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Verbotsforderungen: Ostseefische in Not, Grundschleppnetzfischerei in Schutzgebieten
EU-News | 02.06.2021
#Wasser und Meere

Verbotsforderungen: Ostseefische in Not, Grundschleppnetzfischerei in Schutzgebieten

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c. Pixabay

Der Internationale Rat für Meeresforschung (ICES) empfiehlt, 2022 den kommerziellen Fang von Hering und Dorsch in der Ostsee zu unterlassen beziehungsweise stark einzuschränken. Meeresschutzorganisationen fordern dementsprechend "radikale Maßnahmen" und einen Fangstopp.

Die Organisation Seas At Risk fordert außerdem ein generelles Verbot von Grundschleppnetzen in geschützten Gebieten. Die Einigung bei den Fischereiquoten zwischen EU-Kommission und Großbritannien (Randspalte) stößt derweil auf Skepsis bei Umweltorganisation.

Fangquoten runter, Ökosystemschutz rauf

"Die EU muss auf den Zusammenbruch des Ökosystems und der Fischerei in der Ostsee mit dringenden, radikalen Maßnahmen reagieren", forderte ein Bündnis von Meeresschutzorganisationen nach der Veröffentlichung des jährlichen wissenschaftlichen Gutachtens des ICES für die EU-Fischereigrenzen in der Ostsee. Das ICES-Gutachten zeige, dass "die Ostsee einen Ökosystemwandel durchläuft". Die westlichen Herings- und östlichen Dorschbestände seien so stark dezimiert, dass der ICES rät, im Jahr 2022 überhaupt keine kommerzielle Fischerei mehr zuzulassen, und dass die Heringsfischerei in der zentralen Ostsee stark reduziert werden müsse. Zu zwei weiteren wichtigen Fischbeständen, dem westlichen Ostseedorsch und den Lachspopulationen, werde der ICES im September Gutachten veröffentlichen.

Das Bündnis – unter anderem Oceana, Coalition Clean Baltic, WWF Baltic Ecoregion Programme – fordert die EU-Kommission auf, dem wissenschaftlichen Rat für einen Fangstopp für 2022 zu folgen, und einen sofortigen Übergang zu einer ökosystembasierten, klimafreundlichen und schonenden Fischerei einzuleiten. Dies würde neben dem Fangverbot auf östlichen Ostseedorsch und westlichen Hering auch den effektiven Schutz der Dorschlaichgebiete bedeuten. Ein ökosystembasiertes Managementsystem würde überhaupt nur noch Fischerei mit geringen Auswirkungen betreiben.

Auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und die Kampagne Our Fish schlossen sich diesen Forderungen an. Der ICES schlage schon seit Jahren für die beiden Fischpopulationen eine Null-Quote vor, doch die Empfehlung sei bislang nicht befolgt worden, so dass die Bestände sich nicht erholen können.

Im Oktober beschließen die EU-Fischereiminister*innen traditionell die Fangquoten für das kommende Jahr. DUH-Meeresschutzreferentin Katja Hockun forderte: "Die EU muss diesen Oktober nachhaltige Fangquoten beschließen. Das heißt vor allem: ein Fangstopp für die besonders bedrohten Fischpopulationen des westlichen Herings und östlichen Dorschs." Um eine Erholung der Fischpopulationen und Artenvielfalt in der Ostsee zu garantieren, brauche es "ein Fischereimanagement, das die Grenzen des Ökosystems Ostsee respektiert und nicht mehr die Profitgier einiger weniger Fischkonzerne über die Interessen der Natur und aller europäischen Bürger*innen stellt".

Oceana: Grundschleppnetzverbot in Schutzgebieten

Oceana hat die Mitglieder des Europäischen Parlaments aufgefordert, ein Verbot der Grundschleppnetzfischerei, des schädlichsten und unselektivsten Fanggeräts, in allen Meeresschutzgebieten (MPAs) der EU zu unterstützen. Diese müsse Bestandteil der EU-Biodiversitätsstrategie 2030 sein.

Nicolas Fournier, zuständig für Meeresschutz bei Oceana in Europa, sagte: "Ein Verbot der Grundschleppnetzfischerei innerhalb von Schutzgebieten ist ein absolutes Muss, zumal neue Daten zeigen, dass die Grundschleppnetzfischerei nicht nur sehr zerstörerisch ist, sondern auch enorme Mengen an Kohlenstoff freisetzt, der im Meeresboden gespeichert ist." Die Grundschleppnetzfischerei sei von Natur aus unvereinbar mit dem Konzept der Schutzgebiete. Dies müsse in der EU-Biodiversitätsstrategie genauso anerkannt werden wie im geplanten EU-Aktionsplan für den Ozean (wird voraussichtlich nach dem Sommer veröffentlicht) und das anstehende Naturwiederherstellungsgesetz (soll Ende des Jahres fertiggestellt sein). Das EU-Parlament müsse sich gegen Meeresschutzgebiete, die nur auf dem Papier geschützt sind, starkmachen.

