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GAP: Abschwächungen, Anpassungen und Anstrengungen
EU-News | 11.07.2024
#Biodiversität und Naturschutz #Landwirtschaft und Gentechnik

GAP: Abschwächungen, Anpassungen und Anstrengungen

Thierry RYO
© AdobeStock/Thierry RYO
Kühe auf der Weide

Die Ampel-Koalition kündigt neue Öko-Regelungen an. Agrarbetriebe rufen teils deutlich mehr Förderung für die freiwilligen Maßnahmen ab. Bund und Länder haben sich im Rahmen der Agrarministerkonferenz (AMK) auf Anpassungen der Konditionalität und bei den Öko-Regelungen geeinigt. Auf Brachen zu verzichten, wirkt sich negativ auf die Umwelt aus, zeigt eine Studie des Umweltbundesamts.

Kurz vor der parlamentarischen Sommerpause des Deutschen Bundestags wurden noch wichtige Beschlüsse zur nationalen Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) gefasst. In der letzten Sitzungswoche hat die Ampel-Koalition ihr Agrarpaket verabschiedet und damit gerade noch fristgerecht ihr Versprechen gegenüber der Landwirtschaft eingelöst. Zuvor hatten sich Bund und Länder im Rahmen der Agrarministerkonferenz bereits auf Anpassungen des GAP-Strategieplans für das Jahr 2025 geeinigt. Dass es eine schlechte Idee war, die Grundanforderung zur Bereitstellung von Biodiversitätsflächen (GLÖZ 8) aufzugeben, zeigt eine neue Untersuchung des Umweltbundesamtes. Zudem liegen nun neue Daten zur Inanspruchnahme der freiwilligen Öko-Regelungen für das Antragsjahr 2024 vor. Die Neuigkeiten im Überblick:

Agrarpaket bringt neue Öko-Regelungen

Am 5. Juli hat der Bundestag das von der Ampel-Koalition eingebrachte sogenannte Agrarpaket beschlossen. Dieses umfasst drei Gesetzesvorhaben, die zur Entlastung der Agrarbetriebe beitragen sollen. Das Paket war dem Sektor im Zuge der Proteste zum Jahresbeginn versprochen worden. Neben der Tarifermäßigung für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (Gewinnglättung) und der Änderung agrarrechtlicher Vorschriften mit Anpassungen im Agrarorganisationen- und Lieferkettengesetz (AgrarOLkG) zur Verbesserung der Stellung der Betriebe in den Wertschöpfungsketten wurden auch Änderungen des GAP-Konditionalitäten-Gesetzes (GAPKondG) beschlossen. In diesem werden die Grundanforderungen (Konditionalität) zur Inanspruchnahme der EU-Agrarsubventionen geregelt.

Die Änderungen setzen die auf EU-Ebene beschlossenen und von Umweltverbänden stark kritisierten Abschwächungen der Grundanforderungen in nationales Recht um. Hierzu zählen etwa die Aussetzung der verpflichtenden Bereitstellung von vier Prozent Biodiversitätsflächen und Ausnahmen von Umweltstandards für Betriebe bis zu zehn Hektar. Auch beschlossen wurde jedoch die Einführung zweier neuer Öko-Regelungen. Ab dem Jahr 2026 sollen die Mittel für diese freiwilligen Maßnahmen erhöht sowie ein neues Angebot für Milchviehbetriebe mit Weidehaltung sowie eine Maßnahme zur Stärkung der Biodiversität angeboten werden. Die genaue Ausgestaltung der beiden Öko-Regelungen wird noch in einer Rechtsverordnung geregelt. Die flächengebundene Basisprämie (Einkommensgrundstützung) soll hierfür unangetastet bleiben.

