EU-Parlament unterstützt fragwürdige Gasprojekte
Die Mehrheit der EU-Abgeordneten hat am Mittwoch einen Antrag der Fraktion Grüne/EFA abgelehnt, der die vierte Liste der EU-Kommission über besonders förderfähige Energieprojekte blockiert hätte.
Mit 443 Nein-Stimmen zu 169 Ja-Stimmen und 36 Enthaltungen stimmte das Plenum gegen den Vorschlag der Grünen im Europaparlament, die sogenannte vierte Liste von Projekten von gemeinsamem Interesse (projects of common interest, PCI) der EU-Kommission nicht zu billigen.
Aus Sicht der Fraktion enthält die Liste zahlreiche Infrastrukturvorhaben, durch welche Gas als fossiler Energieträger gefördert würde. Dies widerspreche den Zielen des Pariser Klimaabkommens und dem europäischen Grünen Deal. So twitterte es der grüne Europaabgeordnete Michael Bloss.
Die vierte PCI-Liste, die die EU-Kommission im Herbst des vergangenen Jahres vorgelegt hatte, umfasst insgesamt 151 Infrastrukturprojekte im Energiebereich, die vorrangig finanziell gefördert werden sollten. Darunter befinden sich nach Angaben des Nachrichtenportals EurActiv 32 Vorhaben, die auf dem Energieträger Gas basieren.
Die Klimaschutzorganisation Climate Action Network (CAN) Europe sowie die Umweltschutzorganisation Friends of the Earth Europe (FoEE) sprechen sogar von 55 Gasprojekten, die die EU finanziell unterstützen wolle. So sollen Gaspipelines in Süd- und Südosteuropa und Terminals für Flüssiggas (LNG, liquified natural gas) in Irland und Kroatien Unterstützung erhalten.
Beide Organisationen bezweifeln nach der Abstimmung am Mittwoch, dass ein vollständiges Auslaufen von fossilem Gas bis 2035 zustande kommt. Sie warnen davor, dass sich die EU für die kommenden 40 bis 50 Jahre von Gas abhängig mache.
Der US-Schauspieler Mark Ruffalo hatte vergangene Woche das EU-Parlament besucht und die Abgeordneten dazu aufgefordert, gegen die PCI-Liste zu votieren: „Verwenden Sie kein Geld für US-amerikanisches Frackinggas“. Offenbar blieb auch diese Warnung ungehört. Einige der geplanten Terminals sind speziell für US-Frackinggasimporte vorgesehen.
EZB soll klimafreundlicher werden
Etwas erfreulicher kommt die Entschließung des EU-Parlaments zu Verantwortlichkeiten der Europäischen Zentralbank (EZB) daher: Das Parlament fordert die EZB auf, die Faktoren Umwelt, Soziales und Governance (ESG-Faktoren) besser in ihre Politik zu integrieren und ihr Programm zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors (CSPP) neu zu gestalten, um ökologisch nachhaltige Initiativen besser zu unterstützen. Die Abgeordneten bedauern, dass grüne Anleihen immer noch nur 1 Prozent des gesamten Angebots an auf Euro lautenden Anleihen ausmachen. Eine Mehrheit (62,1 Prozent) der Ankäufe von Unternehmensanleihen der EZB erfolgt stattdessen in den Bereichen, die für 58,5 Prozent der Treibhausgasemissionen im Euro-Währungsgebiet verantwortlich sind.
Das europäische Büro des WWF begrüßte die Entschließung des Parlaments. Auch die EZB selbst kündigte bereits an, ihr Mandat in diesem Jahr einer Prüfung zu unterziehen. [aw]
EurActiv: Parliament backs EU list of energy projects, ignoring Greens
Michael Bloss (Grüne/EFA) via Twitter
CAN Europe: The phasing out of fossil gas should have started today
EurActiv: ‘Don’t waste your money on American LNG’: Mark Ruffalo in the European Parliament
EU-Parlament: Die Politik der EZB wirkt, aber neue Herausforderungen erfordern neue Antworten
WWF EU: MEPs massively back European Central Bank climate role