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Gefährliche Chemikalien in Abfällen und Kosmetika
EU-News | 23.06.2022
#Chemikalien #Kreislaufwirtschaft

Gefährliche Chemikalien in Abfällen und Kosmetika

Nagellack in unterschiedlichen Farben
© Foto: Pixabay/Bru-nO
Die EU-Kosmetikverordnung ist einen Schritt weiter.

Rat und Parlament haben Anfang der Woche einen Kompromiss für Grenzwerte besonders gefährlicher Chemikalien in Abfällen gefunden. Die Umweltorganisation ChemSec hat sich kritisch an der diese Woche abgelaufenen Konsultation zur Kosmetikverordnung beteiligt. Nach bisher geltendem Recht seien bedenkliche Substanzen immer noch zulässig.

Grenzwerte für Ewigkeitschemikalien im Müll

Laut Medienberichten haben sich EU-Mitgliedstaaten und Europaabgeordnete am späten Montagabend geeinigt, Grenzwerte für persistente organische Schadstoffe (POPs) in Abfällen festzulegen. Damit soll verhindert werden, dass zu viele POPs während Recyclingprozessen in neuen Materialien landen, informierte die französische Präsidentschaft. Diese Chemikaliengruppe ist langlebig („Ewigkeitschemikalien“) und reichert sich mit schädlichen Wirkungen in Organismen an, weshalb die Verwendung in neuen Produkten streng geregelt ist, unter anderem in der Stockholmkonvention und der EU-Chemikalienverordnung REACH.

Die Einigung beinhaltet zum Beispiel spezifische Grenzwerte für Perfluoroctansäure (PFOA), die in wasserdichten Textilien oder Löschschäumen vorkommt. Auch für als Flammschutzmittel in Textilien und Kunststoffen verwendete Polybromierte Diphenylether (PBDE) sowie Hexabromcyclododecan (HBCDD) gelten neue Grenzwerte in Abfällen. Die Vereinbarung entstand im Rahmen des sogenannten Trilogverfahrens, bei dem trilaterale Verhandlungen zwischen Zuständigen aus den drei EU-Institutionen durchgeführt werden. Eine formale Zustimmung von Rat und Parlament steht noch aus, gilt aber als sicher.

Gegenüber EUobserver sagte der Berichterstatter des EU-Parlaments Martin Hojsík (Slowakei, Renews Europe), dass die EU-Mitgliedstaaten Forderung der Europaabgeordneten nach strengeren Grenzwerten abgelehnt hätten. Die EU-Mitgliedsstaaten seien bei der Festlegung von PFOA-Grenzwerten während der Verhandlungen „überhaupt nicht flexibel“ gewesen. Ihr Argument ist laut Hojsík gegenüber EUobserver: Es gebe nicht genügend Daten über die Kontamination, um strengere Grenzwerte zu rechtfertigen. Nun lägen die Grenzwerte für PFOA bei 1 Milligramm pro Kilogramm (mg/kg) und bei PFOA-verwandten Verbindungen bei 40 mg/kg.

Überarbeitung der EU-Kosmetikverordnung einen Schritt weiter

„Dass die EU-Verordnung über kosmetische Mittel furchtbar ist, gehört zu den am schlechtesten gehüteten Geheimnissen in Europa“, merkte die chemikalienkritische Organisation CHemSec Mitte der Woche an. Bisher sei die Verwendung mehrerer als gefährlich bekannter Chemikalien nach wie vor erlaubt - doch nun soll das Gesetz überarbeitet werden. Bis 21. Juni lief eine Konsultation dazu. Es sei an der Zeit, sich von giftigem Make-up zu trennen, empfahl ChemSec. Die derzeitige Gesetzgebung sei „unzureichend“, da sie kosmetische Produkte mit umwelt- und menschenschädigenden Stoffen wie Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS) und Umwelthormone zulässt. Darum laufe auch die Substitution - also ein Ersatz mit unschädlichen Alternativen - offensichtlich nicht in dem erwarteten Tempo.

Aber auch die Konsultation selbst lasse Fragen nach der Ernsthaftigkeit des Unterfangens offen, kritisierte ChemSec. Beispielsweise werde gefragt, ob man mit dem Kauf von Kosmetika einverstanden sei, die krebserzeugende oder immunsystemschädigende Chemikalien enthielten. „Die Tatsache, dass es sich nicht um eine rhetorische Frage handelt, macht sie absurd. Kein Mensch auf diesem Planeten würde Kosmetika, die krebserregende Chemikalien enthalten, gegenüber solchen bevorzugen, die das nicht tun (Überraschung!)“, so ChemSec. Es müsse ein Umdenken stattfinden – es gehe nicht um die Größe des Risikos, das Verbraucher*innen einzugehen gedächten. Die schädlichsten Chemikalien sollten gar nicht erst in Kosmetika enthalten sein, so die Organisation.

Die EU-Kommission hatte im Oktober 2020 ihre Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit - für eine schadstofffreie Umwelt vorgelegt (EU-News 15.10.2020) und darin angekündigt, die seit 2009 geltende EU-Kosmetikverordnung [(EG) Nr. 1223/2009] zu überarbeiten.

Im Rahmen der Chemikalienstrategie hatte die EU-Kommission Mitte Juni auch eine Empfehlung für die Definition von Nanomaterialien C_2022_3689_1_EN_ACT_part1_v6.pdf (europa.eu) veröffentlicht. [jg]

 

EUobserver: EU states reject stricter chemical rules in waste, says lead MEP

dpa-Europaticker: EU erzielt Einigung zu Grenzwerten für gefährliche Chemikalien - EU-Info.de

ChemSec: Time to break up with toxic makeup

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