EU-Parlament macht Weg frei für neue Energieziele in Europa
Am 12. September hat das EU-Parlament den endgültigen Text der überarbeiteten Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (RED III und RED IV) angenommen. Die Richtlinie zielt darauf ab, den Anteil der erneuerbaren Energien bis 2030 auf 42,5 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs zu erhöhen und Genehmigungsverfahren für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien zu vereinfachen. Die Zustimmung der Mitgliedstaaten steht noch aus.
Eine große Mehrheit der EU-Abgeordneten sprach sich für einen ambitionierteren Klimaschutz in der EU aus: 470 Personen stimmten dafür, 120 dagegen; es gab 40 Enthaltungen. Markus Pieper, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Gruppe und Berichterstatter des Europaparlaments für die RED, sprach von einem „Booster für den weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien“. Statt wie bisher 32 Prozent, sollen bis 2030 42,5 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs in der EU über erneuerbare Energie abgedeckt werden. Alle Mitgliedstaaten sind überdies aufgefordert, sich um die Erreichung des angestrebten, aber nicht verpflichtenden 45-Prozent-Ziels zu bemühen.
Mit der Revision der Richtlinie wird der Ausbau der Erneuerbaren als „überragendes öffentliches Interesse“ eingestuft und Genehmigungsverfahren beispielsweise für die Errichtung von Windparks erleichtert. Damit werden Maßnahmen für beschleunigte und vereinfachte Planungs- und Genehmigungsverfahren dauerhaft festgeschrieben. Zudem müssen sogenannte Beschleunigungsgebiete (Go-to-Areas) festgelegt werden, in denen es Ausnahmen von den Artenschutzvorgaben geben kann. „Eine einzelne Haselmaus soll keinen Windpark mehr verhindern können“, so Pieper.
NGOs befürchten Aufweichung des Natur- und Artenschutzes
Konkret heißt das: Projekte für erneuerbare Energien können unter bestimmten Bedingungen von der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und den damit verbundenen öffentlichen Anhörungen ausgenommen werden. UVP-pflichtige Projekte wie Windparks und große Solaranlagen müssen innerhalb von zwei Jahren genehmigt werden, in den Beschleunigungsgebieten sogar innerhalb eines Jahres. Ausnahme sind die Offhore-Windanlagen, hier beträgt die Genehmigungsfrist zwei (Go-to-Areas) beziehungsweise drei Jahre.
Das CEE Bankwatch Network befürchtet, dass solche Projekte zukünftig vermehrt auch in den besonders geschützten Natura 2000-Gebieten genehmigt werden könnten. „Die neuen Regeln untergraben jahrzehntelang hart erkämpfte EU-Umweltschutzmaßnahmen und sind ein Rückschritt bei der Mission, den Naturverlust bis 2030 aufzuhalten und umzukehren. Die überarbeitete Richtlinie ermöglicht mehr Projekte in Gebieten, in denen sie eigentlich verboten sein sollten, wie Natura 2000-Gebieten mit prioritären Arten, Flüsse mit gutem Wasserzustand und Gebieten, die für Vogelpopulationen wichtig sind“, so Andrey Ralev, Biodiversitäts-Kampaigner bei CEE Bankwatch Network.
Umweltschutzorganisationen kritisieren zudem, dass die holzbasierte Biomasse weiterhin als erneuerbare Energiequelle gilt und damit förderfähig bleibt. Der ursprüngliche Text des EU-Parlaments hätte die „Nachhaltigkeitsanforderungen zur Verbrennung von Holzbiomasse für die Stromerzeugung verbessert“, heißt es in einem offenen Brief unter Federführung von BirdLife International an die EU-Abgeordneten. Im nun verabschiedeten Kompromissvorschlag seien sie aber fast vollständig gestrichen worden. Damit würden die EU-Klimaziele untergraben. Die Umweltschutzorganisationen appellieren an die Mitgliedstaaten, nun auf nationaler Ebene strengere Nachhaltigkeitskriterien festzulegen, als im endgültigen Text der Richtlinie festgelegt.
Verbindliche Sektorziele und Atomkompromiss
Die RED sieht weiterhin vor, dass sogenannte „innovative“ Technologien für erneuerbare Energien bis zum Ende des Jahrzehnts mindestens fünf Prozent der neu installierten erneuerbaren Kapazitäten ausmachen sollen; dabei geht es beispielsweise um schwimmende Solarzellen, Winddrachen, Flusskraftwerke, Algenhäuser oder Wellenkraftwerke.
Die EU-Mitgliedstaaten müssen ihren Beitrag zum EU-Klimaziel in nationalen Klima- und Energieplänen festlegen. Für einzelne Sektoren werden mit der RED höhere beziehungsweise verbindliche Ziele zur Deckung des Energiebedarfs aus Erneuerbaren vorgeschrieben. So muss der Verkehrssektor bis 2030 mindestens 29 Prozent erneuerbare Energien einsetzen oder seine Treibhausgase bis 2030 um mindestens 14,5 Prozent reduzieren.
Außerdem soll Wasserstoff, der von der Industrie verwendet wird, bis 2030 zu 42 Prozent und bis 2035 zu 60 Prozent aus erneuerbaren Quellen stammen. Allerdings kann hier die Anrechnung von 20 Prozent „renewable fuel of non-biological origin“, sprich: aus Atomstrom, erfolgen, falls der jeweilige Staat sein Gesamtziel für Erneuerbare im Jahr 2030 erreicht und der Anteil seines Gesamt-Wasserstoff-Mixes 2030 nicht höher als 23 Prozent ist (2035 nicht höher als 20 Prozent). Dieser Kompromiss ist eine Konzession an die Zustimmung Frankreichs.
Bevor die geänderte Richtlinie in Kraft treten kann, müssen noch die EU-Mitgliedstaaten zustimmen – dies gilt aber als gesichert. [ym]
Pressemitteilung CDU/CSU-Gruppe
Pressemitteilung Michael Bloss
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