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EU-Vorschlag: 90 Prozent emissionsfreie LKW bis 2045
EU-News | 28.06.2023
#Klima und Energie

EU-Vorschlag: 90 Prozent emissionsfreie LKW bis 2045

Mit Wasserstoff betriebener LKW
© Foto: AdobeStock/AA+W
Mit Wasserstoff betriebener LKW

Ein aktueller Bericht plädiert für die Verschärfung der Flottengrenzwerte für Schwerfahrzeuge wie LKW und Busse bis spätestens 2045. Ein erstes Treffen der EU-Umweltminister zeigt: den einen sind die Ziele nicht ambitioniert genug, andere lehnen sie als unrealistisch ab.

Möglicherweise wird es bald kaum noch fossil betriebene schwere Nutzfahrzeuge im Güterverkehr der EU geben. In einem am 20. Juni veröffentlichten Berichtsentwurf spricht sich der EU-Parlamentarier und Rapporteur, Yannick Jadot (Greens, Frankreich), für eine Verschärfung der C02-Flottengrenzen für Schwerfahrzeuge wie LKW und Busse aus. Dadurch sollen sowohl die Luftqualität in Europa verbessert, der ökologische Fußabdruck reduziert als auch neue Arbeitsplätze beispielsweise im Zuge der Umstellung auf elektrische LKW geschaffen werden.

In einigen Aspekten unterscheidet sich der Bericht von dem Vorschlag der EU-Kommission von Februar 2023. So kritisiert Jadot, der Kommissionsvorschlag sei weniger ambitioniert als die selbstgesetzten Einsparungsziele des Marktes. Der Berichterstatter schlägt zudem vor, die Zielvorgaben auf gewerblich genutzte Fahrzeuge - wie Müllwagen und Betonmischer - und LKW mit einem Gewicht von weniger als fünf Tonnen auszudehnen.

Im Detail sieht der Bericht vor, dass die CO2-Reduktionsziele für neue LKW etwa fünfjährlich ansteigen und zunächst mit einer Reduktion um 45 Prozent bis 2030 gegenüber dem Jahr 2019 beginnen sollen. Im Jahr 2040 sollen je Flotte 65 Prozent, im Jahr 2045 bereits 90 Prozent der Emissionen eingespart werden. Die flottenbezogenen Ziele hätten zur Folge, dass Produzenten die Reduktionsvorgaben im Durchschnitt aller neu verkauften Fahrzeuge, aber nicht bei allen einhalten müssen. Im Jahr 2040 dürfte dann nur noch eine Minderheit der Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren ausgestattet sein. Für Stadtbusse sollen zukünftig strengere Vorgaben gelten: in dem Punkt sähe die neue Verordnung vor, dass der komplette Umstieg auf emissionsfreie Technologien hier bereits bis 2030 erfolgen müsste.

Mehr Ambitionen oder mehr Realismus in der Umsetzung?

Am Tag der Veröffentlichung tauschten sich bereits die EU-Mitgliedstaaten bei einem Treffen des Umweltrates in Luxembourg über den Bericht aus. Dabei zeigte sich, dass die Konfliktlinien der Länder in der Diskussion „zwischen Ehrgeiz und Realismus“ verlaufen.

Ambitioniertere Ziele in der Emissionsreduktion von LKWs forderten unter anderem Dänemark, die Niederlande und Österreich. Nach Ansicht dieser Länder sollte so vor allem das 2030er-Ziel erhöht werden, um den Markt für emissionsfreie Schwerfahrzeuge anzukurbeln und auf diesem Wege auch die Wettbewerbsfähigkeit der EU in dem Sektor zu erhöhen.

Deutschland und Finnland ordnen insbesondere die Technologieoffenheit des Vorschlags positiv ein. Dieser würde auch die Verwendung zum Beispiel von E-Fuels oder Biogas nicht ausschließen. Bundesumweltministerin Steffi Lemke fand insbesondere begrüßenswert, dass neben „batterieelektrischen und wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen auch Wasserstoffmotoren vorgesehen sind und klimaneutrale Kraftstoffe gefördert werden.“

Im Kontrast dazu sehen einige Länder den Vorschlag als zu weitgehend an. So nannte Italien das Ziel für 2030 eine „besondere Herausforderung“, Tschechien bezeichnete die Vorhaben generell als „unrealistisch“ und Polen äußerte Bedenken dazu, dass durch den Vorschlag wohlhabendere Mitgliedstaaten gegenüber solchen mit geringerem BIP unverhältnismäßig begünstigt werden könnten. Auch der bulgarische Umweltministier sprach sich für eine Ausnahmeregelung für das 2030-Reduktionsziel aus.

Mehr als 40 Unternehmen fordern höhere EU-Flottengrenzwerte

In einem Brief an die EU-Gesetzgeber*innen rufen zudem 41 Unternehmen – darunter viele deutsche Firmen aus der Logistikbranche sowie internationale Konzerne wie Nike, PepsiCo oder Heineken – sowie auch der sich für nachhaltigen Verkehr einsetzende Dachverband Transport & Environment dazu auf, die Dekarbonisierungsziele für LKWs noch zu erhöhen.

Für das Jahr 2030 halten die Unterzeichnenden die EU-Mitgliedstaaten sowie die Mitglieder des Europäischen Parlaments dazu an, die Flottengrenzwerte um ein Fünftel auf 65 Prozent zu erhöhen. Die Forderung zielt darauf ab, die neuen Regularien mindestens auf „das Niveau der freiwilligen Herstellerziele“ zu bringen. Dadurch könnte die Zahl umweltfreundlich betriebener LKW auf den EU-Straßen um mehr als 150.000 im Vergleich zum Kommissionsvorschlag steigen. Zusätzlich fordern die Unternehmen die Festlegung eines Datums, zu dem alle LKW emissionsfrei sein müssten.

Bis zur endgültigen Einigung über die neue Verordnung dürfte ohnehin noch etwas Zeit vergehen. Die Beratungen der EU-Umweltminister und des Europäischen Parlaments laufen zwar bereits, eine Übereinkunft ist allerdings nicht vor Anfang 2024 zu erwarten. [mi]

 

ENDS Europe: Heavy-duty vehicles: Lead MEP calls for zero emissions by 2040.

Euractiv: CO2-Flottengrenzwerte für Lkw.

Europäisches Parlament: Berichtsentwurf zu Flottengrenzen bei LKW.

Transport & Environment: Forderung deutscher Unternehmen.

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