Industrieabwässer: Kleine Anlagen bleiben unterm Radar

Die Europäische Umweltagentur (EEA) hat untersucht, welchen ökologischen Druck Industrieabwässer auf die Flüsse und Seen Europas ausüben. Dabei hat die Agentur festgestellt, dass die großen Anlagen sehr gut überwacht sind, die kleineren aber zu wenig. Die EEA bezieht sich auf 3.600 Anlagen im Jahr 2016, die dem Europäischen Schadstofffreisetzungs- und -übertragungsregister (E-PRTR) und im Rahmen der EU-Wassergesetzgebung Daten gemeldet haben.
Zwar seien die direkten Emissionen vieler Schadstoffe, die von den großen europäischen Industriestandorten in die Gewässer freigesetzt werden, in den letzten Jahren zurückgegangen. Die industrielle Verschmutzung, die in städtischen Kläranlagen festzustellen ist, habe jedoch leicht zugenommen. Das bedeute erhöhte Schwierigkeiten für die Abwasseraufbereitung und ihre Infrastruktur. Einige Chemikalien lassen sich nur unter größtem Aufwand herausklären. Während die EU-Gesetzgebung die Emissionen großer Industriezweige verfolge, sei das Ausmaß der Emissionen aus vielen kleinen Anlagen auf europäischer Ebene noch weitgehend unbekannt.
Der Bericht zeigt, dass Industriezweige mit großen Aktivitäten tendenziell einen höheren Anteil an direkten Freisetzungen in Gewässer haben, was eine intensivere Behandlung vor Ort erfordern würde. Denn es handelt sich dabei auch um Schwermetalle oder Chlororganika. Branchen, die für die Herstellung von Zellstoff und Papier, Eisen und Stahl, Energieversorgung, Nichteisenmetalle und Chemie verantwortlich sind, haben tendenziell einen höheren Anteil an direkten Freisetzungen in Gewässer. Das erfordere eine intensivere Behandlung der Abwässer vor Ort. Sektoren mit typischerweise kleineren Anlagen wie Lebensmittel- oder Getränkeherstellung meldeten weniger stark verschmutzte Abwässer, aber eine höhere Mengenfreisetzung ins Kanalsystem. Die Schadstoffbelastung ähnele derjenigen von Haushalten.
Der größte Umweltdruck, der durch die direkte Freisetzung von Schadstoffen an Gewässer verursacht wird, gehe von einzelnen großen oder Clustern kleinerer thermischer Kraftwerke, Koksöfen und chemischer Fertigungsanlagen aus.
Die EEA empfiehlt, kleinere Anlage besser zu überwachen, und die Meldeschwelle entsprechend zu senken. Außerdem müsse es eine Neubewertung der Stoffe geben, da die Vorschriften sich seit 2006 nicht geändert hätten. [jg]