Protest gegen Unterwasserlärm und Ostseeversauerung

Ein Bündnis von Umwelt- und Meeresschutzorganisationen fordert die EU-Umweltminister*innen auf, endlich mehr gegen den zunehmenden Lärm unter Wasser zu tun. In der Ostsee nimmt die Versauerung immer mehr zu - und schadet damit dem ohnehin durch Verschmutzung, Überfischung und Klimawandel gefährdeten Meer.
Unterwasserlärm - die vernachlässigte Bedrohung im Meer
In einem offenen Brief an die EU-Umweltminister*innen haben Seas At Risk mit BUND, IFAW, Ocean Care sowie Coalition Clean Baltic gefordert, dass sich die Regierungen für eine europaweite Strategie zur Vermeidung und Minderung von Unterwasserlärm einsetzen. Die bisherigen Maßnahmen reichten einfach nicht aus, dabei sei Unterwasserlärm mittlerweile als eine der größten Belastungen für die Meere anerkannt. Obwohl die Reduzierung des Lärms ein Ziel der Meeresrrahmenrichtlinie ist, hätten die EU-Mitgliedstaaten sich in den letzten zwölf Jahren hauptsächlich auf die Einrichtung von Überwachungssystemen zur Messung der Lärmpegel der verschiedenen Quellen von Dauer- und Impulslärm konzentriert, kritisierte das Bündnis. Solche Systeme seien zwar für Planungs- und Bewertungszwecke unerlässlich, stellten aber keine Maßnahmen zur Lärmminderung dar, wie die Europäische Kommission im Juni 2020 in ihrer Bewertung der MS-RL-Umsetzung bestätigt habe.
Seas At Risk hatte kürzlich zusammen mit anderen Umweltorganisationen und Unterwasserexpert*innen einen Bericht veröffentlicht, in dem die Lücken im bisherigen Management der EU-Mitgliedstaaten beschrieben und Schritte zur besseren Umsetzung aufgeführt sind. Unter anderem geht es um die gesicherte Finanzierung einer langfristigen Überwachung des Unterwasserlärms, die Reduzierung des Lärms an der Quelle und die Festlegung einer europaweiten Strategie zur Vermeidung und Minderung von Unterwasserlärm, wo immer dies möglich ist. Eine weitaus ehrgeizigere Umsetzung der Meeresrichtlinie würde auch einen wichtigen Beitrag zur EU-Biodiversitätsstrategie leisten und einen Gewinn für das Klima darstellen, so das Bündnis.
Viele Meerestiere sind sehr empfindlich gegenüber Unterwasserschall. Durch die Dunkelheit unter Wasser sind sie meist auf ihren Hörsinn angewiesen, um sich zu orientieren, Nahrung und Partner zu finden oder sich gegen Raubtiere zu verteidigen. Wale zum Beispiel senden Töne (Klicks) ins Wasser und nutzen die Echos oder reflektierten Töne, um festzustellen, ob etwas Nahrung, ein Feind, ihr Kalb oder ein Hindernis ist. Sie sehen sozusagen mit den Ohren, und jedes Unterwassergeräusch beeinträchtigt ihre "Sicht".
Ozeanversauerung verstärkt den Niedergang der Ostsee
Durch den Klimawandel, die erhöhte CO2-Konzentration und deren Wechselspiel mit der Pufferkapazität der Meere droht der Ostsee neben den anderen Problemen wie Wasserverschmutzung und zu hoher Nährstoffeintrag (Eutrophierung) als zusätzliche Belastung die weitere Versauerung. Das schreibt Acid-News-Autorin Anu Vehmaa in ihrem Artikel "Ocean acidification increases the agony of the Baltic Sea", wobei die Erkenntnisse auf einem Bericht des BALSAM-Projekts beruhen. Die Ostsee gelte für Versauerung außerdem als besonders anfällig, weil sie eine deutlich niedrigere Gesamtalkalinität aufweise. Die tägliche Schwankung des pH-Werts im Oberflächenwasser der Ostsee sei bereits jetzt beträchtlich. Es wird prognostiziert, dass die zunehmende Versauerung diese Schwankung noch verstärken wird. Die größten Unterschiede im pH-Wert des Meerwassers zwischen Tag und Nacht träten in der Nähe von Makroalgen- und Seegraswiesen sowie bei Phytoplanktonblüten auf. Darüber hinaus verstärke die fortschreitende Eutrophierung die saisonalen Schwankungen des Meerwasser-pH-Wertes, indem sie die Produktion und Mineralisierung erhöht. Hochproduktive Küstenhabitate, die unter Sauerstoffmangel (Hypoxie) litten, wiesen bereits heute niedrigere pH-Werte und Kalziumkarbonat(CaCO₃)-Sättigungszustände auf, als für die kommenden Jahrhunderte prognostiziert. Die Kieler Bucht in der westlichen Ostsee sei ein Beispiel für einen solchen Lebensraum. Momentan könnten diese Gebiete als Modellsysteme genutzt werden, um die Reaktionen angepasster mariner Ökosysteme auf hohe Versauerungsgrade zu testen.
