

Erneuerbarer Wasserstoff, der aus Biomasse wie Biogas hergestellt wird, gilt nicht als RFNBO, sondern fällt unter die Definition von „Biomasse-Brennstoffen“ der Erneuerbare-Energien-Richtlinie. Beide Rechtsakte basieren auf der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED), in der die Kernenergie nicht unter den erneuerbaren Energiequellen aufgeführt ist. Parallel läuft allerdings eine Definitionsdebatte um CO2-armen Wasserstoff. Dieser Wasserstoff, der aus nicht erneuerbaren Quellen stammt, müsste während seines gesamten Lebenszyklus mindestens 70 Prozent weniger Treibhausgasemissionen erzeugen als fossiles Erdgas. Umweltverbände befürchten ein Greenwashing des atombasierten sogenannten roten Wasserstoffs.

Wasserstoff, Erneuerbaren-Richtlinie und Atom

Die Verhandlungsführer des EU-Parlaments aus Umwelt- und Industrieausschuss Marcus Pieper (EVP, Deutschland) und Nils Torvalds (Renew, Finnland) hatten laut Europe.Table den Trilog zur Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED) am 7. Februar abgesagt, weil die EU-Kommission bis zu diesem Zeitpunkt noch keinen delegierten Rechtsakt zur Definition von grünem Wasserstoff vorgelegt hatte. Bereits im Januar hatte sich Streit angebahnt. Schattenberichterstatter beschwerten sich allerdings, dieser Schritt sei nicht mit ihnen abgesprochen gewesen.

Gasmarkt: Am 9. Februar hat der Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie im EU-Parlament (ITRE) über zwei Rechtsakte abgestimmt, die den Netzzugang für erneuerbare und kohlenstoffarme Gase, wie Biomethan und Wasserstoff, erleichtern sollen. Die Verordnung und die Richtlinie sollen die Reform des EU-Gasmarktes vorantreiben und neue Maßnahmen zur Dekarbonisierung und Versorgungssicherheit einführen. Die Regelungen fördern Biomethan und Wasserstoff als Ersatz für fossiles Gas, wobei Verbraucherinnen und Verbraucher dank eines neuen Zertifizierungssystems die Wahlfreiheit haben sollen, um sich für erneuerbare und kohlenstoffarme Gase zu entscheiden. CAN Europe reagierte skeptisch: Der ITRE setze auf falsche Lösungen und habe versäumt, einen echten Ausstieg aus fossilem Gas zu unterstützen, weil eine Mehrheit dafür stimmte, große Gasbetreiber mit der Planung der künftigen Wasserstoffinfrastruktur zu beauftragen. Um die EU-Klimaziele zu erreichen, müsse außerdem die Definition von kohlenstoffarmen Gasen - wie Wasserstoff auf der Basis von fossilem Gas, grau oder blau - erheblich verschärft werden und einen Reduktionsfaktor von 80 Prozent statt 70 Prozent als Basis nehmen.

Ende Januar hatte CAN Europe das EU-Parlament aufgefordert, bei der Verordnung über den Gas- und Wasserstoffmarkt für die Schaffung einer unabhängigen Stelle für den Aufbau eines Wasserstoffnetzes (Europäisches Netz der Wasserstoffnetzbetreiber - ENNOH) zu stimmen. Diese Einrichtung müsse von Betreibern von Wasserstoffnetzen unabhängig und ohne Interessenskonflikte geleitet werden, damit der Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur kosteneffizient und angemessen erfolgen könne. Vor allem in der Schwerindustrie und in der Langstreckenluft- und -schifffahrt soll zukünftig erneuerbarer Wasserstoff fossile Brennstoffe und fossilen Wasserstoff ersetzen.

Neun EU-Mitgliedstaaten haben wiederum Anfang Februar die EU-Kommission aufgefordert, auch mittels Atomstrom hergestellten Wasserstoff in die EU-Ziele für erneuerbaren Wasserstoff aufzunehmen, weil dieser CO2-arm sei (Artikel Euractiv). Frankreich, Rumänien, Bulgarien, Polen, Slowenien, Kroatien, die Slowakei, Ungarn und die Tschechische Republik forderten Technikneutralität und nationale Entscheidungskompetenzen bei der Definition ein. [jg]

EU-Kommission: Kommission legt Vorschriften für erneuerbaren Wasserstoff fest und  Delegierte Rechtsakte der EU über erneuerbaren Wasserstoff

BMUV: Wichtiger Schritt für Markthochlauf von grünem Wasserstoff

Europe.Table (kostenpflichtig): EP lässt RED-Trilog platzen und Wasserstoff: Delegierte Rechtsakte angenommen

ITRE: Reform of EU gas market: new measures to decarbonise and secure supply

Euractiv: Frankreich und Verbündete fordern Rolle für Atomstrom-Wasserstoff

CAN Europe: Building fit-for-purpose hydrogen infrastructure requires an independent body

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