Entwurf des EU-Klimaschutzgesetzes: Wird das reichen?
Die EU-Kommission hat am Mittwoch ihren Vorschlag für ein europäisches Klimaschutzgesetz veröffentlicht. Klimaschützer*innen sind skeptisch, ob damit das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 erreicht wird.
Mit diesem Gesetz will die Kommission das politische Bekenntnis, dass die EU bis 2050 klimaneutral werden soll, rechtlich verankern. Unklar ist allerdings, zu welchen Anteilen Emissionsreduktion und (technologische und natürliche) Senken zur Treibhausgasneutralität beitragen sollen.
Unterfüttert werden soll dieses Ziel mit einem Pfad mit Zwischenzielen beginnend in 2030, den die Kommission per Durchführungsrechtsakt und basierend auf ökonomischen, sozialen, technologischen und wissenschaftlichen Gegebenheiten zukünftig festlegen will.
Das 2030-Ziel soll von aktuell 40 auf 50 bis 55 Prozent CO2-Verringerung angehoben werden. Die Entscheidung dazu soll im September fallen. Das kommt erstens zu spät, finden viele Klimaschutzorganisationen wie CAN Europe, der WWF und der Deutsche Naturschutzring mit Blick auf die UN-Klimakonferenz im November in Glasgow. Und zweitens ist dies zu gering, beklagen die Organisationen. Sie fordern die Anhebung des Ziels auf mindestens 65 Prozent.
Auch im Ministerrat deutet sich an, dass es beim 2030-Ziel knirschen wird. Denn zwölf Mitgliedstaaten der sogenannten Green Growth Group (Gruppe des Grünen Wachstums) innerhalb des Umweltrates forderten am Dienstag die Kommission auf, spätestens im Sommer dieses Jahres einen neuen und ehrgeizigeren Vorschlag vorzulegen. Deutschland ist nicht unter den EU-Ländern, die auf eine rasche Ambitionssteigerung drängen.
Reaktionen aus den Umwelt- und Klimaschutzorganisationen
Ein europäisches Klimagesetz mit einer rechtlich verbindlichen Festschreibung der Klimaneutralität bewertet Kai Niebert, Präsident des Deutschen Naturschutzrings, als einen wichtigen Schritt im Kampf gegen die Klimakrise. Aber die Kommission drücke sich vor den notwendigen Konsequenzen. „Solange im Gesetz nicht ein verbindliches, wissenschaftlich abgesichertes Klimaziel auch für 2030 formuliert ist, bleibt das beste Gesetz eine leere Hülle“, warnte Niebert.
Für den Vorsitzenden des BUND Olaf Bandt enthält der Entwurf nicht mehr als das Bekenntnis zu Klimaneutralität. Er erinnerte daran, dass das aktuelle EU-Klimaziel 2030 gegen das Pariser Klimaabkommen verstoße.
Der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe Sascha Müller-Kraenner kritisierte: „Die Kommission hat die Chance verpasst, verbindliche Zwischenziele festzulegen und eindeutig klimaschädliche Praktiken, wie die Förderung einer fossilen Infrastruktur zu beenden.“
Die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch sieht im Vorschlag einen Meilenstein in Bezug auf die Verbindlichkeit der EU-Klimapolitik. Zugleich mahnt Germanwatch aber entscheidenden Nachbesserungsbedarf an.
Der NABU nennt es fatal, dass die Kommission bisher komplett verkenne, wie wichtig gesunde Wälder, Moore und Meere als natürliche Treibhausgassenken für den Klimaschutz sind. Daher müssten sie wiederhergestellt und wirksam geschützt werden. Doch im Gesetzentwurf werden Wälder, Moore und Meere nicht erwähnt.
Auch die Scientists for Future übten harsche Kritik am Gesetzentwurf. Die darin vorgeschlagenen Maßnahmen blieben weit hinter den aus wissenschaftlicher Sicht notwendigen Maßnahmen zurück. Die EU verfehle damit die für einen global erfolgreichen Klimaschutz notwendige und in Anspruch genommene Führungsrolle und versäumt die Weichenstellung hin zu einer starken Position im kommenden Transformationsprozess.
Klimapakt und Jahr der Schiene
Am Mittwoch ist eine öffentliche Konsultation der EU-Kommission zum Klimapakt angelaufen. Interessierte EU-Bürger*innen und Akteure aus Politik, Zivilgesellschaft und Wirtschaft können Feedback geben, wie eine neue „Klimaschutzkultur“ etabliert und ein Bewusstsein für Klimaschutz geschaffen werden kann. Die Konsultation endet am 27. Mai.
Darüber hinaus ließ die EU-Kommission am Mittwoch verlauten, dass 2021 das Jahr der Schiene werden soll. Den klimafreundlichen Schienenverkehr zu bewerben, kommt nicht von ungefähr - nehmen die CO2-Emissionen im Verkehr entgegen den Zielvorgaben kontinuierlich zu. Bleibt zu hoffen, dass das „Year of the Rail“ nicht zum „Year of the Fail“ wird. [aw]
EU-Kommission: Konsultation zum Klimapakt
DNR: EU-Klimaschutzgesetz wird Versprechungen des Green Deals nicht gerecht
CAN Europe: Leaked EU Climate Law fails to set the required pace of urgent climate action
WWF EU: Climate law must end polluting EU policies
DUH: Klimagesetz der EU-Kommission nicht ausreichend für Klimaneutralität 2050
BUND: Kommentar zum EU-Klimaschutzgesetz: Statt Mondlandung droht Bruchlandung
Germanwatch: EU-Klimagesetz: Entwurf ist ein Meilenstein mit Nachbesserungsbedarf