Energie und Klima kompakt vom 25.01.2023
EU-Kommissionspräsidentin preist auf Weltwirtschaftsgifel in Davos saubere Technologien als den „am schnellsten wachsenden Investitionssektor“ an. Deutschland preist die eigene Klimapolitik. Der BUND schließt sich der Lobpreisung nicht an und erhebt eine Klimaklage gegen die deutsche Regierung. Kommission gründet neues Bündnis für handelspolitischen Klimaschutz und startet Konsultation zur Reform des Strommarktes in der EU. DNR und französische Umweltorganisationen fordern Tandem-Vorreiterrolle von Frankreich und Deutschland in Sachen Klimaschutz und Energieeffizienz.
Von der Leyen in Davos: Europa muss besser werden
Vom 17. bis 20. Januar fand im Schweizerischen Davos das Weltwirtschaftsforum statt (Videomitschnitte der EU-Kommission). Umweltaktive warnten vor Greenwashing und forderten mehr Klimagerechtigkeit (EurActiv). Der mehrtägige Gipfel habe durch Start und Landungen von 1.040 Privatjets viermal so viel CO2-Ausstoß verursacht wie in einer durchschnittlichen Woche anfallen, kritisierte Greenpeace International. Neben der verbalen Unterstützung für die Ukraine mahnte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in ihrer Sonderrede, dass nur ein kleines Zeitfenster bleibe, um in saubere Technologien und Innovationen zu investieren. Wettbewerb und Handel seien „der Turbo für saubere Technologien und Klimaneutralität“ und zwar in der gesamten Wirtschaft: im Verkehr, in Gebäuden, im verarbeitenden Gewerbe, im Energiesektor und mehr. Europa müsse da bei der Förderung „besser werden“. Es sei „der am schnellste wachsende Investitionssektor in Europa“, sein Wert habe sich allein von 2020 auf 2021 verdoppelt. Schätzungen der Internationalen Energieagentur zufolge werde sich der Markt für massengefertigte saubere Energietechnologien 2030 auf rund 650 Milliarden US-Dollar pro Jahr belaufen. Das sei mehr als das Dreifache des heutigen Niveaus, so von der Leyen, die auf den europäischen Green Deal verwies.
BUND klagt gegen deutsche Klimapolitik
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz nahm am Weltwirtschaftsforum in Davos teil. Laut BUND pries er die eigene Klimapolitik und „versprach vor aller Welt, Deutschland werde bis 2045 klimaneutral sein“. Das stehe so zwar auch im Klimaschutzgesetz, aber diese „Worthülsen“ hätten „wenig mit der Realität zu tun“. In einigen Bereichen verstoße die deutsche Regierung „permanent gegen die gesetzlich festgelegten Reduktionsziele“, im Verkehrssektor seien die Treibhausgas-Emissionen angestiegen, statt gesunken. Weitere Autobahnen sollten im Eilmodus durchgesetzt werden und auch im Gebäudesektor würden die Ziele nicht erreicht. „Die Bilanz der Ampel mit Blick auf den Klimaschutz ist niederschmetternd“, so der BUND. Deshalb hat der Verband Klage eingereicht (siehe News 24.01.2023).
Neues global agierendes Klima-Bündnis von EU-Handelsministerien plus Partnern
Wie kann Handelspolitik bei der Bewältigung des Klimawandels mitwirken? Das soll eine neue Vereinigung klären. EU-Kommission, die EU-Mitgliedstaaten und 26 Partnerländer haben am 19. Januar „Das Bündnis von Handelsministern zum Thema Klima“ ins Leben rufen. Es sei das erste globale Forum auf ministerialer Ebene, das sich mit den Themen Handel, Klima und nachhaltige Entwicklung befasse. Es stehe für weitere Länder offen. Ziel sei, den Handel mit und die Investitionen in Waren, Dienstleistungen und Technologien voranzutreiben, mit denen der Klimawandel eingedämmt und die Anpassung an den Klimawandel gefördert werden sollen. Dazu sollen Partnerschaften zwischen handels- und klimaschutzorientierten Gemeinschaften aufgebaut werden. So könnten „handelspolitische Maßnahmen die am stärksten gefährdeten Entwicklungsländer und die am wenigsten entwickelten Länder, die den größten Risiken durch den Klimawandel ausgesetzt sind“ unterstützt werden.
Konsultation zur Reform des Strommarktes in der EU
Die EU-Kommission hat eine Konsultation zur künftigen Ausgestaltung des europäischen Strommarktes gestartet. Bis zum 13. Februar können Rückmeldungen gegeben werden, wie dieser widerstandsfähiger gemacht werden kann und welche Möglichkeiten es gibt, die Auswirkungen der Gaspreise auf die Stromrechnungen zu verringern und gleichzeitig die Energiewende zu unterstützen.
DNR et al.: „Deutschland und Frankreich müssen die europäische Energiewende solidarisch vorantreiben“
Anlässlich des 60. Jahrestags des Elysée-Vertrags am 20. Januar haben Umweltorganisationen aus Frankreich und Deutschland die jeweiligen Regierungen aufgefordert, sich als „deutsch-französisches Tandem“ für höhere EU-Energieziele einzusetzen. Sie sollten sicherstellen, dass die erforderlichen Investitionen in den grünen Wandel nicht nur auf nationaler Ebene in Deutschland und Frankreich, sondern für die gesamte EU zur Verfügung stünden. Ein kollektiver Europäischer Fonds müsse allen EU-Mitgliedstaaten mehr finanziellen Spielraum für Investitionen geben, Ungleichheiten könnten die Integrität des gemeinsamen Binnenmarkts und damit auch das europäische Klimaschutzprojekt gefährden.
Zudem müssten die Investitionen nicht nur grüne Technologien voranbringen, sondern auch den massiven Einsatz erneuerbarer Energien, öffentliche Verkehrsinfrastruktur, Gebäudesanierung und Energieeffizienz sowie zugleich Geschlechterungleichheit in den Blick nehmen. Dafür müsse dringend das EU-Beihilferecht reformiert werden. DNR-Geschäftsführer Florian Schöne: „Angesichts der Energie- und Klimakrise und der massiven Subventionierung grüner Technologien in den USA durch den Inflation Reduction Act darf die EU jetzt keine Zeit mehr verlieren, um genügend Investitionen für den Übergang hin zu einer 1,5°C-kompatiblen europäischen Wirtschaft sicherzustellen.“ Eine Verpflichtung Frankreichs und Deutschlands zu mehr erneuerbaren Energien ohne Atomkraft und mehr Energieeffizienz bis 2030 seien das richtige Signal für die europäische Wirtschaft. Das Verbändebündnis hatte schon Mitte Dezember in einem offenen Brief mit dem Titel „Deutsch-französischer Antrieb für eine belastbare und effiziente europäische Energiewende“ an die zuständigen Ministerien geschickt.
Laut Medienberichten wurde übrigens vereinbart, dass im Sommer 60.000 Bahntickets für junge Menschen in Frankreich und Deutschland zur Verfügung stehen sollen. Das Bundesumweltministerium startete mit dem französischen Pendant einen Deutsch-Französischen Strategischen Umweltdialog und vereinbarte die gemeinsame Förderung der Umsetzung des europäischen Green Deal sowie die verstärkte Zusammenarbeit im Umweltbereich. [jg]
Sonderansprache von Präsidentin von der Leyen auf dem Weltwirtschaftsforum
Greenpeace: Private jet emissions quadrupled during 2022 World Economic Forum
BUND-Newsletter zur Klimaklage
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BMUV: Frankreich und Deutschland stärken ihre Zusammenarbeit im Umweltbereich