Gentechnik versus Pestizidreduktion: Organisationen kritisieren Deal
Die EU-Kommission kündigt an, die Gentechnik-Deregulierung an die Verordnung zur Pestizidreduktion zu knüpfen. Umweltorganisationen kritisieren diesen „Kuhhandel“ und verweisen auf Risiken der Neuen Gentechnik.
Die Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen foodwatch, GLOBAL 2000 und BUND warnen vor einem „politischen Kuhhandel“ der EU-Kommission. Dabei beziehen sie sich auf den möglichen Plan der Kommission, den Vorschlag zur Deregulierung der Neuen Gentechnik an den Verordnungsvorschlag zur Pestizidreduktion (Sustainable Use Regulation, SUR) zu knüpfen. Die Organisationen kritisieren, dass die Kommission die beiden Gesetzesvorhaben als Gesamtpaket auf den Weg bringen wolle.
Timmermans: Green Deal kein Menü „à la carte“
Dabei berufen sich die Organisationen auf die Aussagen von EU-Vizepräsident Frans Timmermans während des Agrarausschusses des EU-Parlaments am 22. Mai und entsprechende Berichte des Nachrichtenportals Euractiv. Hiernach betonte Timmermans in Richtung der Europäischen Volkspartei (EVP) einerseits, dass der Europäische Green Deal kein „à la carte-Menü“ sei, bei dem sich einzelne, besonders schmackhafte Teile herausgesucht werden können. Andererseits stellte er einen klaren Zusammenhang zwischen dem Vorschlag zur Verringerung von Pestiziden und der Einführung neuer Gentechniken her. Auch nach Aussagen eines Kommissionsbeamten soll die Gentechnik-Deregulierung an die SUR geknüpft werden.
GLOBAL 2000 und BUND: Ablenkung von echten Lösungen
Diese Verknüpfung sowie die Behauptung, dass durch Neue Genomische Techniken (NGT) modifizierte Pflanzen Pestizidreduktion mit sich brächten, weisen die Umweltorganisationen klar zurück. Diese „hypothetischen Versprechen“ seien ein „Ablenkungsmanöver“. Ganz im Gegenteil würden die NGT-Pflanzen den Pestizideinsatz erhöhen, die Macht von Agrarkonzernen stärken und von echten Lösungen zur Verringerung des Pestizideinsatzes ablenken. Stattdessen brauche es „weiterhin strenge Regulierung und Risikoprüfung von Neuer Gentechnik-Pflanzen”, kommentierte Brigitte Reisenberger von GLOBAL 2000. Pia Voelker vom BUND betonte zudem, dass auch für Verbraucher*innen die „Wahlfreiheit für eine ökologische, gentechnikfreie Landwirtschaft“ durch ein starkes Gentechnikgesetz gesichert werden müsse.
Foodwatch: Leere Versprechen der Agrarindustrie
Die Organisationen verweisen zudem auf eine neue Analyse von foodwatch nach der es keine konkreten Zahlen gibt, die belegen würden, dass Gentechnik-Pflanzen dabei helfen, den Pestizideinsatz zu reduzieren: „Ohne einen einzigen Beleg zu liefern, behaupten die Gentechnik-Befürworter:innen, dass das sogenannte Genome Editing den Einsatz von Pestiziden reduzieren kann“ so Lars Neumeister, Studienautor und Pestizidexperte bei foodwatch. Somit handele es sich - ähnlich wie schon bei der „klassischen“ Gentechnik - um „leere Versprechungen der Agrarindustrie“, so Neumeister weiter.
Der Gesetzesvorschlag für das neue EU-Gentechnikrecht wird bislang für den 5. Juli 2023 erwartet. [bp]