Erst kürzlich hatte eine Studie ergeben, dass ein Verbot von bodenberührendem Fanggerät wie Grundschleppnetzen und Bodenbaggern in Meeresschutzgebieten bereits vier Jahre nach Inkrafttreten des Verbots einen Nettonutzen bringen würde; nach 20 Jahren ergäbe es sogar einem kumulativen Nettogewinn von 8,4 Milliarden Euro (EU-News 12.05.2021). [jg]

Pressemitteilung Bündnis: EU must respond to Baltic Sea ecosystem and fisheries crash with urgent, radical measures

ICES Gutachten:

Pressemitteilung DUH/Our Fish: Stoppt die Überfischung in der Ostsee: Deutsche Umwelthilfe und Our Fish fordern konsequente Umsetzung der wissenschaftlichen Empfehlungen für 2022

Pressemitteilung Oceana: Oceana urges bold action to ban bottom-trawling in Europe’s ‘protected’ areas

EU und UK verständigen sich auf Fischereiquoten

Die EU-Kommission und das Vereinigte Königreich (UK) haben nach monatelangen Debatten nun via Telefon eine grundsätzliche Einigung über Fangmöglichkeiten für den Rest des Jahres 2021 erzielt. Am Mittwoch haben der EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius und der britische Umweltminister George Eustice zum ersten Mal nach dem Brexit die zulässigen Gesamtfangmengen (TACs) für 75 gemeinsam genutzte Fischbestände für 2021 sowie für einige Tiefseebestände für 2021 und 2022 festgelegt. Dies ist der erste Beschluss im Rahmen des Handels- und Kooperationsabkommens (TCA) zwischen EU und UK von künftig jährlichen Konsultationen. Diese Grundsatzvereinbarung sichert die Fischereirechte der EU- und der britischen Flotte für gemeinsam bewirtschaftete Bestände. Die Unterzeichnung des Abkommens soll in Kürze erfolgen. Weiterlesen bei der EU-Kommission

Auf Kritik stieß die Einigung bei der Meeresschutzorganisation Oceana. Diese sei zwar ein schönes Beispiel für Kooperation zwischen den beiden Partnern, gehe aber teilweise völlig an den wissenschaftlich empfohlenen Fangquoten vorbei. Nur 43 Prozent der Bestände in den britischen Gewässern seien bisher nachhaltig befischt, kritisierte die Organisation. Wenn beide Parteien beim nachhaltigen Fischereimanagement international führend sein und dem Klima- und Biodiversitätsnotstand entgegenwirken wollten, müssten sie die Überfischung sofort beenden. Weiterlesen bei Oceana

Kampf gegen Geisternetze

Die EU hat neue Leitlinien zu den EU-Vorschriften über Einwegkunststoffartikel vorgestellt. Dazu gehören auch tonnenweise alte Fischernetze, die ein großes Umweltproblem in den Meeren darstellen. Ein Durchführungsbeschluss über die Überwachung und Meldung von in Verkehr gebrachten Fanggeräten und gesammeltem Fanggeräte-Abfall soll die Vermüllung der Meere mit Einwegkunststoffartikeln und Fanggeräten verringern und den Übergang "zu einer Kreislaufwirtschaft mit innovativen und nachhaltigen Geschäftsmodellen, Produkten und Materialien" fördern. Weiterlesen

IUU: Gelbe Karte für Ghana

Ghana kommt nach Ansicht der EU seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen als Flaggen-, Hafen-, Küsten- und Marktstaat nicht ausreichend nach. Die EU-Kommission hat eine Warnung ("gelbe Karte") an die ghanaische Regierung geschickt, "möglicherweise als nicht kooperierendes Drittland bei der Bekämpfung der illegalen, ungemeldeten und unregulierten Fischerei (IUU-Fischerei) eingestuft zu werden". Auf der Mängelliste stehen das illegale Umladen großer Mengen untermaßiger pelagischer Jungfische auf See, fehlende Überwachung und Kontrolle der Flotte, ein entsprechender Rechtsrahmen sowie unzureichende Sanktionen gegen Schiffe, die IUU-Fischerei betreiben. Innerhalb einer angemessenen Frist könne Ghana nun reagieren und Abhilfe schaffen. Sonst droht die "rote Karte", die Sanktionen wie Ausfuhrverbote umfasst. Weiterlesen

UN-Dekade für Ozeanforschung startet

Die Ozeane sind übernutzt, verschmutzt und durch den Klimawandel in Gefahr, unwiederbringlich geschädigt zu werden. Die Vereinten Nationen haben deshalb die nächsten zehn Jahre zu einer Dekade der Ozeanforschung für Nachhaltige Entwicklung ausgerufen. Anfang Juni fand dazu auf Einladung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung ein feierlicher Auftakt in Berlin statt. Weiterlesen

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