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Gentechnik in natürlichen Ökosystemen: vermeidet IUCN ergebnisoffene Diskussion?
EU-News | 10.10.2024
#Biodiversität und Naturschutz #Landwirtschaft und Gentechnik

Gentechnik in natürlichen Ökosystemen: vermeidet IUCN ergebnisoffene Diskussion?

Glasröhrchen mit grafischer DNA-Doppelhelix, im Hintergrund eine Wissenschaftlerin
© Adobe Stock / Dan Race
Prüfender Blick auf die Doppelhelix im Reagenzglas

Am 4. Oktober endete das Regionale Naturschutzforum der Weltnaturschutzunion (IUCN) für Europa, Nord- und Zentralasien im belgischen Brügge. Es diente unter anderem zur Vorbereitung des IUCN-Weltnaturschutzkongresses 2025. Ebenfalls auf der Tagesordnung: die umstrittene synthetische Biologie im Kontext des Naturschutzes. 

Umweltverbände wie Save Our Seeds (SOS) und POLLINIS reagierten besorgt. Die IUCN ist das weltweit größte Netzwerk staatlicher und zivilgesellschaftlicher Naturschutzinstitutionen und -organisationen und entwickelt derzeit eine Position zu synthetischer Biologie. „Leider wurde in Brügge eine entscheidende Chance für einen sinnvollen Dialog über gentechnische Veränderungen von Ökosystemen und wildlebenden Organismen für Naturschutzziele und landwirtschaftliche Zwecke verpasst“, kritisierten SOS, Pollinis und andere Umweltorganisationen.

Die Grundlage für diesen Prozess sei 2021 beim IUCN-Weltnaturschutzkongress in Marseille (EU-News 08.09.2021, DNR-Pressemitteilung) durch die Resolution 123 geschaffen worden. Die Mitglieder beschlossen dabei die Einrichtung einer „ausgewogen besetzten Arbeitsgruppe“. Diese sollte „eine gleichberechtigte Vertretung von Geschlechtern, Regionen, Meinungen, Ethiken und Wissenssystemen sicherstellen“. Zusätzlich habe die IUCN eine „Bürgerversammlung“ mit nur 15 zufällig ausgewählten Mitgliedern durchgeführt. Die Organisation beauftragte außerdem das „stark voreingenommene“ International Centre for Genetic Engineering and Biotechnology (ICGEB) mit Schulungsworkshops und der Moderation dieser Versammlung, so SOS und Pollinis. Über 80 Nichtregierungsorganisationen kritisierten diesen Schritt im Jahr 2024 und forderten einen Stopp des Prozesses, bis echte Beteiligung, Inklusivität und Transparenz gewährleistet seien. 

„Wir sind sehr besorgt über die Einbeziehung des ICGEB in die 'Bürgerversammlung' durch die IUCN, da dies einen klaren Interessenkonflikt darstellt“, sagte Nicolas Laarman von POLLINIS. „Die starke Voreingenommenheit des ICGEB und seine engen Verbindungen zur Gentechnikindustrie untergraben die Objektivität, die für eine ausgewogene und transparente Behandlung dieser höchst umstrittenen Thematik unerlässlich ist.“

Der finale Positionsentwurf wurde einen Tag nach dem Kongress veröffentlicht. Dieser soll im Oktober 2025 auf dem Weltnaturschutzkongress der IUCN in Abu Dhabi verabschiedet werden. Nichtregierungsorganisationen hatten bereits zum ersten und zweiten Entwurf Rückmeldung gegeben. Nach ihrer Einschätzung gleiche auch der finale Entwurf einem einflusslosen "zero impact-Dokument". Vor allem fehlten klare Verfahren zur Risikobewertung sowie zur Anwendung des Vorsorgeprinzips.

„Für eine effektive Naturschutzpolitik zur synthetischen Biologie braucht es jetzt vor allem eines: einen informierten, transparenten und inklusiven Dialog über die gentechnische Manipulation in natürlichen Ökosystemen“, forderten SOS und Pollinis. 

Hintergund

Schon 2019 hatten sich Nichtregierungsorganisationen - darunter der Umweltdachverband Deutscher Naturschutzring, der IUCN-Mitglied ist - mit einem offenen Brief an die Weltnaturschutzunion gewandt und „schwere Bedenken“ geäußert. Und an der Kritik von 2021 von DNR-Geschäftsführer Florian Schöne hat sich nichts geändert: „Der DNR lehnt Gentechnik sowohl in der Landwirtschaft als auch im Naturschutz grundsätzlich ab und fordert ein weltweites Moratorium für die Nutzung der Gene Drive Technologie. Statt Zeit und Hoffnung mit riskanten und teuren Maßnahmen zur Symptombekämpfung zu verschwenden, muss sich die IUCN darauf konzentrieren, die Ursachen des dramatischen Artensterbens anzugehen.“ [jg]

IUCN: IUCN Regional Conservation Forum for Europe, North and Central Asia contributes to a shared vision for the future of conservation

Pressemitteilung SOS/POLLINIS et al. 

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