Rechnungshof: EU-Initiativen für Bestäuber haben bisher versagt
Das Insektensterben in Europa nimmt immer dramatischere Ausmaße an. Doch alle bisherigen Politikmaßnahmen der EU haben nicht dazu geführt, diesen Prozess grundlegend aufzuhalten. Der Europäische Rechnungshof (ECA) hat nun in einem Sonderbericht die Maßnahmen analysiert und kritische Vorschläge gemacht.
"Bestäuber spielen eine zentrale Rolle bei der Vermehrung der Pflanzen und bei Ökosystemfunktionen, und ihr Rückgang ist als gravierende Bedrohung für unsere Umwelt, unsere Landwirtschaft und unsere Nahrungsmittelversorgung anzusehen", so Samo Jereb, das für den Bericht zuständige Mitglied des Europäischen Rechnungshofs. "Die bisherigen EU-Initiativen zum Schutz wilder Bestäuber waren leider so schwach, dass sie keine Früchte trugen."
Der Rechnungshof hat festgestellt, dass die Kommission beim Schutz wilder Bestäuber in der EU insgesamt keinen kohärenten Ansatz verfolgt hat. In zentralen EU-Politiken zur Bekämpfung der größten Bedrohungen für wilde Bestäuber gebe es erhebliche Lücken und die Initiative für Bestäuber von 2018 stelle keine geeigneten Instrumente und Mechanismen bereit, um diese Lücken zu schließen, so das Fazit.
Die "Bemerkungen" des ECA sind deutlich: Der EU-Rahmen - die laufende Biodiversitätsstrategie 2020 - für wilde Bestäuber hat deren Rückgang kaum aufgehalten, schon weil gar keine spezifischen Schutzmaßnahmen vorgesehen waren. Die 2018 vorgelegte Initiative für Bestäuber hat nicht zu Änderungen bei wichtigen Politiken und Maßnahmen geführt und es mangelt ihr an Steuerungs- und Kontrollmechanismen. Auch die Landwirtschaftspolitik umfasst keine spezifischen Verpflichtungen zum Schutz wilder Bestäuber (siehe auch Sonderbericht Nr. 13/2020 – Biodiversität landwirtschaftlicher Nutzflächen: Der Beitrag der GAP hat den Rückgang nicht gestoppt). Außerdem hat die EU-Kommission es versäumt, Erkenntnisse über den Erhaltungszustand bestimmter Insektenarten von den Roten Listen in die EU-Naturschutzrichtlinien zu übertragen: "Von den 52 vom Aussterben bedrohten und stark gefährdeten Bienenarten ist (...) keine einzige berücksichtigt", schreibt der Rechnungshof. Die Rechtsvorschriften über Pestizide sähen zwar Schutzmaßnahmen für Honigbienen vor, aber von diesen würden einige gar nicht angewandt, kritisieren die Prüfer*innen. Viel schlimmer noch: "Der EU-Rahmen ermöglichte es den Mitgliedstaaten, weiterhin Notfallzulassungen für verbotene Pflanzenschutzmittel zu erteilen, die für Bestäuber schädlich sind".
Der Rechnungshof empfiehlt deshalb unter anderem, bis 2023 den Bedarf an spezifischen Maßnahmen für wilde Bestäuber zu bewerten, um die nächste Biodiversitätsstrategie anzupassen und Überwachungsmechanismen einzurichten. Zudem sollten bisher nicht ausreichend geschützte Rote-Liste-Arten einbezogen und durch spezielle LIFE-Projekte gefördert werden. Maßnahmen zum Schutz wilder Bestäuber sollten besser in die politischen Instrumente der EU für die Erhaltung der biologischen Vielfalt und die Landwirtschaft integriert werden. Außerdem gelte es, den Schutz wilder Bestäuber im Rahmen des Prozesses zur Bewertung der Risiken von Pestiziden zu verbessern.