Mit dem Beschluss der neuen Öko-Regelungen kommt die Regierungskoalition einer beständigen Forderung von Landwirtschafts-, Umwelt- und Tierschutzverbänden nach. Entsprechend sieht DNR-Geschäftsführer Florian Schöne in der Ankündigung einen „Lichtblick in kritischen Zeiten“, da das Umweltniveau der GAP seit der Agrarprotesten sukzessive ausgehebelt worden sei. Die Einführung zusätzlicher Öko-Regelungen zur Honorierung von Gemeinwohlleistungen sei daher ein wichtiges Signal, um auf den Weg in Richtung des angestrebten, zukünftigen Grundprinzips „öffentliches Geld für öffentliche Leistungen“ zurückzukehren. Zudem sei die angekündigte Öko-Regelung für die Biodiversität dringend nötig, um die „Streichung der verbindlichen Bereitstellung von Brachflächen für die Natur zumindest ansatzweise abzufedern.“ Die Maßnahme müsse daher ökologisch wirksam und für die Betriebe ökonomisch attraktiv ausgestaltet werden, so Schöne weiter. Auch für den BUND-Vorsitzenden Olaf Bandt ist es eine überfällige und richtige Entscheidung, mehr Milchvieh auf die Weide zu bringen und damit die „gesellschaftlich gewollte Weidehaltung zu stärken“. Denn Weidehaltung sei gut für das Klima, die Biodiversität sowie „vor allem für die Tiere selbst“. Auch für Ottmar Ilchmann von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) stellen sich die Ampel-Fraktionen mit der Ankündigung den jüngsten Fehlentwicklungen in der GAP entgegen und und gehen einen ersten erkennbaren Schritt bei der Umsetzung der Empfehlungen der Zukunftskommission Landwirtschaft".

Landesagrarminister*innen beschließen GAP-Anpassungen für 2025

Bereits Ende Juni hatten sich Bund und Länder im Rahmen der Agrarministerkonferenz (AMK) auf Anpassungen der Konditionalität und bei den Öko-Regelungen geeinigt. Der AMK-Umlaufbeschluss enthält eine Reihe von Änderungen: So soll unter anderem der Fruchtwechsel (GLÖZ 7) auf jedem Acker erst im dritten Jahr erfolgen müssen, für die Mindestbodenbedeckung (GLÖZ 6) entfallen Fristen, die landwirtschaftliche Mindesttätigkeit soll statt jedes Jahr künftig nur alle zwei Jahre durchgeführt und manche Öko-Regelungen flexibler ausgestaltet werden. Der Umlaufbeschluss der Agrarministerinnen und -minister der deutschen Bundesländer betrifft bereits den GAP-Strategieplan 2025, der aber auch noch mit der EU-Kommission abgestimmt werden muss.

Nachfrage nach freiwilligen Umweltmaßnahmen gestiegen

Dass die Nachfrage der Agrarbetriebe nach den freiwilligen Öko-Regelungen im Antragsjahr 2024 deutlich gestiegen ist, zeigen derweil die neuen Antragszahlen der Direktzahlungen, die das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) am 1. Juli veröffentlicht hat. Für die Öko-Regelungen stehen in Deutschland laut BMEL rund eine Milliarde Euro im Jahr zur Verfügung. Demnach werden fast alle Öko-Regelungen deutlich stärker in Anspruch genommen als im ersten Jahr der neuen Förderperiode. Wie der vom BMEL veröffentlichten Tabelle zu entnehmen ist, liegt die Inanspruchnahme aller Öko-Regelungen, bis auf die Öko-Regelung 1c (Blühstreifen auf Dauerkulturen) im Vergleich zum Vorjahr im Plus, teilweise sogar deutlich.

Abschaffung von Brachen = negative Umweltwirkung

Inwieweit sich die Aussetzung - und nunmehr Abschaffung - des verpflichtenden Mindeststandards zur Bereitstellung von Biodiversitätsflächen (GLÖZ 8) auf die Umwelt auswirkt, untersucht eine neue Studie des Umweltbundesamtes (UBA). Vor dem Hintergrund des dramatischen Artensterbens in den Agrarlandschaften sei es eine falsche Entscheidung gewesen, auf verpflichtende Ackerbrachen zu verzichten. Insofern „hätte 2024 nicht von der ursprünglichen GLÖZ 8-Regelung abgewichen und, anders als im April 2024 beschlossen, die GLÖZ 8-Regelung nicht ab 2025 abgeschafft werden sollen“, heißt es in der Studie. Bereits Anfang Juni war in einer Anhörung des Agrarausschusses des Bundestages die Aufhebung des Mindestanteils an Brachflächen seitens der Wissenschaft scharf kritisiert worden. Auch der DNR betont seit langem die Bedeutung nicht-produktiver Ackerflächen als unverzichtbare Rückzugsräume für die Artenvielfalt. [bp]

 

Pressemitteilung DNR

Pressemitteilung BUND

Pressemitteilung AbL

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