Informell, aber „fortschrittlich“: Treffen der Umwelt- und Energieminister*innen
Großes Aufgebot in Amiens: Am 20. und 21. Januar hatte die französische Ratspräsidentschaft die für Umwelt, Klima und Energie zuständigen Minister*innen der Mitgliedstaaten zum informellen Stelldichein geladen. Die Themenpalette reichte von Chemikalien über importierte Entwaldung, Agrarökologie, den gerechten Übergang bis hin zu Wechselwirkungen zwischen Umwelt, Klima und Energie, insbesondere in der Holzwirtschaft.
Laut französischem Ratsvorsitz gab es „bedeutende Fortschritte“ bei den unterschiedlichen Arbeitstreffen und den Diskussionen während der Arbeitsessen. Die informellen Treffen dienen traditionell nicht dazu, Beschlüsse zu fassen, dafür aber die Debatten voranzutreiben und Positionen auszuloten.
Die erste Arbeitssitzung der Umweltminister umfasste das Thema Pflanzenschutzmittel und „agrarökologischer Übergang“, da derzeit die Richtlinie über die nachhaltige Verwendung von Pestiziden überarbeitet wird, für die allerdings federführend der Landwirtschaftsrat zuständig ist. Unter anderem ging es um die geeignetsten Maßnahmen, um eine Verringerung des Pestizideinsatz um 50 Prozent bis 2030 zu erreichen. Laut Ratspräsidentschaft konnte „ein besonderes Interesse der EU-Mitgliedstaaten am grundsätzlichen Ausfuhrverbot von Chemikalien, deren Einsatz in der Europäischen Union verboten ist, ins außereuropäische Ausland“ festgestellt werden.
Die Umsetzung der EU-Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit war auch Thema des Arbeitsessens. 2022 stehen wichtige Gesetzgebungsinitiativen und Debatten an:
- bereichsübergreifende Definition des Begriffs der endokrinen Disruptoren in der (Verordnung zur Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung von chemischen Stoffen und ihren Gemischen - CLP);
- Vorschlag zur Überarbeitung der REACH-Verordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe;
- Beschränkungen, die auf diese Stoffe Anwendung finden;
- Umsetzung des Konzepts „eine Substanz/eine Beurteilung“ und Prüfung der Notwendigkeit einer harmonisierten Definition von Nanomaterialen.
Das zweite Arbeitstreffen behandelte das Thema importierte Entwaldung und diente dem Austausch der unterschiedlichen Standpunkte. Laut französischem Ratsvorsitz soll in den nächsten Wochen über die Ausweitung des Anwendungsbereichs der Verordnung auf andere Rohstoffe, beispielsweise Kautschuk, diskutiert werden. Auch die negativen Auswirkungen der Gewinnung von Rohstoffen auf andere gefährdete Ökosysteme mit großer Artenvielfalt, wie etwa Prärien und Feuchtgebiete, soll auf die Tagesordnung.
Gemeinsam mit den Energieminister*innen wurde in einem dritten Arbeitstreffen über die Rolle von Wald- und Holzwirtschaft für die Umwelt-, Klima- und Energiepolitik diskutiert. Mehrere Leitlinien seien laut Ratsvorsitz aus den Gesprächen hervorgegangen:
- die grundlegende Bedeutung von Wäldern als Kohlenstoffsenken zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2050 und die Verstärkung staatlicher Maßnahmen für den Schutz der Wälder
- die vermehrte Nutzung von Holz für langfristige Zwecke
- die Verbesserung des Recyclingsystems und der Energierückgewinnung von Abfällen aus Biomasse
- die Bedeutung des Prinzips der „Kaskadennutzung“ von Biomasse, das gewissenhaft angewandt werden muss.
Ein weiteres Arbeitsessen fand unter dem Motto „gerechter Übergang“ statt. Der Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft dürfte erhebliche gesellschaftliche Herausforderungen beinhalten. Die Minister*innen waren sich laut Präsidentschaft einig, dass es Begleitmaßnahmen zur Umschulung von Arbeitern sowie zur Umstrukturierung von Unternehmen und durch die Unterstützung von insbesondere einkommensschwachen Privathaushalten geben müsse. Ausdrücklich „kein Konsens“ bestand innerhalb der Mitgliedstaaten bei der Ausweitung des Kohlenstoffmarktes auf Straßenverkehr und Bauwesen. Und auch die steigenden Energiepreise, die Transparenz der Preisentstehung sowie die schwankenden Kosten für Kohlenstoffzertifikate scheinen weiter erheblichen Zündstoff zu enthalten. [jg]
Pressemitteilung der französischen Ratspäsidentschaft: Bedeutende Fortschritte bei den informellen Treffen der Umweltminister