Luftqualität ohne Priorität trotz erheblicher Gesundheitsgefahren
2022 haben elf Mitgliedstaaten die Grenzwerte von mindestens einem der fünf wichtigsten Luftschadstoffe nicht erfüllt, sagt die Statistik der Europäischen Umweltagentur (EEA). In Flughafennähe zu wohnen, ist ein Gesundheitsrisiko für 52 Millionen Menschen, belegt eine Studie von T&E, die Ultrafeinstaub untersuchte. Der Emissionshandel könnte positive Effekte auf Gesundheit haben und eine Reduktion der Gesundheitskosten bewirken, hat eine Forschergruppe herausgefunden.
Ammoniak bleibt Hautproblem, Schwefeldioxid geht zurück
Nur 16 von 27 EU-Mitgliedstaaten haben im Jahr 2022 ihre jeweiligen nationalen Emissionsreduktionsverpflichtungen für 2020-2029 eingehalten. Es geht um die fünf wichtigsten Schadstoffe, die in der Richtlinie über nationale Emissionsreduktionsverpflichtungen (EU 2016/2284) geregelt sind: Feinstaub (PM2,5), Stickstoffoxide (NOx), flüchtige organische Verbindungen ohne Methan (NMVOC), Ammoniak (NH3) und Schwefeldioxid (SO2). Elf Staaten haben es mindestens bei einem der Stoffe nicht geschafft, die für die Gesundheit der Bevölkerung wichtigen Grenzwerte einzuhalten. Die in dem EEA-Briefing vorgestellte Analyse basiert auf den neuesten Daten des Luftschadstoff-Emissionsinventars, für das die Mitgliedstaaten jährlich Daten liefern müssen.
Laut EEA ist die größte Herausforderung nach wie vor die Reduzierung der Ammoniakemissionen: Neun Mitgliedstaaten hätten ihre Emissionen bis 2022 senken müssen, um ihre Reduktionsverpflichtungen für 2020-2029 zu erfüllen. Die Landwirtschaft ist die Hauptquelle, die für 93 Prozent der gesamten Ammoniakemissionen verantwortlich ist. In vielen Mitgliedstaaten sind die Ammoniakemissionen seit 2005 nur geringfügig zurückgegangen, in einigen Fällen haben sie sogar zugenommen.
Ab 2030 gelten strengere Grenzwerte, doch weitere Reduzierungen bis 2030 und darüber hinaus zu erreichen, dürften für fast alle EU-Länder und für fast alle Luftschadstoffe „eine große Herausforderung darstellen“. Bei einigen Schadstoffemissionen sei die Reduktionsrate inzwischen abgeflacht, so die EEA. Eine Ausnahme sei Schwefeldioxid: 22 Mitgliedstaaten erfüllten bereits die Reduktionsverpflichtung für 2030.
Dennoch: Die Emissionen der wichtigsten Luftschadstoffe seien weiter zurückgegangen, wobei der seit 2005 zu beobachtende Trend anhält. Dies gelte trotz eines Anstiegs des Bruttoinlandsprodukts im selben Zeitraum, bilanzierte die Europäische Umweltagentur.
Ultrafeine Partikel aus Flugzeugen gefährden potenziell 52 Millionen Europäer*innen
Eine neue Studie der verkehrskritischen Organisation Transport & Environment (T&E) legt nahe, dass Tausende Fälle von Bluthochdruck, Diabetes und Demenz in ganz Europa mit den winzigen Partikeln in Verbindung gebracht werden könnten, die von Flugzeugen ausgestoßen werden. 52 Millionen Menschen – mehr als zehn Prozent der Gesamtbevölkerung Europas – leben in einem Umkreis von 20 Kilometern um die 32 verkehrsreichsten Flughäfen in Europa und sind besonders stark den ultrafeinen Partikeln aus dem Luftverkehr ausgesetzt, so das Ergebnis einer neuen Studie von CE Delft im Auftrag von T&E. In Paris, einer der in der Studie untersuchten Städte, seien acht Millionen Menschen vom Verkehr durch die beiden großen Flughäfen Charles de Gaulle und Orly betroffen. Die Exposition gegenüber ultrafeinen Partikeln kann mit der Entwicklung schwerwiegender und langfristiger Gesundheitsprobleme in Verbindung gebracht werden, darunter Atemwegserkrankungen, kardiovaskuläre Auswirkungen und Problemen in der Schwangerschaft. 280.000 Fälle von Bluthochdruck, 330.000 Fälle von Diabetes und 18.000 Fälle von Demenz in Europa könnten mit Ultrafeinpartikeln in Verbindung gebracht werden, so die Studie. In der Studie wurden die gemeldeten Fälle dieser Krankheiten im Umkreis des Flughafens Amsterdam Schiphol extrapoliert, so dass erstmals eine Schätzung der gesundheitlichen Auswirkungen von luftfahrtbedingten ultrafeinen Partikeln in Europa vorliege, so T&E.
Emissionshandel hat positive Effekte auf Gesundheit und mindere Kosten für Krankheiten
Das Emissionshandelssystem der Europäischen Union könnte einen hohen Zusatznutzen durch die Verringerung der Umweltverschmutzung bringen. Das ist das Fazit einer von drei Wissenschaftlern der Uni Hamburg durchgeführten Studie, die am 1. Juli im Wissenschaftsorgan PNAS erschienen ist. Untersucht wurden die toxischen Luftschadstoffe Schwefeldioxid (SO2), Feinstaub (PM2,5) und Stickoxide (NOx) und ihre Entwicklung nach der Einführung des EU-Emissionshandelssystems (ETS). Demnach haben EU-ETS und die Emissionsnormen zwischen 2005 und 2021 zu einer beträchtlichen Verringerung der Verschmutzung in den regulierten Sektoren geführt. Diese Verschmutzungsreduzierungen könnten zu einem hohen gesundheitlichen Zusatznutzen führen, der sich auf mehrere hundert Milliarden Euro belaufen könnte, selbst wenn man die Wirkung der Emissionsnormen begrenzt. [jg]
T & E: Ultrafine particles from planes put 52 million Europeans at risk of serious health conditions
PNAS/Basaglia, P., Grunau, J., Drupp, M. A.: The European Union Emissions Trading System might yield large co-benefits from pollution reduction