Giftiges Weltkriegserbe: Gemeinsam gegen Altmunition
Acht Ostsee-Anrainerstaaten haben am 29. September auf der Our Baltic-Konferenz verstärkte Zusammenarbeit beschlossen. Es geht um den Schutz der Ökosysteme, aber auch um menschliche Aktivitäten, die durch die Altlasten gefährdet sind.
Am Boden der Ostsee ticken rostende Zeitbomben, die beispielsweise Schwermetalle wie Quecksilber oder Sprengstoffe wie TNT und seine Metabolite enthalten – allesamt gefährlich. Das Problem der versenkten Kampfmittel aus dem ersten und zweiten Weltkrieg ist bekannt, aber noch lange nicht gebannt. Deshalb haben Dänemark, Deutschland, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Finnland und Schweden im litauischen Palanga erneut verschiedene Verpflichtungen vereinbart. Bereits 2020 war eine entsprechende Erklärung verabschiedet worden. Die Anrainer wollen laut den neuen "Commitments" mit dem Ostseerat und im Rahmen des regionalen Abkommens HELCOM weiter eng zusammenarbeiten, vorrangige Gebiete zur Räumung festlegen (unter anderem Meeresschutzgebiete und Zonen für Offshore-Windenergie) und ihre Erkenntnisse grenzüberschreitend austauschen. Im Jahr 2027 soll eine Bestandsaufnahme der bis dahin bei der Kartierung und Risikobewertung erzielten Fortschritte erfolgen.
EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius versprach in seinem Post auf X (ex-Twitter) zwei Millionen Euro Unterstützung durch die EU, um Projekte zur Entsorgung dieser Altlasten zu fördern. Das Bundesumweltministerium hatte kürzlich ein Vergabeverfahren für Pilotregionen gestartet, wo in mehreren Gebieten in der Lübecker/Mecklenburger Bucht mit der Räumung der Kriegsaltlasten gestartet werden soll. Laut Umweltbundesamt lagern allein in der deutschen Nord- und Ostsee noch etwa 1,6 Millionen Tonnen konventioneller Munition und 5.000 Tonnen chemischer Kampfstoffe, die im Zweiten Weltkrieg durch Militäroperationen oder danach durch Verklappung versenkt wurden. „Dies gefährdet Schiffsverkehr, Fischerei, Tourismus, Menschen an Stränden sowie die Meeresumwelt und behindert Offshore-Installationen und Seekabel-Verlegungen“, so die Behörde.
Fakten zur Ostsee
Im Einzugsgebiet der Ostsee leben laut EU-Kommission mehr als 85 Millionen Menschen. Die Ostsee gilt als das am stärksten verschmutzte Meer in Europa. Problematisch sind der Verlust der biologischen Vielfalt, der Klimawandel, die Eutrophierung und erhöhte Schadstoffwerte wie Arzneimittel und Abfälle, insbesondere Plastikmüll. Derzeit seien 97 Prozent der Ostsee von Eutrophierung betroffen, was dazu führt, dass der Sauerstoffgehalt sinkt. Das Ökosystem Ostsee sei zudem aufgrund seiner geringen Tiefe, der begrenzten Verbindung zum Meer, der langsamen Wasserzirkulation und der niedrigen Wassertemperatur besonders anfällig. [jg]
Healthy seas: Commission leads common efforts to improve state of Baltic Sea
Meere kurz & knapp
- Zustandsbericht Nord- und Ostsee: Das ZDF hat zusammengefasst, „Warum es Nord- und Ostsee so schlecht geht“: Steigende Temperaturen, Überdüngung, Versauerung, Plastikmüll, viel Schiffsverkehr und Altmunition versetzen Nord- und Ostsee in einen bedenklichen Zustand.
- Nordostatlantische Fischpopulationen in Not: Nur eine von sechs Futterfischpopulationen im Nordostatlantik wird nachhaltig befischt und befindet sich in einem gesunden Zustand, so eine Studie von Oceana. Die Meeresschutzorganisation fordert die Länder des Nordostatlantiks auf, ihre Bewirtschaftung dieser kleinen Fische im Vorfeld der Verhandlungen über Fangbeschränkungen noch in diesem Jahr zu verbessern.
- Schmutziger Schiffsverkehr: Seas At Risk fordert umweltpolitische Kehrtwende in der Schifffahrt: Treibhausgasemissionen und Umweltauswirkungen nehmen zu, Pläne zur Dekarbonisierung blieben unklar. Dies zeigen ein Bericht über die Umweltverschmutzung durch die Schifffahrtsindustrie und eine aktuelle Analyse von T&E. Die Schifffahrtsemissionen hätten im vergangenen Jahr die Werte vor der Pandemie in den Schatten gestellt, mit erschreckenden Folgen für das Klima.