Neue Leitlinien für Einwegplastik und alte Netze

Die Europäische Kommission hat am Montag Leitlinien veröffentlicht, damit die ab 3. Juli geltenden Vorgaben zu Einwegplastikprodukten EU-weit einheitlich angewendet werden. Das Verbot bestimmter Wegwerfprodukte tritt dann in Kraft, um den Plastikeintrag in die Meere zu reduzieren. Auch für alte Fischernetze und Fanggeräte gibt es neue Beschlüsse, denn diese machten rund 30 Prozent der Strandabfälle aus. Die Umweltorganisation ChemSec warnt allerdings, dass auch manch Alternative gefährliche Chemikalien enthält. Und die Bewegung Break Free From Plastic (BFFP) warnte, dass durch die Leitliniendefinitionen bestimmte Kunststoffarten ausgenommen würden.
Leitlinien für Einwegplastik, Durchführungsbeschluss für Fischerei
Wattestäbchen, Besteck, Teller, Trinkhalme, Rührstäbchen, Luftballonstäbchen sowie einige Produkte aus expandiertem Polystyrol (Becher sowie Lebensmittel- und Getränkebehälter) und alle Produkte aus oxo-abbaubarem Kunststoff dürfen ab nächstem Monat nicht mehr in Verkehr gebracht werden. Für diese gebe es erschwingliche plastikfreie Alternativen.
Außerdem gibt es einen neuen Durchführungsbeschluss zur Überwachung und Meldung von in Verkehr gebrachten und gesammelten Fanggeräten im Fischereisektor. Ab 2022 müssen die Mitgliedstaaten regelmäßig darüber berichten, wobei das eigentliche Ziel ist, Anreize für deren ordnungsgemäße Entsorgung zu schaffen. Zusätzlich gibt es Programme zur erweiterten Herstellerverantwortung.
ChemSec: Schädliche Substanzen in über 50 Prozent der Alternativen für Einweggeschirr
Vor Verbrauchertäuschung warnt die Umweltorganisation ChemSec, denn teilweise sind als "grün", "natürlich" oder "100 Prozent abbaubar" gepriesene Alternativen mit bedenklichen Chemikalien belastet. Die Organisation bezieht sich auf eine neue Teststudie, die bedenkliche Chemikalien in beliebten Einwegprodukten aus Nicht-Plastik belege. Für Alternativen aus Materialien wie Papier, Stroh oder Bambus gebe es im Gegensatz zu Kunststoffen noch keine spezifischen Regeln, was bedeutet, dass ihre chemische Sicherheit ungeregelt bleibt. Insgesamt wurden 57 Artikel untersucht, darunter Einwegteller und -schalen aus geformten Naturfasern, hauptsächlich Bagasse (Fasern aus Zuckerrohrstängeln), Papiertrinkhalme und Geschirr aus Palmblättern. Die Artikel wurden auf das Vorhandensein von drei Arten von bedenklichen Substanzen getestet: PFAS (fluorierte Verbindungen, langlebig, gesundheitsgefährdend), Chloropropanole (krebserregend) und Pestizide.
Ergebnis: Mehr als die Hälfte, nämlich 53 Prozent der Stichproben, enthielt eine oder mehrere bedenkliche Chemikalien, die über den von der dänischen Veterinär- und Lebensmittelbehörde (für PFAS), dem deutschen Bundesinstitut für Risikobewertung (für Chlorpropanole) und der Europäischen Kommission (für Pestizide) vorgeschlagenen sicheren Werten lagen. Weitere 21 Prozent enthielten Substanzmengen nahe an den Grenzwerten. Darüber hinaus würden bei einigen Kunststoffalternativen Verbraucher*innen in die Irre geführt, wenn behauptet wird, sie seien "kompostierbar" oder "biologisch abbaubar". PFAS-Chemikalien seien sehr persistent und bauten sich über Hunderte von Jahren nicht ab, was PFAS-enthaltende Produkte kaum "kompostierbar" mache, sondern eher zu einer bedenklichen Kompostverunreinigung führe.
Wer definiert, regiert: BFFP warnt vor verwirrenden Kunststoffdefinitionen
Die Bewegung Break Free From Plastic (BFFP) kritisierte, dass im letzten Entwurf der Leitlinien Kunststoff so definiert werde, dass bestimmte Einweg-Kunststoffprodukte, die aus Materialien wie Viskose und Zellophan bestehen, nicht mehr unter die Richtlinie fallen würden. Dies würde beispielsweise bestimmte Arten von Feuchttüchern und Menstruationsprodukten ausschließen, obwohl sie ähnliche Auswirkungen auf die Umwelt haben wie andere Arten. Einweg-Plastiktrinkhalme aus Zellophan wären weiterhin auf dem Markt erlaubt, obwohl die Richtlinie solche Trinkhalme eindeutig verbietet. Dann könnte ein Einweg-Wegwerfartikel durch einen anderen ersetzt werden, ohne dass dies positive Effekte auf die Umwelt hätte. Zudem erschwere das die Durchsetzung der Richtlinie, da man einen Trinkhalm aus Polypropylen (verboten) kaum von einem Trinkhalm aus Cellophan (nach dem Entwurf nicht verboten) unterscheiden könne. [jg]
Pressemitteilung EU-Kommission: Kreislaufwirtschaft: Kommission stellt Leitlinien für eine harmonisierte Anwendung der Vorschriften für Einwegkunststoffartikel vor und treibt Überwachung von Fanggeräten voran sowie die zugehörigen Leitlinien und der Durchführungsbeschluss; außerdem hat die EU-Kommission Fragen und Antworten zu den Leitlinien veröffentlicht
BFFP: Current SUP guidelines draft could jeopardize EU single-use plastic bans
EIB-Leitfaden zur Plastikreduktion im Meer
Die Europäische Investitionsbank (EIB) hat einen Leitfaden ("The Ocean Plastics Reduction Guide") veröffentlicht. Ziel ist es, das Bewusstsein für die Bedeutung der Ozeane für den Menschen und den Planeten zu schärfen und auf die wachsende Bedrohung hinzuweisen, die von Kunststoffen in der Meeresumwelt ausgeht. Der Leitfaden skizziere die wichtigsten Probleme und Herausforderungen und wie diese angegangen werden könnten. Weiterlesen
HEAL: PFAS ersetzen!
Die Umwelt- und Gesundheitsorganisation HEAL (Health and Environment Alliance) hat den Ausstieg aus der Nutzung Per- und Polyfluroalkyl-Stoffe (PFAS) gefordert. Diese mehr als 4.700 umfassende Klasse weit verbreiteter synthetischer Chemikalien stelle "eine globale Bedrohung für die Gesundheit von Mensch und Umwelt" dar. HEAL, die International Federation of Gynecology and Obstetrics (FIGO) und die University of California in San Francisco (UCSF) haben sich zusammengeschlossen, um sofortige Maßnahmen gegen diese "forever chemicals" zu fordern, um die reproduktive Gesundheit, die Fruchtbarkeit und die menschliche Entwicklung zu schützen. Das Bündnis hat Informationsmaterialien in fünf Sprachen entwickelt. Weiterlesen