Die Veränderung des Säure-Basen-Gleichgewichts ist "eine schlechte Nachricht für Meeresorganismen", schreibt Vehmaa. Der verringerte Sättigungszustand von CaCO₃ beeinträchtigt Pflanzen und Tiere, die Karbonat zum Aufbau ihrer Schalen und Skelette verwenden. Am Beispiel von Blasentang, der schon unter sommerlichen Hitzewellen zu leiden hat, zeigt sich, dass dessen Ökosystemfunktionen beeinträchtigt werden, zumal die Klimaerwärmung, der sinkende Salzgehalt und die Eutrophierung der Küsten schnell wachsende filamentöse Grünalgen, Epiphyten und Phytoplankton gegenüber Blasentang zusätzlich begünstigen. Auch Miesmuscheln - besonders im Larvenstadium - kommen mit abnehmendem Salzgehalt, Versauerung und daraus resultierender Abnahme des CaCO3-Sättigungszustandes schlecht zurecht. Gegen die zunehmende Versauerung der Meere hilft die Reduzierung der Treibhausgase sowie die Verringerung von Eutrophierung, Überfischung und Unterwasserbauten. Außerdem brauche es ein Netzwerk von Meeresschutzgebieten. Damit könne die Widerstandsfähigkeit der Ökosysteme und deren biologische Vielfalt gefördert werden. Da das Wissen über die Auswirkungen von Versauerung auf die Ostsee noch in den Kinderschuhen stecke, seien weitere Forschungen erforderlich. [jg]
Seas At Risk: NGOs urge governments to reduce underwater noise
Ocean acidification increases the agony of the Baltic Sea | Airclim

Environmental Justice Foundation: Wale retten
Die Environmental Justice Foundation (EJF) Deutschland hat gemeinsam mit über 50 internationalen Organisationen eine Kampagne gestartet, damit sich Regierungen weltweit für den Schutz von Walen einsetzen. "Leider sind die sanften Riesen durch die Klimakrise, die Zerstörung ihres Lebensraums und verloren gegangene Netze bedroht", schreibt die EJF und sammelt deshalb Unterschriften für einen offenen Brief. Es geht um den Schutz von Küsten- und Meeresökosystemen sowie die einzigartige Tierwelt, die sie beheimaten. EJF weist daraufhin, dass ein einziger großer Wal im Laufe seines Lebens bis zu 30.000 Kilo Kohlenstoff in seinem Körper speichern kann – so viel wie 1.000 Bäume. Weiterlesen
Container über Bord: Übervolle Meere
Laut Medienberichten (n-tv, Autorin Diana Dittmer) sind allein in den letzten 80 Tagen 3.000 Container von Frachtschiffen ins Meer gefallen, die meisten werden vermisst. Trotz oder wegen der Pandemie boome der Seeverkehr, es gebe Wartezeiten für Fahrräder von mehreren Monaten, leere Container werden knapp in Asien. Dass von jährlich 150 Millionen Containern 3.000 verloren gehen - ohne Dunkelziffer -, fällt aus Sicht des Handels und der Reedereien nicht weiter ins Gewicht. Und so werden die Schiffe trotz Sturmgefahr beladen, so hoch es geht. Laut Artikel werden die Versicherer nun langsam nervös, den prognostizierten Gewinnen der Frachtindustrie tue das aber keinen Abbruch. Weiterlesen