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Unendliche Suche nach einem Endlager
News | 04.04.2023
#Klima und Energie

Unendliche Suche nach einem Endlager

Atommüll
© Christina Palitzsch/.ausgestrahlt
Atommüll nicht recycelbar

Der Versuch, einen geeigneten Ort für die Lagerung von Atommüll zu finden, zieht sich hin. Statt im Jahr 2031 könnte es nun bis 2046 oder sogar 2068 dauern. Auch für die schwach- und mittelradioaktiven Abfälle in Deutschland braucht es dringend eine neue Lösung.

Die Erkundung des Standorts mit der bestmöglichen Sicherheit für die tiefengeologische Lagerung des Atommülls in Deutschland in einem gestuften, vergleichenden Verfahren verschiedener Wirtsgesteine wird nicht bis zum Jahre 2031 abgeschlossen sein. Das wussten eigentlich alle Beteiligten, nun hat die Bundesgesellschaft für Endlagerung  (BGE) eine neue zeitliche Betrachtung des Standortauswahlverfahrens erstellt.

Im schnelleren von zwei Szenarien der BGE könnte der Standort für hochradioaktive Abfälle jetzt neu im Jahre 2046, in einem langsameren Szenario erst im Jahre 2068 feststehen. Abweichend vom Paragraf 1 Abs. 5 des Standortauswahlgesetzes (StandAG), in dem die Festlegung des Standortes für das Jahr 2031 angestrebt wird, hat die BGE dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV), auf dessen Bitte, nun neue Zeitpläne vorgelegt. Darin werden unter Berücksichtigung von Terminrisiken und Beschleunigungspotenzialen neue Zeitkorridore für die anstehenden Arbeiten im Standortauswahlverfahren dargestellt.

Das BMUV bat das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE), die Dokumente zu prüfen und insbesondere die von der BGE vorgelegten Zeitabschätzungen sowie die Zweckmäßigkeit des vorgesehenen Vorgehens zu beurteilen. Am 23. Februar 2023 hat das BASE seine Stellungnahme zur ersten zeitlichen Betrachtung des Standortauswahlverfahrens durch die BGE veröffentlicht.

Demnach sind zusätzlich zu den Zeitabschätzungen der BGE für die Prüfung und Öffentlichkeitsbeteiligung durch das BASE weitere fünf Jahre bis zur Entscheidung des Standortes für die Lagerung des hochradioaktiven Atommülls in Deutschland erforderlich. Das Umweltministerium kündigte daraufhin an, einen Arbeitskreis beim Ministerium einzurichten, der das bisherige Standortauswahlverfahren evaluieren und Vorschläge für den weiteren Verlauf der Standortsuche machen soll.

Müllentsorgung ist gesamtgesellschaftliche Pflicht

Seit den 1970er-Jahren haben sich viele Menschen unter dem Motto „Atomkraft – nein danke“ oder „Schützt uns – nicht die Atomkraft“  immer konsequent für den sofortigen Ausstieg aus der unbeherrschbaren Atomenergie eingesetzt. Den trotzdem in zwei Generationen entstandenen Atommüll, um den sich in einer Million Jahren 30.000 Generationen kümmern müssen, haben sie nicht zu verantworten. Nachdem sich die Atomkonzerne aus dem Staub gemacht haben, sehen sich viele frühere Atomkraftgegner*innen aber in der Pflicht – auch gegenüber kommenden Generationen – daran mitzuwirken, dass mit dem Atommüll verantwortungsvoll für Mensch und Umwelt umgegangen wird.

Die Prinzipien des Standortauswahlgesetzes – partizipativ, wissenschaftsbasiert, transparent, selbsthinterfragend und lernend – sind zentrale Voraussetzungen dafür, wenn nicht den Konsens, so doch wenigstens die Akzeptanz für einen Standort zur Lagerung des Atommülls in Deutschland zu erreichen. Sicherheit vor Schnelligkeit muss absolute Priorität behalten, auch um Rückschläge und Rücksprünge im Verfahren zu verhindern, die dazu führen könnten, dass es noch länger dauert.

Der breite politische und gesellschaftliche Konsens zur Beendigung der Nutzung der Atomenergie in Deutschland nach der verheerenden Katastrophe 2011 in Fukushima war und ist Voraussetzung für eine Mitarbeit an der Endlagersuche. Dieser muss unbedingt erhalten bleiben. Wie wichtig diese Voraussetzung ist, zeigte sich schnell, denn unter dem Eindruck des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine und der Energieversorgung wurde der Konsens zur Beendigung der Nutzung der Atomkraft in Deutschland tatsächlich nochmal in Frage gestellt

Klaus Brunsmeier
Sicherheit vor Schnelligkeit muss absolute Priorität behalten, auch um Rückschläge zu verhindern, die dazu führen könnten, dass es noch länger dauert.
Klaus Brunsmeier, BUND NRW
Geschäftsführender Landesvorstand

Aber, mit dem Abschalten der letzten drei Leistungsreaktoren in Deutschland im April 2023 ist ein weiteres wichtiges Zwischenziel erreicht. Für die schwach- und mittelradioaktiven Abfälle in Deutschland müssen nun auch sofort die Vorbereitungen zur geplanten Einlagerung in den ungeeigneten und dem heutigen Stand von Wissenschaft und Technik nicht mehr zulässigen Schacht Konrad und die Planungen für das angedachte Logistikzentrum in Würgassen beendet werden. Zudem muss ein den Prinzipien des Standortauswahlgesetzes angepasstes Suchverfahren begonnen werden.

Und jetzt heißt es auch, an den verbliebenen wichtigen gesellschaftlichen Aufgaben dran zu bleiben, also das Standortauswahlverfahren für den hochradioaktiven Abfall zu einem guten Ergebnis mit der bestmöglichen Sicherheit zu bringen, den vorhandenen Atommüll entlang der gesamten Entsorgungskette von den Atomanlagen bis zur abschließenden Lagerung in den Fokus zu nehmen, die Urananlagen in Gronau und Lingen abzuschalten und die Zwischenlagerung für die Langzeitlagerung bis über das Jahr 2100 hinaus so sicher wie möglich zu machen.

Der Autor

Klaus Brunsmeier war von 2014 bis 2016 Mitglied der Kommission „Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe“ des Deutschen Bundestages und des Deutschen Bundesrates und wurde vom Deutschen Bundestag im Jahre 2016 ins Nationale Begleitgremium gem. § 8 StandAG gewählt. Er ist Geschäftsführender Landesvorstand des BUND Nordrhein-Westfalen.

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