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Regelungen für CO₂-Grenzausgleichsmechanismus verabschiedet
EU-News | 07.09.2023
#Emissionen #Klima und Energie

Regelungen für CO₂-Grenzausgleichsmechanismus verabschiedet

Zementwerk
© AdobeStock/romannoru
Zementwerk

Am 17. August hat die EU-Kommission mit der Durchführungsverordnung zum CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) die bis einschließlich 2025 geltenden Regeln beschlossen. Sie gelten für Importeure von Zement, Eisen und Stahl, Aluminium, Düngemitteln, Elektrizität und Wasserstoff in die EU. Vorerst kommen auf Unternehmen noch keine regulären Kosten zu. Viele Unternehmen fühlen sich aber noch nicht gut vorbereitet.

Der europäische CO2-Grenzausgleichsmechanismus (Carbon Border Adjustment Mechanism – CBAM) soll Wettbewerbsnachteile für CO₂-intensive heimische Sektoren ausgleichen, die durch klimapolitische Vorgaben, wie den Emissionszertifikatehandel, entstehen können. Er wird auf energieintensive Importe in die EU angewandt. Die EU-Mitgliedstaaten wollen verhindern, dass Stahl-, Zement- oder Chemiefabriken ins Ausland abwandern. Der CBAM ist Teil des „Fit-for-55“-Pakets, mit dem die Netto-Treibhausgasemissionen in der EU bis 2030 um mindestens 55 Prozent gesenkt werden sollen. Die Übergangsphase beginnt im kommenden Monat. 2026 wird der CBAM dann tatsächlich in Kraft treten.

Die ab dem 1. Oktober 2023 geltende Verordnung bedeutet im Groben, dass Importeure die direkten und indirekten CO₂-Emissionen melden müssen, die in den von ihnen importierten Waren stecken. Es geht also vorläufig nur um Berichtspflichten; Ausgleichszahlungen kommen auf die Unternehmen noch nicht zu. Die Vorschriften sehen bis Ende 2024 befristete Ausnahmen für die Berechnung der eingebetteten Emissionen vor. Bis zu 20 Prozent der eingebetteten Emissionen von "komplexen Gütern", wie z. B. Halbfertigprodukten aus Aluminium oder Stahl, können Unternehmen mittels Schätzung angeben. Bestimmt werden die Emissionen in der Regel durch Labormessungen, Standardwerte oder die Messung der Treibhausgase im Abgasstrom. Werden die Berichtspflichten verletzt, können die Mitgliedstaaten eine Strafzahlung erheben.

Deutsche Unternehmen fordern mehr Zeit

Dies könnte einige Unternehmen betreffen. Denn eine Umfrage, die das Wirtschaftsprüfungsunternehmen Deloitte unter deutschen Unternehmen durchgeführt hat, zeigt, dass viele Unternehmen noch nicht ausreichend auf die Einführung des CBAM vorbereitet sind. Auch wenn der Mechanismus erst ab 2026 vollständig umgesetzt werden soll, bestehe für viele Unternehmen akuter Handlungsbedarf, so Michael Schäfer, verantwortlich bei Deloitte Deutschland für den Bereich Global Trade Advisory Services. Laut der Umfrage rechnen 56 Prozent der Befragten mit hohen finanziellen Auswirkungen durch den CBAM auf ihr Unternehmen, fast 60 Prozent befürchten negative Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit. Trotz dieser Angaben bereitet sich laut der Studie nur knapp die Hälfte der Unternehmen auf den Beginn der Meldepflichten im Oktober vor, ein knappes Drittel ist offenbar noch völlig unvorbereitet.

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer kritisiert den Zeitplan aus Brüssel sowie die Tatsache, dass bereits im Übergangszeitraum Strafzahlungen anfallen können. Angesichts der „Rechtsunsicherheit gerade bei den hochkomplexen Berechnungs- und Nachweismethoden" seien „Nachbesserungen dringend nötig, etwa in Form von Bagatellgrenzen und Zeitaufschub“, heißt es in einer Pressemitteilung der Deutschen Industrie- und Handelskammer.

Polen hat gegen den CBAM vor dem Europäischen Gerichtshof Klage eingereicht. Polens Klimaministerin Anna Moskwa sehe durch das Vorhaben Polens Energiesicherheit bedroht. Sie argumentiert, der CBAM hätte nicht mit qualifizierter Mehrheit angenommen werden dürfen, da die mit dem CBAM festgelegten Bestimmungen vornehmlich fiskalischer Natur seien.

Macht das europäische Modell Schule?

Indessen erwägt der australische Energieminister Chris Bowen, ein dem CO₂-Grenzausgleich ähnliches Modell auch für sein Land einzuführen, wie der Guardian berichtet. Angedacht ist, Zölle auf Waren zu erheben, die aus Ländern mit wenig ehrgeizigen Klimazielen stammen. Insbesondere Zölle auf Produkte der Stahl- und Zementindustrie stehen in der Diskussion. Ein auf wissenschaftlicher Expertise fußender Bericht soll der australischen Regierung bis 2024 vorliegen. [ym]

Pressemitteilung DIHK

Umfrage Deloitte

Euractiv: Polen reicht Klage gegen EU-Klimapolitik ein

The Guardian: Australia may impose carbon tariffs

ENDS Europe: CBAM: sets interim reporting rules

DNR: Factsheet CO₂-Grenzausgleichssystem

 

 

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