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Lage der Energieunion: Viel erreicht, viele Herausforderungen
EU-News | 20.09.2024
# sozial-ökologische Transformation #Klima und Energie

Lage der Energieunion: Viel erreicht, viele Herausforderungen

Windraeder_abends_c._Unsplash
c. Pixabay

Am 11. September veröffentlichte die Europäische Kommission ihren „State of the Energy Union Report“, also den Jahresbericht zur Lage der Energieunion. Aus diesem geht hervor, dass die EU trotz eines herausfordernden Jahres im Bereich der Energiepolitik auf einem guten Weg hin zur Klimaneutralität ist. Das Europäische Umweltbüro fordert die Beschleunigung der Energiewende.

Im vergangenen Jahr sah sich die Europäische Union mit einer Reihe an Herausforderungen konfrontiert, die insbesondere aus dem Versuch der geringeren Abhängigkeit von russischer Gasförderung sowie den gleichzeitigen Bemühungen einer Stabilisierung der Marktpreise resultierten. Gleichzeitig sollte die Dekarbonisierung der EU weiter vorangetrieben werden. Trotzdem konnte die EU deutliche Fortschritte in einigen Bereichen erzielen. Auf unter anderem diese Erfolge verweist der Bericht: 

  • Neue Rekorde in der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien (50 Prozent der Energiequellen), Windkraft ist nun die zweitgrößte Energiequelle nach Gas; 
  • der Anteil des russischen Gases an den EU-Importen ist von 45 Prozent im Jahr 2021 auf 18 Prozent im Juni 2024 gesunken bei gleichzeitigem Anstieg der Importe aus den USA oder Norwegen;
  • die Gasnachfrage zwischen August 2022 und Mai 2024 wurde um 138 Milliarden Kubikmeter reduziert;
  • das EU-Ziel, 90 Prozent der Wintergasspeicher zu füllen wurde bereits am 19. August 2024 erreicht, deutlich vor dem Stichtag 1. November
  • die Energiepreise sind seit den Höchstwerten von 2022 wieder deutlich gesunken und stabiler;
  • sinkende Treibhausgasemissionen (32,5 Prozent weniger in der EU im Jahr 2022 im Vergleich zu 1990) bei gleichzeitigem Wirtschaftswachstum in der EU;
  • Synchronisierung der ukrainischen und moldawischen Netze mit dem europäischen Netz, die zur Stabilisierung des ukrainischen Stromsystems beigetragen hat.

Vielfältige Herausforderungen, aber auch gute Lösungsansätze?

Trotz der deutlichen Erfolge in einigen Bereichen der EU-Energiepolitik liegen laut dem Bericht noch große Herausforderungen vor dem neuen EU-Parlament und der Kommission, die in der neuen Legislatur angegangen werden sollten. Unter anderem müssten die Anstrengungen erhöht werden, eine höhere Energieeffizienz in der EU zu erreichen. Ansonsten würde die Staatengemeinschaft Gefahr laufen, die Energiereduktionsziele von etwa 12 Prozent bis 2030 zu verfehlen. Ein weiterer Schwachpunkt sei aktuell noch die Elektrifizierung von Heizungen sowie langsam vorangehende Gebäudesanierungen. Beides sollte ebenso wie die Investitionen in Infrastrukturnetze beschleunigt werden. 

Zu den weiteren Herausforderungen der EU zählt auch die Zunahme der Energiearmut, das Energiepreisgefälle im Vergleich zu anderen globalen Wettbewerbern sowie das Risiko neuer strategisch Abhängigkeiten im Energiesektor. Um diese zielgerichtet anzugehen, sei eine „entschlossene Reaktion der Politik und eine schrittweise Veränderung der Bemühungen auf EU- und Mitgliedstaatenebene durch mehr Koordination, Marktintegration und gemeinsame Maßnahmen“ notwendig. 

Der Bericht erinnert die Mitgliedstaaten auch daran, ihre endgültigen aktualisierten Nationalen Energie- und Klimapläne (National Energy and Climate Plans, NECPs) so bald wie möglich vorzulegen, damit die Energie- und Klimaziele für 2030 gemeinsam erreicht werden können. Fast alle Mitgliedstaaten hatten die Frist zur Einreichung im Juli verstreichen lassen, siehe EU-News vom 11. Juli. Die Bewertung der im Dezember 2023 veröffentlichten Entwürfe der aktualisierten nationalen Energie- und Klimapläne zeigt, dass die Mitgliedstaaten zwar Schritte in die richtige Richtung gemacht haben, diese jedoch zur Zielerreichung noch nicht genügen. Die EU hat im „Fit-for-55“-Paket festgelegt, dass die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent sinken sollen.

EU laut Kadri Simson „gut gerüstet“, EEB zeigt sich alarmiert

Kadri Simson, EU-Kommissarin für Energie, versicherte in ihrer Rede zur Vorstellung des Berichts, die EU sei „gut gerüstet (…) um die vor ihr liegenden tiefgreifenden Veränderungen und Herausforderungen zu bewältigen und ihren Verpflichtungen gegenüber dem Planeten und ihren Bürgern nachzukommen“. Trotz der beeindruckenden Fortschritte der letzten fünf Jahre seien jedoch die nächsten fünf Jahre „wirklich entscheidend für die saubere Energiewende, für die Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Pariser Abkommen, für den Wohlstand unserer Bürger und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie.“

Das Europäische Umweltbüro (European Environmental Bureau, EEB) mahnt hingegen an, es sei „alarmierend“, dass die EU auch mehr als zwei Jahre nach dem russischen Angriff auf die Ukraine Gasimporte aus diesem Land beziehe. Die in Brüssel ansässige NGO sagte zudem, die Energiewende müsse „beschleunigt werden, oder die Folgen werden in der gesamten europäischen Wirtschaft und Gesellschaft zu spüren sein“. 

Zudem forderte die Organisation die Kommission dazu auf, die Überwachung und Durchsetzung der wichtigsten Klimaziele unverzüglich zu verbessern. Sie schlug die Einrichtung von Task Forces auf nationaler und EU-Ebene vor, die die Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Erreichung der Ziele für erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Emissionsreduzierung bewerten und darüber berichten sollen. Das EEB warnte außerdem davor, dass „die derzeitige Lücke bei den Zielen für erneuerbare Energien und Energieeffizienz (...) nicht nur ein Klimaproblem, sondern auch ein sozioökonomisches Risiko“ sei. Schließlich würden steigende Kosten bei fossilen Energieträgern die sozial Schwächsten in der EU am meisten treffen. [mi]

 

EU-Kommission: Bericht zur State of the Energy Union.

ENDS Europe: Commission trumpets Russian gas cuts, urges more clean energy action.

Power Engineering International: EU State of the Energy Union shows progress despite headwinds.

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